Aufbruch oder Restauration
Ein Hauptanliegen. Das soll die Europapolitik in der neuen GroKo werden, sagt SPD-Chef Schulz. Ein Koalitionsvertrag werde “den Willen zu einem neuen Aufbruch in Europa signalisieren”.
Klingt gut, kommt aber eineinhalb Jahre zu spät. Den neuen Aufbruch hätte es gleich nach dem Brexit-Referendum geben müssen. Doch damals stand die letzte GroKo auf der Bewahrer-Bremse.
Auch jetzt gewinnen die restaurativen Kräfte wieder Oberhand. Wie sonst soll man die harschen Konditionen der EU-27 für Großbritannien bewerten? Die Briten sollen weiter zahlen, aber alle Rechte verlieren.
Das Ziel ist klar: die Daumenschrauben sollen doch noch einen Sinneswandel auf der Insel bewirken. Exit vom Brexit, das ist das Ziel. Schulz sagt dazu nichts, aber in Brüssel pfeifen es die Spatzen von den Dächern.
Auch sonst müssen wir rätseln, was der “neue Aufbruch” nun konkret bedeuten soll. Unter anderem wolle man europaweit Steuerflucht und -vermeidung sowie Sozialdumping bekämpfen, sagte Schulz.
Aber das hat der SPD-Chef ja schon versprochen, als er noch Präsident des Europaparlaments war. Passiert ist wenig, auch unter Ex-Finanzminister Schäuble in Deutschland.
Das größte EU-Land gilt nach dem neuen “Financial Secrecy Index” sogar als weltweit 7. Steuerparadies – gleich nach Luxemburg. Konzerne können hier offenbar gut ihr Geld verstecken.
Was also will uns Schulz mit seinem “Hauptanliegen” sagen? Vielleicht wird es uns ja Außenminister Gabriel verraten, wenn er am Freitag in Hamburg zum EuropaCamp kommt?
WAS FEHLT? Water for all. Als späte Reaktion auf die erfolgreiche europäische Bürgerinitiative will die EU-Kommission endlich handeln. Trinkwasser, Brauchwasser, Abwasser – die Brüsseler Behörde will eine umfassende Strategie beschließen, wie das kostbare Gut geschützt werden kann. Ob die neuen Regeln auch für die Wasser-Privatisierung in Griechenland gelten?
Kleopatra
3. Februar 2018 @ 08:26
Harsche Bedingungen für Großbritannien kann jeder kleine Besserwisser dreimal täglich verkünden. Was man sich anscheinend nicht klar macht, ist dass sie nur dann verbindlich werden, wenn Großbritannien sie akzeptiert. Geschieht dies nicht, endet die Gültigkeit aller EU-Verträge im Verhältnis zu Großbritannien am 29. März 2019, und dann gilt z.B. für das Aufenthaltsrecht jedes EU-Bürgers, egal ob gestern oder vor vierzig Jahren eingereist, ausschließlich britisches Recht, und Irland ist verpflichtet, an seiner Landgrenze zu Nordirland massive Waren- und Personenkontrollen einzuführen.
Sollten die Briten es sich anders überlegen, können sie m.E. jederzeit vor diesem Zeitpunkt ihre Austrittserklärung gemäß Art. 68 des Wiener Übereinkommens zurücknehmen, und dann gelten alle Verträge weiter wie bisher (d.h. unter anderem mit jeder einzelnen Ausnahmeregelung für GB). Darüber dürfte dann aber die übrige EU auch nicht froh werden, weil sie auf lange Sicht mit einem Mitglied geschlagen wäre, das die Behandlung während der Verhandlungen nicht vergessen wird.
Peter Nemschak
1. Februar 2018 @ 07:17
Exit vom BREXIT wäre nicht nur im britischen sondern gesamteuropäischen wirtschaftlichen Interesse, ebenso eine unternehmensfreundliche Steuerpolitik im Interesse des Standorts Europa. Die USA macht es vor. Stattdessen vertrödelt die Groko Zeit um den Familiennachzug – ein Nebenthema. Schade.