Au revoir, Euro-Reform
Was ist eigentlich aus dem “Aufbruch für Europa” geworden, den Kanzlerin Merkel und ihre GroKo versprochen haben? In unserer Sommerserie zeichnen wir den langsamen, aber sicheren Abschied vom Reformversprechen nach. TEIL 5: Die Euro-Reform schrumpft zur “Roadmap” (Repost vom 25.05.18).
Es hat sich schon lange abgezeichnet. Doch nun ist es quasi-offiziell: Von Frankreichs großen Plänen zur Euro-Reform bleibt (fast) nichts übrig. Die Finanzminister sprechen nur noch von einer “Roadmap”.
Präsident Macron wollte einen EU-Finanzminister oder ein autonomes Euro-Budgets – doch davon ist schon lange keine Rede mehr. Nun schrauben Le Maire und Scholz die Erwartungen noch weiter herunter.
Nach einem Treffen in Brüssel sprachen sie nicht mehr von konkreten Initiativen, sondern nur noch von einem Reformfahrplan. „Eine Roadmap ist etwas sehr Konkretes“, warb Le Maire für das Schrumpf-Programm.
Ihre gemeinsame “Roadmap” wollen sie Macron und Kanzlerin Merkel vorlegen, bevor es auf den EU-Gipfel Ende Juni geht. Dort dürften die Pläne weiter zerpflückt werden – die Niederlande und Italien lassen grüßen.
Und was ist inhaltlich zu erwarten? Auch nicht Großes. Im Mittelpunkt dürfte der weitere Abbau von Risiken in den europäischen Bankbilanzen stehen. Und der braucht Zeit – wahrscheinlich viele Jahre.
Vor allem für Deutschland ist dies die unabdingbare Voraussetzung für eine mögliche Vergemeinschaftung von Risiken, etwa in Form einer gemeinsamen Einlagensicherung – der letzten, noch fehlenden Stufe der Bankenunion.
Ob dies der versprochene “Aufbruch für Europa” sei, wollte ich von Scholz nach dem Treffen der Finanzminister wissen. Ja, man sei dabei, den “Aufbruch zu organisieren”.
Doch es gebe ja nicht nur die Währungsunion, sondern auch die Außen- und Sicherheitspolitik und den Handel, so der SPD-Politiker. Kommt nun der “Aufbruch gegen Trump”?
Peter Nemschak
4. August 2018 @ 19:17
Auch (sogar) Deutschland kann aus Fehlern lernen. Gemeinsam mit Frankreich könnte genug Dynamik erzeugt werden. Würde die EU jeden aufnehmen, der nach dem Buchstaben der Flüchtlingskonvention Anspruch auf Asyl hätte – weltweit sind es Millionen – würde sich Europa selbst aufgeben. Realismus und Pragmatismus sind angesagt, auch wenn noch einige in grenzenlosem humanitären Gehabe schwelgen. Viele machen den Aggregationsfehler, aus der persönlichen Ethik auf die politischen Aufgaben von Staaten zu schließen, deren fundamentalste darin besteht, das soziale Überleben auf ihrem Territorium zu sichern.
ebo
4. August 2018 @ 19:48
Schön, dass Sie für eine deutsch-französische Initiative plädieren. Leider zeigte Merkel keinerlei Interesse, als Macron für eine solche plädierte, wie diese Artkelserie belegt. Und als es dann beim EU-Gipfel im Juni um Migration ging, war sie nur an bilateralen Rückführungs-Abkommen interessiert, während sich Macron um einen Kompromiss mit Italien bemühte…
Peter Nemschak
5. August 2018 @ 07:38
Leider haben sich Merkel und Seehofer aus Gründen der Machterhaltung in Details verstrickt, und sind daher in der Sache nicht lösungsorientiert. Aus politischen Gründen wäre es jedenfalls sinnvoll mit Frankreich gemeinsame Sache zu machen, allein deshalb, um jenen den Wind aus den Segeln zu nehmen, die vielleicht mit ganz anderen Hintergedanken gegen einen Alleingang von Deutschland sind. Über kurz oder lang wird der politische Selbsterhaltungstrieb der herrschenden Eliten vermutlich zu einer sachlich tragbaren Lösung führen, die man früher hätte haben können. Autoritäre Regime arbeiten schneller als demokratische, ob allerdings besser, bleibe dahingestellt.
Reinard Schmitz
4. August 2018 @ 18:36
Was ist denn ein „modernes Migrationsgesetz“. Und was von deutschen Vorgaben zu halten ist, das wissen wir doch allmählich. Muss man die Fehler denn immer wieder aufzählen?
Peter Nemschak
4. August 2018 @ 08:58
Nach Schätzungen der europäischen Bankenaufsicht liegen nach wie vor über 800 Milliarden Euro an faulen Krediten auf den europäischen Bankbilanzen, vornehmlich in den Ländern Südeuropas. Verständlich, dass der Norden den Reformplänen Macrons wenig abzugewinnen vermag. Es ist zehn Jahre nach der Finanzkrise an der Zeit, dass die Banken ihre faulen Kredite endlich abschreiben.
Peter Nemschak
3. August 2018 @ 15:37
Fangen wir klein an: eine nationale Migrationspolitik, welche den Namen verdient und klare Rahmenbedingungen schafft. Es ist Zeit, keine falschen Illusionen bei Menschen zu wecken, welche ihre Heimat verlassen wollen oder müssen, um ihre Lebensbedingungen zu verbessern.
ebo
3. August 2018 @ 17:18
Die Migrationskrise lässt sich national nicht lösen. Nationale Alleingänge, wie 2015 in Ungarn, Österreich und Deutschland, haben die Lage nur verschärft.
Peter Nemschak
3. August 2018 @ 20:13
Wenn Sie auf europäische Lösungen warten, werden sie alt und grau. Deutschland und Frankreich müssen gemeinsam Standards für Migration und Asyl vorgeben und umsetzen. Wer von den anderen mitmacht, ist dabei, der Rest muss zusehen wie er weiter kommt. Derzeit ist man sich selbst innerhalb Deutschlands über die Standards nicht einig. Allein die Frage, welche Länder als sicher für Rückschiebungen von Nichtberechtigten gelten, werden je nach ideologischem Standpunkt unterschiedlich beantwortet. Da darf man sich nicht wundern, wenn nichts weitergeht und die Rechten Zulauf gewinnen. Klar ist: die Mehrheit wünscht ein modernes Migrationsgesetz und eine restriktive Handhabung von Asylregelungen. Und die Mehrheit wird immer größer.