Attentat auf Fico: Slowakei fordert zu Mäßigung auf
Pro-russisch, anti-europäisch: So wurde der slowakische Regierungschef Fico vor dem Attentat apostrophiert, auch in Brüssel. Nun fordert die Slowakei die Wahlkämpfer zu Mäßigung auf.
Die scheidende slowakische Präsidentin Zuzana Caputova hat nach dem Attentat auf Ministerpräsident Robert Fico zu einer Mäßigung im Europa-Wahlkampf aufgerufen.
Zusammen mit ihrem Nachfolger Peter Pellegrini forderte sie eine Beruhigung der Lage in der Gesellschaft. Sie werde alle Chefs der im Parlament vertretenen Parteien zu einem gemeinsamen Treffen einladen.
Pellegrini brachte sogar eine Pause im Europa-Wahlkampf ins Spiel. Das EU-Parlament wird am 9. Juni neu gewählt. Der Wahlkampf wurde auch in Deutschland von Angriffen auf Politiker überschattet.
Über Inhalte wird kaum diskutiert. Auch eine Verhandlungslösung für die Ukraine, wie sie Fico fordert, ist kein Thema. Im Gegenteil: Weil Fico keine Waffen liefern wollte, wurde er als „pro-russisch“ apostrophiert…
Karl
17. Mai 2024 @ 09:16
Martin Leidenfrost – dessen Reportagen aus allen Regionen Osteuropas seit vielen Jahren kenntnisreiche Einblicke liefern – schreibt zu dem Attentäter (im ‚Freitag‘ hinter der Zahlschranke): Juraj C. war bis zu seiner Rente Wachmann, komme aus dem rechten Milieu (hatte Kontakte zu einer Wehrsportgruppe) und habe sich vor einigen der PS angeschlossen, der führenden Oppositionspartei Progressive Slowakei. Diese sei mit den deutschen Grünen vergleichbar.
„Ein Momentum, das die Opposition beschämt: Fico höchstselbst drehte erst vor wenigen Wochen ein Video, in dem er vorhersagte, dass die gehässige Linie der liberalen Medien zu Gewalt gegen Regierungspolitiker führen könne“, schreibt Martin Leidenfrost (Freitag 16.05.2024). Auch bei den deutschen Grünen finde ich ein Dokument des Hasses gegen Fico: https://www.boell.de/de/2023/12/05/nach-parlamentswahl-der-slowakei-was-bedeutet-das-comeback-von-robert-fico
Mich erstaunt, dass niemand den naheliegenden Vergleich zu Kennedy und seiner Ermordung zieht. Beide haben sich gegen das transatlantische Establishment für den Frieden eingesetzt, beide zogen die friedliche Zusammenarbeit mit der Sowjetunion bzw. Russland dem damals (Kuba-Krise) wie heute drohenden Dritten Weltkrieg vor. Deshalb mussten sie sterben.
Thomas Damrau
17. Mai 2024 @ 09:11
@Kleopatra
Vergleiche hinken bekanntlich oft – insbesondere historische.
Der Vergleich mit München 1938 soll wohl suggerieren, dass Putin, so er denn einen für sich vorteilhaften Frieden mit der Ukraine erreicht, als nächstes das Baltikum angreift. Denn das geschah ja 1938: Einigung über das Sudetenland und dann wurde gleich die ganze Tschechoslowakei besetzt.
Der Vergleich mit 1938 unterstellt,
— dass der russische Angriff 2022 auf die Ukraine Teil eines Masterplans sei, das russische Zarenreich wiederauferstehen zu lassen mit dem nächsten Zwischen-Ziel Baltikum (und wenn es gut läuft weiter nach Warschau, Helsinki, Berlin, Paris, Madrid, …) – und nicht die Realisierung von Putins Drohung aus dem Jahr 2008, er werde eine Integration der Ukraine in die NATO nicht zulassen
— dass Putin für seinen Masterplan bereit ist, den NATO-Bündnis-Fall auszulösen.
Beides ist hoch-spekulativ und wird auch durch ständige Wiederholung nicht plausibler.
Kleopatra
17. Mai 2024 @ 21:24
Die russischen Besatzer verschleppen ukrainische Kinder und Jugendliche, um sie „nationalpolitisch“ zu Russen umzuerziehen. Ähnliches hat in Osteuropa zuletzt die Nazi-Besatzungsmacht getan. Warum sollte ich dann Putin nicht alles zutrauen, was die Originalnazis getan haben?
Wer auch immer den Russen rationales Verhalten unterstellt, wird Schwierigkeiten haben, Inhumanitätsexzesse wie in Buča zu erklären. Keine rational handelnde Besatzungsmacht würde sich so benehmen. Da Putin die hierfür verantwortliche Abteilung seines Heeres sogar ausgezeichnet hat, ist sehr fraglich, ob man unsere Vorstellungen von rationalem Verhalten an die russische Führung anlegen kann.
Kleopatra
17. Mai 2024 @ 08:43
Im Vorspann schreiben Sie, Čaputová habe „die EU zur Mäßigung (aufgefordert)“, im Haupttext wird daraus eine Forderung nach Mäßigung im EU-Wahlkampf. Wer war nun der Adressat, und wenn es wie im Vorspann die EU war, wie sah die Aufforderung konkret aus?
Und was die zum x-ten Mal ins Spiel gebrachte Verhandlungslösung im Ukrainekrieg betrifft: sie läuft auf die Forderung nach einer Neuauflage des Münchner Abkommens 1938 hinaus und würde den Frieden maximal gleich lange sichern.
ebo
17. Mai 2024 @ 08:54
Die scheidende slowakische Staatspräsidentin Caputova rief die politischen Parteien zur Mäßigung aufgerufen. Caputova und ihr designierter Nachfolger Pellegrini sagten in einer gemeinsamen Rede im Fernsehen, man wolle ein Zeichen der Verständigung setzen. Sie luden Vertreter der politischen Parteien zu Beratungen ein. „Lassen Sie uns aus dem Teufelskreis des Hasses und der gegenseitigen Beschuldigungen aussteigen“, appellierte Caputova in Bratislava. Der Anschlag sei zwar eine individuelle Tat gewesen, „aber die angespannte Atmosphäre des Hasses war unser gemeinsames Werk“.
Pellegrini appellierte, den Wahlkampf vor der Europawahl am 9. Juni vorerst auszusetzen oder zumindest einzuschränken, bis sich die Lage beruhigt habe. Er und Caputova nahmen anschließend an einer Sondersitzung des Sicherheitsrates teil. https://www.deutschlandfunk.de/ficos-gesundheitszustand-ist-weiter-ernst-100.html
european
17. Mai 2024 @ 07:52
Dazu passt ein wirklich wunderbarer Text, den man heute morgen im Overton-Magazin lesen kann. „Das verdeckte Imperium der USA“ Sehr lesenswert.
https://overton-magazin.de/hintergrund/politik/das-verdeckte-imperium-der-usa/#comment-126961
„Die Welt wird von Schurken und Tyrannen regiert, von denen die schurkischsten und tyrannischsten viel Energie darauf verwenden, ihre Bevölkerungen davon zu überzeugen, dass nur andere Länder von Schurken und Tyrannen regiert werden.“ – So ist es!!!
Sehr schön ist auch der Abschnitt über Will Smith’s hand. 😀
Treffender könnte man es nicht formulieren.
Stef
17. Mai 2024 @ 06:24
Das DLF steht heute morgen vor einem Rätsel: Der Attentäter handelte aus politischen Motiven, war aber weder links- noch rechtsextrem…
Besser kann man eine kognitive Dissonanz nicht auf den Punkt bringen.
Und unsere Außenministerin spielt mit der klammheimlichen Freude und konstatiert, dass „Hass in Gewalt umschlägt und wie sie jeden treffen kann“. Barbock meint wohl, die Gewalt kann sogar auf den Urheber des Hasses zurückschlagen.
Geht es nur mir so, oder klingt das für andere auch wie schlecht kaschiertes Triumphgeheul?
Je mehr betont wird, dass es sich bei dem Attentäter um einen verwirrten Einzeltäter handelt, umso mehr muss ich an die CIA denken.
Arthur Dent
16. Mai 2024 @ 23:09
Was versteht Caputova unter einer Mäßigung? Potientiellen Wählern der AfD wird in Deutschland ja auch eine indirekte Schuld an der Ermordung von Walter Lübcke unterstellt. Auf diese Weise kann man jede Kritik im Keim ersticken und Meinungen nur noch innerhalb eines Korridores zulassen. Da wäre dann die Meinungsfreiheit am Ende.
„Über Inhalte wird kaum diskutiert“ – da hat ebo recht. Die Fokussierung der Medien auf Personen kommt eigentlich einer Entdemokratisierung gleich. Wir wählen schließlich Parteien in Deutschland
Skyjumper
17. Mai 2024 @ 06:18
„Wir wählen schließlich Parteien in Deutschland“
An diesen Satz stosse ich mich ein wenig. Faktisch haben Sie natürlich Recht, aber die Selbstverständlichkeit mit der Sie ihn schreiben zeigt, dass selbst kritische Geister die verfassungsbedenklichen Zustände bereits verinnerlicht haben.
Denn laut GG wählen wir Abgeordnete, keine Parteien. Es sollte/müßte also viel mehr um Personen und deren PERSÖNLICHE Überzeugungen gehen. Die Parteien wirken an der politischen Meinungsbildung mit: Mehr nicht.
Da die Parteien sich über diese Grundsätze längst erhaben fühlen (und benehmen) bezeichne ich die BRD schon lange als Parteien-Oligarchie.
Arthur Dent
17. Mai 2024 @ 22:25
Strenggenommen haben wir gar keine Wahl, wir bestätigen eine Vorauswahl, die uns von den Wahlgremien (ein kleiner Personenkreis) der Parteien vorgesetzt wurden. Auf die Auswahl des politischen Personals hat der Souverän überhaupt keinen Einfluss. Mit der Zweitstimme beeinflussen wir vielleicht noch ein bisschen die Machtverteilung.
Karl
17. Mai 2024 @ 08:51
Und was sagt die AfD zur Ermordung von Walter Lübcke durch die NSU? Wissen Sie das? Hat die AfD irgendetwas zur Aufarbeitung geleistet? Das wäre mir neu.
Und was hat Ihr Vergleich mit der Slowakei zu tun? Finden Sie ihn wirklich passend?
Arthur Dent
17. Mai 2024 @ 22:40
Nee, weiß ich nicht – es spielt für mich aber auch keine Rolle, was die AfD sagt. Es geht mir um die hanebüchenen Kausalketten und Begründungen, die die Medien und einige Politiker so aufstellen. Frei nach dem Motto: „die Frau hatte doch selbst schuld, warum hat sie so einen kurzen Rock getragen“. Fico hat doch ein bisschen selbst schuld an seinem Schicksal..,
Ein Mordversuch gefährdet die Gesundheit oder das Leben eines Menschen, aber doch nicht die Demokratie – das ist aufgeblasenes, wichtigtuerisches Geschwätz
umbhaki
16. Mai 2024 @ 21:57
*Hihi*
Fico ist nicht nur selber Schuld, dass er sich bei einem Attentat Schusswunden zuzieht, wie @european bereits referiert hat.
Nee, die wie immer besonders gut informierte »Ukrainska Pravda« weist die Weltöffentlichkeit darauf hin, dass es sich um einen Putin-Fan handelt, der das Attentat verübt hat.
https://www.pravda.com.ua/eng/news/2024/05/15/7455976/
Wer auch sonst? Ist doch klar: Wenn irgend etwas Unschönes auf der Welt passiert, egal wo, dann ist daran dieser Putin Schuld. Und die „Ukrainische Wahrheit“ (Pravda) weiß das! So, wie bei der Nordstream-Sprengung zum Beispiel oder dem Beschuss des Saporischja-Atomkraftwerks. Das hat auch alles dieser Putin befohlen. Die wissen alles, da bei der ukrainischen Wahrheit! Westliche Qualitätsmedien brauchen das bloß noch abzuschreiben.
Bogie
16. Mai 2024 @ 20:20
Jeder, der hier oder sonstwo auf der Welt das Abschlachten in der Ukraine auf andere Weise als durch immer mehr Waffen zu beenden trachtet, ist in der Regel ein Putin-Knecht; wenn es als einmaliger „Ausrutscher“ betrachtet wird, kommt er vielleicht noch mit Lumpenpazifist oder Phantast davon.
Das ist im Grunde seit Beginn des Überfalls so.
Besorgniserregend ist allerdings, dass die Beschimpfungen um so schriller werden, je mehr offenbar wird, dass weder die Sanktionen noch die Waffenlieferungen die erwünschte Wirkung zeigen und die Beschimpften am Ende womöglich sogar Recht hatten oder haben.
Helmut Höft
17. Mai 2024 @ 11:56
Irgendwie erinnert das an ’44/’45, die V-Waffen und kurz vorm Endsieg. Da wurde kurz vor knapp auch noch kräftig abgeurteilt (Filbinger) und denunziert.
european
16. Mai 2024 @ 16:34
Der Spiegel hat gestern gleich festgehalten, dass Fico an dem Attentat selbstit Schuld sei, denn er habe das Land vergiftet.
In der Welt sprach man heute davon, dass Fico sich Schusswunden „zugezogen“ habe.
Proof
17. Mai 2024 @ 16:24
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