Angies verflixte Agenda

CDU/CSU und SPD wollen die umstrittenen Reformverträge für die Eurozone vorantreiben. So steht es im Entwurf ihres Koalitionsvertrags. Doch Merkels neoliberales Lieblingsprojekt tritt auf der Stelle. Hauptproblem: Für die geforderten Reformen à la Agenda 2010 ist kein Geld da.

Als Ex-Kanzler Schröder seine Agenda-Politik begann, kümmerte er sich einen Sch..dreck um den Stabilitätspakt und die Drei-Prozent-Hürde. Er ließ das deutsche Budgetdefizit schleifen.

Als dann die Finanzkrise kam, steuerte Finanzminister Steinbrück mit einem üppigen Konjunkturprogramm gegen. Entlassungen wurden durch eine massive Ausweitung der Kurzarbeit verhindert.

Deutschland hat also viel Geld in die Hand genommen, um die umstrittenen Agenda-Reformen einzuleiten und die Krisenfolgen abzumildern. Doch genau das – Geld – will Merkel nun den Euroländern verweigern.

Erst kürzte sie das EU-Budget zusammen. Ab 2014 steht erstmals weniger Geld zur Verfügung als bisher. Nun verweigert sie auch noch die wiederholt versprochenen Hilfen für reformfreudige Eurostaaten.

Es soll weder eine Arbeitslosenkasse für die Eurozone geben, wie sie Frankreichs Staatschef Hollande ins Gespräch gebracht hatte. Noch einen Solidaritätsfonds, wie ihn der EU-Gipfel im Oktober beschlossen hat.

Damit ist aber auch Merkels Agenda gescheitert. Ihre umstrittenen „Reformverträge“, die Länder wie Frankreich oder Italien mit der EU abschließen sollen (wie eigentlich, auf welcher Rechtsgrundlage?) kommen nicht voran.

Damit droht der großen Koalition ihre erste Pleite in der Europapolitik. Im Europakapitel des vorläufigen Koalitionsvertrags sprechen sich CDU/CSU und SPD nämlich einhellig für Merkels Reformverträge aus.

Demgegenüber warnen Kritiker vor einer „Agendapolitik für alle“. Nach den Krisenländern im Süden sollten nun alle Eurostaaten auf Sozialabbau und schrankenlosen Wettbewerb verpflichtet werden.

Doch so weit kommt es nicht, jedenfalls nicht mehr in diesem Jahr. Angies verflixte Agenda muss warten – wieder einmal. Und wieder einmal zeigt sich ihr Zynismus.

Denn die Euroländer sollen mitten in der Krise den Gürtel enger schnallen – und schmerzhafte Strukturreformen einleiten, ohne dass sie dafür auf Solidarität hoffen können.

Frankreich und Italien sollen also genau das Gegenteil dessen tun, was Deutschland gemacht hat. Schröder und Steinbrück wussten immerhin noch, dass man für Reformen Geld braucht…

Mehr dazu  in der „taz“ („Europa spart sich Agenda 2010“) – sowie hier und hier