Aufgelesen: Eine Amerikanerin in Brüssel

In Brüssel hat die Urlaubszeit begonnen. Wir nutzen das „Sommerloch“, um lesenswerte Beiträge anderer Blogs und Medien zu präsentieren. Heute ein Kommentar von M. Sonnenborn (EU-Abgeordenter, Die Partei) zu einer suspekten Personalie in der EU-Kommission.

Gerade hat die EU-Kommission die US-Amerikanerin Fiona Scott Morton zur Chefökonomin ihrer Generaldirektion Wettbewerb ernannt. Damit wird die Regulierung der digitalen Märkte einer mit Interessenskonflikten überladenen Lobbyistin der Big-Tech-Konzerne übertragen. Morton war nicht nur für das us-amerikanische Justizministerium, sondern auch für mehrere oligopolistische US-Digitalkonzerne tätig (Apple, Amazon, Microsoft), deren Beratung ihr mehrere Millionen Dollar eingebracht hat, schreibt Sonnenborn auf Twitter:

Wenn Sie sich im Februar letzten Jahres kurz darüber gewundert haben, dass die US-amerikanische Greenpeace-Aktivistin Jennifer Morgan von der transatlantischen Tröte Annalena Baerbock zur Staatssekretärin im Auswärtigen Amt gemacht wurde, dann war das noch gar nichts gegen die Idee, der die EU-Kommission gerade Gestalt verliehen hat. In einem klammheimlichen und nur in Bruchteilen ordnungsgemäßen Ausschreibungsverfahren hat die Kommission für einen ihrer wichtigsten Regulierungsposten soeben die US-Amerikanerin und Big-Tech-Lobbyistin Fiona Scott Morton rekrutiert. Zum 1. September 2023 soll sie Chefökonomin für Wettbewerbsfragen der DG Comp werden, eine der wichtigsten Positionen in einer der mächtigsten Generaldirektionen der Europäischen Kommission – mit Zuständigkeit für die Einhaltung der EU-Kartell- und Wettbewerbsvorschriften sowie die Genehmigung von Unternehmensfusionen und Übernahmen.

Fiona Scott Morton ist, wie wir der von plakativem Progressismus getragenen Pressemitteilung entnehmen, nicht nur eine Frau, sondern auch die erste Frau auf diesem Posten. Champagner stellen wir für diese Nachricht trotzdem nicht kalt, noch nicht einmal US-amerikanischen Schaumwein mit Aspartam, wenn wir denn so etwas überhaupt in unserem Weinschrank hätten. Denn der tatsächlich vermeldenswerte Nachrichtgehalt ist natürlich weniger in der Geschlechts- als in der Staatszugehörigkeit zu finden.

In der Tat wird Morton in Nachfolge des Belgiers Pierre Régibeau sicher nicht als erste Frau, sondern vor allem als erste an einer der sensibelsten Schaltstellen der EU offiziell eingesetzte Staatsbürgerin der USA in die Geschichte der Institutionen eingehen. Und das, obwohl für diese Position und Verantwortungsebene (üblicherweise) die Staatsangehörigkeit eines der EU-Mitgliedsstaaten erforderlich ist.

Weiterlesen auf Sonneborns Twitter-Account. Siehe auch “Von der Leyen macht US-Amerikanerin zu Chef-Ökonomin”