Alles für die Ukraine, wieder Streit mit Ungarn – und überall Faschisten?

Die Watchlist EUropa vom 20. August 2024 – Heute mit einem irreführenden Budget-Streit, neuen Vorwürfen gegen Orban und einer bizarren “Spiegel”-Story.

Die Nachricht klang unerhört: “Kein neues Geld mehr für die Ukraine”, meldete die “FAZ” am Wochenende. Nach der aktuellen Haushaltsplanung der Ampelkoalition dürfe nur noch bereits bewilligte Militärhilfe an Kiew geliefert werden.

Daraus wurde die Behauptung, die Bundesregierung wolle den Geldhahn zudrehen – womöglich als Retourkutsche für Nordstream. Wilde Spekulationen schossen ins Kraut, die ukrainische Führung beschwerte sich in Berlin.

Am Montag kam dann das (erwartbare) Dementi: Es bleibe bei der Zusage des Kanzlers, dass man die Ukraine so lange militärisch unterstützen werde, wie nötig. Auch das Auswärtige Amt bekräftigte die deutsche Ukraine-Hilfe.

Geld von EU, G-7 und Nato

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Gekürzt wird nur bei nationalen Extras. Deutschland war 2024 in Vorleistung gegangen, das dürfte sich 2025 nicht wiederholen. Stattdessen soll die Ukraine von Zinserlösen auf beschlagnahmte russische Vermögen profitieren.

Berlin liegt damit auf einer Linie mit Brüssel. “Alles für die Ukraine” heißt die Devise unter Kommissionspräsidentin von der Leyen. Erst in der vergangenen Woche hatte sie 4,2 Mrd. Euro aus der neuen “Ukraine-Fazilität” ausgezahlt!

Auch die G-7 und die Nato haben Milliardenspritzen für das von der Pleite bedrohte und von den Ratingagenturen verschmähte Land angekündigt. Der Westen hält so die Wirtschaft, aber auch das Militär künstlich am Leben.

Es wird noch viel teurer

Vor diesem Hintergrund sagt der Berliner Budget-Streit wenig über die (massiven) Probleme der Ampel aus – und viel über die Erwartung, dass der Krieg noch teurer werden dürfte, und dass Deutschland noch mehr zahlen soll.

Möglich wäre dies aber nur, wenn die Ampel die Schuldenbremse umgeht und einen Notfall erklärt. Das wollte sie bisher nicht. Ich rechne allerdings damit, dass es im Herbst passieren wird – wie groß der Druck ist, zeigt sich gerade…

Mehr zur Eskalation um die Ukraine (und Israel) hier (Open Thread)

News & Updates

  • Schon wieder Streit mit Ungarn. Diesmal geht es um Visa-Erleichterungen für Gastarbeiter aus Belarus und Russland. In Brüssel befürchtet man das Einsickern von Spionen und Saboteuren – und hat eine Stellungnahme der Regierung Orban angefordert. Die weist nun alle Vorwürfe zurück. Die betroffenen Personen würden “einer umfassenden Überprüfung unterzogen”, schrieb der ungarische Außenminister Peter Szijjarto auf seiner Facebook-Seite. 
  • Litauen baut für die Bundeswehr. Litauen hat mit dem Bau eines Militärstützpunktes für Bundeswehr-Soldaten begonnen. Nach der Fertigstellung bis Ende 2027 soll der Standort bis zu 4000 deutsche Soldaten beherbergen. Es handelt sich um den ersten dauerhaften Auslandseinsatz der Bundeswehr seit dem 2. Weltkrieg. Der litauische Verteidigungsminister schätzt die Kosten für den Bau auf mehr als eine Milliarde Euro.
  • Green Deal auf Abwegen. Für den “Green Deal” will die EU kritische Rohstoffe erschließen, zuletzt kam (unter deutscher Führung) ein Deal für den Lithium-Abbau in Serbien zustande. Nun berichtet ein Aktivist, der Zweifel an dem Vorhaben hat, von massiven Einschüchterungs-Versuchen bis hin zu Morddrohungen. Seine Darstellung auf “X” erweckt den Eindruck, dass Serbien massiv unter Druck gesetzt wurde… – Mehr hier (X) und hier (zum Green Deal)

Das Letzte

Überall Faschisten? Das ehemalige Nachrichtenmagazin “Spiegel” macht in dieser Woche mit einer besonders reißerischen Story auf. Trump, Le Pen, Orban und Meloni könnten “heimliche Hitler” sein, so die angsteinflößende These. Ich muß zugeben, dass ich diese Geschichte nicht gelesen habe – mit gutem Grund: Aus EU-Sicht klingt sie allein schon deshalb unglaubwürdig, weil Le Pen, Orban und Meloni zu Wahlen zugelassen sind und als vollwertige EU-Akteure auftreten. Orban hat den EU-Vorsitz inne, Meloni hat mehrere EU-Deals mit Kommissionschefin von der Leyen gemacht, Le Pen hat eine eigene Fraktion im Europaparlament. Wenn sie Faschisten wären, müssten all diese Aktivitäten sofort eingestellt und verboten werden, oder?In Wahrheit dürfte es dem “Spiegel” denn auch weniger um die EU-Politiker gehen, sondern um einen gewissen Höcke. Über den AfD-Führer wurde allerdings schon so viel geschrieben, dass es wohl nicht mehr für einen verkaufsträchtigen Titel reichte…

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