Angst vor Autozöllen – Sorge um Stabilität
Seit den Midterm-Wahlen in den USA war klar, dass das Stillhalteabkommen der EU im Zollstreit mit Präsident Trump abgelaufen war. Nun naht die Stunde der Wahrheit, Brüssel hat Angst vor Autozöllen.
Die Absprache von Kommissionschef Juncker mit der US-Regierung drohe zu kippen, sagte der deutsche EU-Kommissar G. Oettinger. Es könne daher „zeitnah“ zu Autozöllen kommen – womöglich schon nächste Woche.
Die EU-Kommission bereitet sich hektisch auf den „Tag X“ vor. Handelskommissarin Malmström sagte, man habe bereits Gegenmaßnahmen vorbereitet, falls Trump Autoimporte mit Strafzöllen belegen sollte.
Doch wieder einmal stellt sich die Frage, ob die EU geschlossen auftritt. Oder ob Deutschland – und die deutschen Autokonzerne – ausscheren und ihr „eigenes Ding“ machen. Dafür gibt es erste Indizien.
So meldet das „Handelsblatt“, dass die Bosse von VW, Daimler und BMW am Dienstag zu Gesprächen im Weißen Haus eingeladen seien. Von Renault, Fiat oder Seat ist in dem Bericht keine Rede!
Und von Malmström auch nicht. Sie hat sich schon beim Streit um Stahl- und Aluminiumzölle von Wirtschaftsminister Altmaier vorführen lassen – er war früher in Washington als die EU-Kommissarin.
Wenn sich das nun wiederholen sollte, könnte es die gesamte Handelspolitik ad absurdum führen. Denn die ist laut EU-Vertrag vergemeinschaftet, offiziell darf nur die EU-Kommission darf verhandeln.
Deutschland pocht bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit auf die Einhaltung der EU-Regeln. Doch jetzt, wo es ernst wird (und um Autos geht), scheint das nicht mehr zu gelten…
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WATCHLIST:
- Haushaltskommissar Oettinger legt am Freitag einen neuen Vorschlag für das EU-Budget 2019 vor. Sein erster Entwurf war durchgefallen. Wenn sich Kommission, Rat und Parlament nicht rechtzeitig einigen, droht ausgerechnet im Jahr der Europawahl ein Notbudget – für Merkels Mann in Brüssel wäre es die größte denkbare Blamage…
WAS FEHLT:
- Finanz-Stabilität. Die Europäische Zentralbank hat vor wachsenden Risiken gewarnt. Die Handelskonflikte der USA, Turbulenzen in Schwellenländern und die hohen Immobilienpreise in manchen Euro-Ländern (Deutschland?) treiben die Währungshüter um. Der Schuldenstreit mit Italien wird auch erwähnt, spielt bisher aber nur eine Nebenrolle…
Peter Nemschak
30. November 2018 @ 11:07
Ich könnte mir vorstellen, dass die Autozölle eine politische Dynamik nicht nur in Deutschland sondern in der EU auslösen könnten, welche den Handelskrieg in ganz andere Dimensionen treiben könnte: in einen Steuerkrieg zwischen den USA und der EU mit schwer abschätzbaren Folgen. Dass die Politiker davor Angst haben, wäre verständlich. Jedenfalls wird das Ringen zwischen den USA und China um die Macht an der Weltspitze bestenfalls zu einem vorläufigen Waffenstillstand führen, der nur von kurzer Dauer sein wird.
Kleopatra
30. November 2018 @ 08:41
Nicht selbständig verhandeln dürfen nur böse Buben wie die Briten, aber die Kaiserin (mit den neuen Kleidern) darf das natürlich.
Realistischerweise ist es freilich mehr ein Unterschied der Außendarstellung, ob die Kommission dringende Wünsche aus Berlin genannt bekommt, die sie nicht überhören darf, oder ob Berlin gleich an ihr vorbei agiert.
ebo
30. November 2018 @ 08:48
Tja, den Eindruck habe ich auch zunehmend. Wir gehen vom „deutschen Europa“ (U. Beck) zum „deutsch geführten Europa“ über – Anruf bei Merkel genügt. Juncker kann in Frührente gehen…
Alexander
30. November 2018 @ 09:31
Diese ganzen bestenfalls zweitklassigen Länder um Deutschland herum werden schon wieder gehorchen lernen! Allein, was dieser komische Franzose sich so alles einbildet:
https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/7799/
Peter Nemschak
30. November 2018 @ 11:43
Na endlich, würde Sikorski sagen.