Der Angriff auf Frankreich, der Super-Corona-Day – und Hilfe für Kurzarbeiter

Die Watchlist EUropa vom 28. Oktober 2020

Wir leben in denkwürdigen, finsteren Zeiten. Da wird ein französischer Lehrer am hellichten Tage von einem tschetchenischen Islamisten geköpft – und die deutsche Öffentlichkeit nimmt kaum Notiz davon.

Auch die Reaktion der EU-Kommission war mau. Der islamistische Hintergrund wurde verschwiegen, der Streit um die Mohammed-Karikaturen ignoriert. Dabei liegt hier ein gefährlicher Brandsatz.

Nun wurde er gezündet – mit tatkräftiger Hilfe von Sultan Erdogan, dem geschätzen „Partner“ von Kanzlerin Merkel. Erdogan rief zum Boykott französischer Produkte auf und hetzte die islamische Welt gegen Staatschef Macron auf.

Ergebnis: Frankreich wird nun von allen Seiten angegriffen – von Türken in Deutschland, Islamisten in Pakistan, Strenggläubigen in Saudi-Arabien. Sogar im Internet tobt der Krieg, reihenweise werden französische Webseiten gekapert.

Doch wieder fällt die Reaktion in Berlin und Brüssel halbherzig aus. Man verurteilt zwar die Boykottaufrufe, die EU-Kommission rügt sie auch als unvereinbar mit dem „Geist“ der Zollunion, die freien Handel vorsieht.

Doch den Handel mit der Türkei infrage stellen möchte die EU-Kommission nicht. Auch die Bundesregierung zeigt sich bisher nicht bereit, ihren Worten endlich Taten Folgen zu lassen und Erdogan abzustrafen.

Doch um die Sanktions-Debatte kommen Berlin und Brüssel wohl nicht mehr herum. Macron will dem Treiben Erdogans nicht länger zusehen – und den Streit auf den EU-Videogipfel am Donnerstag tragen.

Der soll sich zwar eigentlich um Corona drehen. Ratspräsident Michel warnt: „Jetzt müssen wir eine Tragödie verhindern.“ Die Türkei hat er bisher nicht auf dem Schirm.

Doch wenn der Gipfel nicht einmal auf Angriffe auf Frankreich reagiert, dann wird die EU außen- und sicherheitspolitisch wohl endgültig niemand mehr ernst nehmen…

Watchlist

Macht EUropa jetzt wieder dicht? Das ist die Frage am Super-Corona-Wednesday. Am Mittwoch sind Krisensitzungen in Berlin, Paris und Brüssel geplant; die deutsche Bundesregierung, Frankreichs Staatschef Macron und die EEU-Kommission wollen über neue Maßnahmen gegen die Pandemie beraten. In Frankreich droht ein neuer Lockdown, in Deutschland kommt wohl ein Lockdown light – und in der EU dürfen wir uns auf neue aufmunternde Sprüche von Kommissionschefin von der Leyen gefasst machen…

Was fehlt

Die ersten Milliardenhilfen gegen die Coronakrise. Die EU-Kommission hat die ersten 17 Milliarden Euro zur Finanzierung von Kurzarbeitergeld ausgezahlt. Wie die Behörde mitteilte, erhielt Italien zehn Milliarden Euro an Krediten, Spanien sechs Milliarden und Polen eine Milliarde. Auszahlungen an weitere Länder sollen in den kommenden Monaten erfolgen. Das so genannte SURE-Programm hatte im Frühjahr für heftigen Streit gesorgt; nun sind alle froh, dass es endlich anläuft…

Das Letzte

Lange schien sie über alle Vorwürfe erhaben. Doch nun hat die Grenzschutzagentur Frontex doch in eine Untersuchung eingewilligt. Es geht um die illegale Zurückweisung von Migranten in Griechenland („Pushbacks“), über die u.a. der „Spiegel“ berichtet hatte. „Verdächtige Vorfälle“ würden untersucht, teilte Frontex mit. Allerdings scheint sich die Behörde selbst zu unterscuhen – und auch schon Absolution zu erteilen: Bisher habe man nichts gefunden, hieß es in Warschau…

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