Drei Tests, ob EUropa scheitert
Nach dem „Nee“ der Niederländer muss sich EUropa auf das Schlimmste gefasst machen. Das EU-Referendum in Großbritannien sei kaum noch zu gewinnen, unkt der „Guardian“. Und das ist noch nicht alles.
[dropcap]A[/dropcap]b Juni muss die EU insgesamt drei kritische Hürden nehmen, wenn sie nicht zerbrechen will. Bisher spricht wenig dafür, dass sie das schafft:
- Das Brexit-Referendum. Für die Abstimmung Ende Juni wurde sogar der EU-Gipfel verschoben. Doch es hilft nichts: Premier Cameron ist schwer angeschlagen, das Brexit-Lager feiert den „Sieg“ in Holland.
- Das Erdogan-Ultimatum. Ebenfalls Ende Juni soll die versprochene Visa-Liberalisierung für die Türkei kommen. Wenn dies nicht geschehe, werde Merkels Flüchtlingsdeal hinfällig, warnt der Sultan.
- Die IWF-Drohung. Der Fonds fordert einen Schuldenschnitt in Griechenland. Da Merkel dies ablehnt, erwägt der IWF, den Streit in den Sommer zu verschleppen – am Ende könnte der Grexit stehen.
Wenn die EU die erste Hürde reisst, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass sich auch die beiden nächsten Proben nicht besteht – und dass EUropa in seiner aktuellen Form scheitert.
Schon wieder ein „Cruel summer“
Aber selbst wenn der Brexit nicht kommt, dürften die beiden anderen Hürden schwer zu nehmen sein. Auf die EU kommt schon wieder ein „Cruel summer“ zu – auch wenn es keiner wahrhaben will…
…weshalb Brüssel die Hände in den Schoß legt. Bezeichnend vor allem die Reaktion von Kommissionschef Juncker: Seit dem „Nee“ in den Niederlanden ist er abgetaucht.
Dabei wäre jetzt eine große Transparenz- und Demokratie-Offensive fällig, um zu verhindern, dass EUropa scheitert. Wie sie aussehen könnte, skizziere ich bei nächster Gelegenheit…
Johannes
14. April 2016 @ 18:13
Im ersten Punkt stimme ich mit ihnen ein, da ist was dran!
„Jedoch sollte man dabei nicht aus den Augen verlieren dass die Schulden der Südeuropäer gleichbedeutend mit „unseren“ Exporterfolgen zu sehen sind. “
Damit habe ich aber ein Problem.
Ich muss Süd Europa Geld leihen, damit Süd Europa meine Produkte sich leisten kann. Das geht auf Dauer nicht gut.
„Aber in Form von Arbeitsplätzen und Steuerzahlungen profitieren wir letztlich doch alle davon.“
Nur sind das teilweise richtige schlechte Arbeitsplätze.
Und schauen sie aktuell nach Frankreich, die Franzosen sehen überhaupt nicht ein, warum sie das Leid erleiden sollen, das viele Deutsche seit Jahren erleben. Auch das passt dann nicht mehr zusammen. In Deutschland Hungerlöhne, in Frankreich bitte nicht. Und anschließend will Frankreich eine laschere Geldpolitik im Zweifel zu Lasten Deutschlands.
Ich habe wegem dem Euro große Angst vor Süd Europa, und durch den Brexit wird es noch schlimmer.
Skyjumper
13. April 2016 @ 13:05
@ Johannes
Ihr Hinweis, bzw. Ihre Interpretation dass das Wegfallen von GB den Interessen DE’s eher schadet weil ein Interessensmitstreiter wegfällt ist eine mögliche Alternativinterpretation.
Ich würde diese Alternative allerdings als nicht so wahrscheinlich einstufen weil die Ihnen besonders am Herzen liegenden Themen wie Schuldenunion (EU-Bonds), gemeinsame Bankenhaftung und ähnliches ja doch auf die Eurozone beschränkt ist. Da haben wir in GB schon bisher keinen Mitstreiter gehabt, eben weil GB nicht im Euro ist. Das interessiert die einfach herzlich wenig.
Ganz allgemein gesprochen kann ich Ihre Aversion gegen „den Süden“ allerdings aus übergeordneter Sicht eh nicht teilen. Klar, als Privatperson und als Steuerzahler gesehen ist das schon so wie Sie es beschreiben.
Jedoch sollte man dabei nicht aus den Augen verlieren dass die Schulden der Südeuropäer gleichbedeutend mit „unseren“ Exporterfolgen zu sehen sind. Nun will ich zwar nicht behaupten dass der Aussenhandelsüberschuss von 237 !! Mrd.€ in 2015 eins zu eins dem normalen Bürger zu Gute käme. Aber in Form von Arbeitsplätzen und Steuerzahlungen profitieren wir letztlich doch alle davon. Wäen die Südländer also wirklich alle so sparsam wie es rechnerisch eigentlich gut wäre, dann würde uns in DE ganz schön was fehlen.
hlschmid
12. April 2016 @ 17:29
In der Tat „wäre jetzt eine grosse Transparenz- und Demokratie-Offensive fällig, um zu verhindern, dass EUropa scheitert.“ Es braucht aber wohl einen massiven Druck von unten (z.B. einen Brexit und die Anschlussbegehren anderer Länder), um die EU davon zu überzeugen. Jetzt schon sind alle Europäerinnen und Europäer eingeladen, auf http://www.our-new-europe.eu eine solche Transparenz- und Demokratie-Offensive zu lancieren und ihre Meinung zu Europa und zur Demokratie zu äussern.
Skyjumper
13. April 2016 @ 12:43
@ hlschmid
Vielen Dank für den Link. Als ich an der Befragung teilnehmen wollte bin ich allerdings auf ein Problem gestossen. Ich bekam permanent die Rückmeldung das ich eine oder einige Fragen fehlerhaft beantwortet habe und das zuerst korrigieren müsste. Letztlich wurde meine Teilnahme erst akzeptiert nachdem ich mich auf die Beantwortung EINER einzigen Frage beschränkt hatte.
Das ist doch nicht der Sinn der Befragung gewesen, oder? Natürlich ist es auch möglich dass ich mich einfach nur dusselig angestellt habe, bzw. etwas falsch verstanden habe. Aber auch bei mehrmaligen Durchsehen hat es sich mir dann nicht erschlossen was gewollt war. Eventuell sollte man da nochmal nachbessern?
Ergänzend sei angeführt, dass ich bei Frage Nr. 5 die Option „Nein“ vermisst habe.
hlschmid
13. April 2016 @ 20:26
Besten Dank für Ihre Teilnahme und Bemerkungen. Eine Rückmeldung mit Verweigerung der Stimmannahme sollte es nur geben, wenn die notwendigen persönlichen Daten (das Land, in dem Sie wohnen, sowie für Fragen 4 und 5 zusätzlich Name, Vorname und Wohnort) nicht angegeben wurden, oder wenn versucht wird, mehr als einmal abzustimmen. Die Option „Nein“ zu Frage 5 wird implizit mit den Antworten zur Frage 6 gegeben und präzisiert.
winston
12. April 2016 @ 15:29
This is not Hitler, this is not Stalin, this is the President of the EU Commission! Choose your destiny.
https://twitter.com/End_of_Europe/status/719845464095514624
Skyjumper
12. April 2016 @ 14:13
Das Thema Brexit ist doch noch lange nicht in trockenen Tüchern. Egal von welcher Fraktion aus man darüber nachdenkt.
Aber ja: Ein Brexit wäre natürlich tatsächlich ein gravierender Einschnitt in die EU-28. Um 2.570 Mrd. € BIP, 17,5 % des Gesamt EU-28 BIP, oder soviel wie die 20 kleineren Mitgliedsstaaten zusammen, würde der Wirtschaftsfaktor EU schrumpfen. Und „kleinere Mitgliedstaaten“ inkludiert dabei immerhin auch schon Dänemark, Österreich und Belgien.
Andererseits hat Großbritannien bereits heute in vielen Bereichen einen Sonderstatus und zieht beileibe nicht an einem Strang mit dem Rest der EU-28. Der Eurozone gehört Großbritannien sowieso nicht an. Für die meisten Mitgliedsstaaten dürfte sich ein Austritt GB’s aus der EU-28 kaum bemerkbar machen. Die, die es spüren würden (Deutschland und Frankreich z.B.), würden sehr schnell zu bilateralen Vereinbarungen kommen. Wirtschaftlich gesehen dürfte es praktisch nicht mehr als ein größerer Sturm im Wasserglas werden.
Schwerer wiegt aus meiner Sicht das Deutschlands wirtschaftlicher Einfluß/Anteil an der EU-28 von aktuell rund 20 % auf dann 25 % steigen würde. Die Dominanz Deutschlands wäre noch stärker als jetzt schon. Die berüchtigte Achse Deutschland-Frankreich würde dann bereits 40 % der gesamten wirtschaftlichen Potenz der EU auf sich vereinen. Viel inhomogener kann ein Verein schon nicht mehr sein. Und die Folgen würden wohl nicht lange auf sich warten lassen.
Aber wie Eingangs schon gesagt: Diese Messe ist noch lange nicht gelesen. Auch wenn ich das sehr begrüssen würde – obwohl ich dann keine gebratenen Tauben erwarte :-p
Johannes
12. April 2016 @ 17:59
Ich wäre mir da nicht so sicher was die Machtverschiebung angeht.
England gehört zu den Nord-Ländern, die alle mehr oder weniger die gleichen Vorstellungen beim Thema Finanzen teilen. Frankreich und Süd Europa sind das totale Gegenteil.
Wenn England / GB die EU verlässt, wird doch die Frankreich-Süd Europa-Achse gestärkt. Und davor habe ich riesige Angst. Die Euro-Zone wurde schon massiv zu den Wünschen Süd Europas umgebaut. Natürlich, Süd Europa kriegt den Hals nicht voll und will alles. Mit dem Brexit befürchte ich, wird uns Frankreich und Süd Europa in die totale Schuldenunion zwigen. Bisher hat es immer geklappt, warum soll Süd Europa dann nicht seinen Willen bekommen, CDU, SPD und Grüne kriegen ihrerseits ja den Hals nicht voll von Schulden Süd Europas.
Ja, sicher, Deutschlands Anteil an der Wirtschaftskraft nimmt zu, aber das führt ja beim Euro auch nicht dazu, dass man alle Wünsche Deutschlands erfüllt, sondern dazu, das Deutschland noch mehr Schulden und Risiken abgeladen bekommt. Deutschland geht es sooooo gut, ach die sollen sich mal nicht so anstellen und noch mehr unsere Schulden übernehmen – so denken doch alle Süd Europäer.
Nein, wir Deutschen werden zu den Verlierer gehören.
Mit Nordeuro und Südeuro müsste ich nicht so viel Angst vor Süd Europa haben (umgekehrt ist es wahrscheinlich genauso so, daher super Arbeit liebe Eurofans, super Arbeit)
Olivia Brand
11. April 2016 @ 11:35
Europa kann nicht scheitern, Europa ist ein Kontinent. Scheitern kann nur die EU und die ist NICHT Europa und ist schon gescheitert. Die Ablehnung der Völker Europas ist völlig berechtigt, denn dieses undemokratische Monster mit diktatorischen Ambitionen ist nicht im Sinne der europäischen Menschen. Nach diversen Krisen wie Euro-, Griechenland,- und Flüchtlingskrise kommt doch die ganze Unfähigkeit zum vorschein. Lieber ein Ende mit Schrecken als Schrecken ohne Ende.
ebo
11. April 2016 @ 11:38
Schon klar, deshalb schreibe ich ja auch EUropa – für EU-Europa!
Peter Nemschak
11. April 2016 @ 15:57
Glauben Sie im Ernst, dass der Nationalstaat Ihnen größere persönliche Freiheit bieten kann als die EU? Viele, welche die EU ablehnen, glauben, dass ihnen bei einem Zerfall der EU die gebratenen Tauben in den Mund fliegen werden. Das Denken in unvollkommenen Alternativen im Vergleich zu noch unvollkommeneren Alternativen scheint manche Mitbürger und Mitbürgerinnen zu überfordern.
S.B.
11. April 2016 @ 17:15
@Peter Nemschsk: Vergleicht man die Systeme EWG/Ecu und EU/Euro, so dürfte schnell klar werden, was die unvollkommenere Alternative ist. Ich erspare mir hier weitere Ausführungen zu den Themen Export und Demokratie. Wer das nicht erkennen will, ist ein Realitätsverweigerer.
Skyjumper
12. April 2016 @ 14:24
„…. Ihnen größere persönliche Freiheit bieten kann als die EU….“
Das ist eine unsaubere Formulierung nach meinen Dafürhalten. Denn es vertauscht Geber und Nehmer. Es geht nicht darum was einem EU, bzw. Nationalstaat anbieten kann, sondern was die eine oder der andere uns an persönlichen Freiheiten lassen kann. WIR sind es die persönliche Freiheiten abgeben um auf einem gewissen Level zusammen leben zu können.
Jede übergeordnete Verwaltungsebene muss zu ihren Funktionieren zwingend zusätzliche Befugnisse an sich ziehen um das Miteinander auf dieser neuen Gemeinschaftsebene zu regeln. Negativ formuliert: Man braucht Macht um Probleme zu lösen die es vorher gar nicht gab.
Das ist selbst im gutwilligsten Fall nicht anders möglich. Und Gutwilligkeit ist so ziemlich das Letzte was ich der EU unterstellen würde.
winston
10. April 2016 @ 21:47
Ich vermute, in der EU wird bis zu den US-Wahlen bzw. nach den US-Wahlen nix passieren.
Sobald der Euro für die USA zum Problem wird und das ist er bereits (IMHO) wird er im null komma nix verschwinden und das wird dann sehr schmerzlich, vor allem für EIN Land, ich sage jetzt nicht welches. Die USA werden nicht ihre Industrie und Arbeitervolk für das Projekt Euro opfern.
Unglaubliche 54 Mrd. € beträgt das US- Handelsdefizit ggü. Deutschland in 2015. Das ist ein Problem für die US- Industrie sowie für das US- Arbeitervolk.
Immer dran denken mit den USA kann nicht so rumspringen wie mit Griechenland. Die USA ist nicht Griechenland.
Deutschland wird von ihrer Export-Hybris kein Millimeter weichen.
Time will Tell
Peter Nemschak
11. April 2016 @ 08:02
China ist das größere Problem für das US-Arbeitervolk als Deutschland.
S.B.
10. April 2016 @ 18:55
Aus Sicht der EU-Verfechter mag das mit dem grausamen Sonmer stimmen. Viele andere, so wie auch ich, würden die Korken knallen lassen, wenn es endlich soweit ist.
ebo
10. April 2016 @ 18:57
Nicht zu früh freuen! Nächste Woche schreibe ich noch, was die EU tun müsste, um das Scheitern zu verhindern 🙂
S.B.
10. April 2016 @ 20:49
Leider weiß man nicht, was sich die Diktatur in Brüssel noch so alles einfallen lässt, damit der EU-Unfug noch ein Weilchen weitergeht. @ebo: Sie müssen den Nichtsnutzen ja nicht noch „sachdienliche Hinweise“ liefern. 😉
Peter Nemschak
10. April 2016 @ 17:24
Ein Brexit ist das größte Risiko. Wenn der Flüchtlingsstrom tatsächlich versiegt, sollte die Visaliberalisierung kein wirkliches Thema werden. Ein Grexit ist auch nicht das Ende der EU. Seit langem war es nicht sicher, ob Griechenland im Euro zu halten sein wird. So gesehen keine Überraschung. Im schlimmsten Fall müssen die EU-Gläubiger den IWF ablösen. Die Größenordnung des Grechenlandproblems sollte insgesamt zu meistern sein.
Silverager
16. April 2016 @ 12:42
Aus welchen Gründen sollte der Flüchtlingsstrom versiegen? Für jeden Flüchtling, den der große Sultan zurücknimmt, schickt er per Flugzeug einen nach Europa, sprich natürlich nach Deutschland. Der Nordafrika-Strom übers Mittelmeer wird zunehmen. Die Visafreiheit wird uns flüchtende Kurden bringen und den türkisch-kurdischen Kampf nach Deutschland verlagern. Für Ihren Optimismus sehe ich keinerlei Grund.