Alles für den deutschen Vorsitz – Showdown in London
Warum hofiert Ursula von der Leyen Polen, Ungarn und Bulgarien? Warum hört man so wenig vom künftigen EU-Budget? Und warum stellt das Auswärtige Amt in Berlin hundert neue Mitarbeiter ein?
Die Antwort ist einfach: Das passiert alles, um den künftigen deutschen Ratsvorsitz vorzubereiten. Im zweiten Halbjahr 2020 ist es so weit – dann übernimmt Berlin die laufenden EU-Geschäfte.
Und dann soll alles “besenrein” sein – und entscheidungsreif. Damit das klappt, muss auch die ungeliebte GroKo in Berlin weitermachen – wünscht sich der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger.
Die EU-Kommission, auch die nächste unter Ursula von der Leyen, hat dabei natürlich vor allem die deutsche EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 im Blick. Die EU hat mit der Koalition angeführt von Angela Merkel und Olaf Scholz gute Erfahrungen gemacht. Eine Fortführung bis 2021 wäre im Hinblick auf die deutsche Ratspräsidentschaft sinnvoll.
Quelle: SPON
Allerdings ist fraglich, ob sich die SPD an Oettingers Ratschlag hält. Nach den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg könnte sie mehr an ihre Wähler als an Brüssel denken…
Fraglich ist auch, ob die anderen EU-Länder auf Deutschland warten wollen. Vor allem Frankreich drängt von der Leyen zu schnellen Reformen – Präsident Macron ist es leid, auf Kanzlerin Merkel zu warten.
Dazu noch einmal Oettinger:
In Frankreich steht Macron inmitten seiner Amtszeit, in Deutschland neigt sich die der Kanzlerin dem Ende entgegen. Es ist doch klar, dass sich die Gewichte da verschieben. Sie sollten das aber nicht überbewerten. Natürlich hat Macron das europäische Personalpaket stark geprägt, aber auch Angela Merkel wird mit Ursula von der Leyen exzellent kooperieren. Und Christine Lagarde als Präsidentin der Europäischen Zentralbank hat das volle Vertrauen der Kanzlerin.
Na dann…
Watchlist
- Das Europaparlament nimmt am Mittwoch die künftige EZB-Chefin Lagarde ins Kreuzverhör. Negativzinsen, Italien-Krise und Euroreform dürften die Themen sein, die die Abgeordneten beschäftigen. Ablehnen können sie die Französin allerdings nicht, Lagarde wurde schon vom Europäischen Rat und von der EZB bestätigt…
Was fehlt
- Der Showdown im britischen Parlament. Nachdem ein Tory-Abgeordneter zu den Libdem gewechselt ist und Premier Johnson um seine (theoretische) Mehrheit gebracht hat, könnte das Parlament nun auch noch den “No Deal” per Gesetz blockieren. Johnson will in diesem Fall Neuwahlen anberaumen, es könnte eng werden…
Peter Nemschak
4. September 2019 @ 11:34
Das britische Parlament könnte die Austrittserklärung zurückziehen und gleichzeitig eine neue Volksabstimmung ansetzen, weil die Bürger bei der ersten über die Konsequenzen eines BREXIT von verantwortungslosen Politikern getäuscht worden sind. Alternativ gibt es einen Austritt ohne Vertrag, dessen kurzfristige Folgen für die Bürger des UK unangenehmer als für die EU sind. Sie wollten es bisher mehrheitlich so. Die britischen Verfassungsprobleme sollte sich die EU nicht zu den ihren machen.
zykliker
4. September 2019 @ 10:50
Der alte Hauslehrer von Kaiserin Sissis Kindern war zum Rapport bestellt. Er sollte über die Fortschritte seiner Schützlinge berichten, besonders natürlich die des Thronfolgers. Ihm war etwas mulmig zumute, denn seine Bemühungen, Wissen zu vermitteln, waren in letzter Zeit zunehmend auf Schwierigkeiten gestoßen. Er musste einerseits die spärlichen Erfolge, die er noch erzielen konnte, hervorheben. Andererseits musste er einen Weg finden, die ausbleibenden Fortschritte hinreichend und sich selbst exculpierend zu erklären, ohne den Erzherzog aber allzu sehr anzuschwärzen, denn das geziemte sich natürlich nicht für einen ergebenen Diener des Herrscherhauses, und würde bei dessen Eltern auch auf zorniges Befremden stoßen und ihn die Stellung kosten.
Zweifel an seinen pädagogischen Fähigkeiten plagten ihn nicht.
Was hatte dieser pubertierende Jüngling aber auch für einen Halbstarken-Habitus angenommen. Er sympathisierte offen mit den Demokraten, diesen Hochverrätern und Staatsverbrechern. Nun ja, jemand hatte mal gesagt, man müsse in der Jugend ein glühender Demokrat sein, um im Alter ein rechtschaffener Royalist sein zu können, aber er hatte Zweifel, ob das auch für den Thronfolger gelten könne.
Schlimmer war sein destruktives Verhalten. Er hatte zwar von vielem noch keine Ahnung, plapperte aber ständig drauf los, wusste stets alles besser, hatte zu allem und jedem einen wohlfeilen Kommentar und entwickelte dabei mitunter krude Theorien, die manchmal mit der Realität nicht mehr viel zu tun hatten. Und erteilte jedem Zensuren, denn er hatte ja die Wahrheit für sich gepachtet. Da war oft kein Unterricht mehr, nur noch Disput. Ein Radau-Prolet von edler Geburt!
Konnte der alte Hauslehrer so über seinen Schützling berichten? Nein das ging nicht, er müsste sich eher auf die Zunge beißen. Furchtsam ging er zur Audienz. Der Kaiser war nicht zugegen, wohl aber dessen Mutter, Erzherzogin Sophie und die Kaiserin selbst. Als die Majestäten ihn leutselig empfingen, war er etwas erleichtert.
Die Majestäten bauten ihm zunächst eine Goldene Brücke: „Wie macht sich der Erzherzog denn in den Naturwissenschaften?“ Der alte Hauslehrer atmete sicht- und hörbar auf und die Majestäten nickten sich wissend zu. In diesem Fach war der Thronfolger sehr wissbegierig.
Kleopatra
4. September 2019 @ 08:31
Für Großbritannien gibt es drei Möglichkeiten:
1) Rücknahme der Austrittserklärung.
2) Ratifikation des Austrittsvertrages in der vorliegenden Form.
3) Neuverhandlung eines Austrittsvertrages, da die vorliegende Version für das britische Parlament unanehmbar ist.
Von den drei Varianten können 1) und 2) durch das Unterhaus einseitig beschlossen werden, die dritte ist auf Kooperation seitens der Rest-EU angewiesen. Daher ist es für mich unklar, wie ein „Gesetz gegen einen No-Deal-Brexit“ aussehen soll, von dem in der Presse immer die Rede ist. Es gibt nach meinem Eindruck genügend interessierte Parteien in der EU, die Großbritannien entweder demütigen oder herauskicken wollen. Der Austritt Großbritanniens wird, ohne dass irgendjemand aktiv werden müsste, am 31.10.2019 um 24 Uhr wirksam, wenn nicht vorher a) eine Verlängerung der Verhandlungen einvernehmlich beschlossen wird (aber schon beim letzten Mal war Frankreich sehr zurückhaltend) oder b) Großbritannien die Austrittserklärung zurücknimmt, was es – anerkannt durch ein EGH-Urteil – einseitig tun kann (aber welche britischen Abgeordneten würden dafür stimmen?).
Eine Rücknahme der Austrittserklärung würde es schwer machen, eine neue Volksabstimmung darüber anzusetzen, und sie würde Großbritannien in die Situation eines EU-Mitgliedes gegen den mehrheitlich ausgedrückten Willen seiner wahlberechtigten Bürger versetzen. Die Konsequenzen der Demonstration, dass Länder quasi gezwungen werden können, gegen den Willen ihrer Bürger Mitglieder der EU zu bleiben, für das demokratische Selbstverständnis der Organisation möchte ich mir lieber nicht detailliert ausmalen. Die einzige andere Möglichkeit, einen „No-Deal-Brexit“ zu vermeiden, bei der man nicht auf viel guten Willen seitens der Rest-EU angewiesen ist, besteht in der Ratifikation des Austrittsvertrages, dessen Ratifikation dasselbe Parlament bereits mehrfach abgelehnt hat. Auch das wäre letztlich eine schwere Demütigung für Großbritannien und keine gute Basis für die zukünftigen Beziehungen.
Holly01
4. September 2019 @ 10:14
Das UK ist raus.
Es gibt keine andere realistische Variante.
Ein deal ist ausgeschlossen, es gibt keine realistische Möglichkeit.
Jedes Gesetz müsste vom Oberhaus mit getragen werden und das ist nicht der Fall.
Die Queen hat der Beurlaubung des Parlaments zugestimmt.
Die Würfel sind gefallen.
Es geht nur noch um Schuldzuweisungen…..
Es gibt eine Partnerschaftsabkommen zwischen den USA-Polen und der Ukraine. Da möchte man die Abhängigkeit vom russischen Gas beenden.
Die USA möchten die Lücke mit Flüssiggas füllen.
Nein. Das richtet sich nicht gegen Deutschland, das ist nur sachlich.
In Polen gibt es eine breite Strömung die jetzt so argumentiert:
Polen war bis heute zu schwach um seine Meinung sagen zu können und musste immer kuschen. Darum sind alle Verträge hinfällig. das waren nur Zwangsverträge.
Also liebe Leser, wir haben Krieg. Ja richtig gelesen. Der zweite Weltkrieg wird wieder auf die Tagesordnung zurück kehren.
Sie können schon mal eine Eieruhr aufziehen, wann der erste AfD´ler fragt, was Deutschland von Polen für die 70 Jahre Besetzung der “ganz neuen” Bundesländer bekommt und wann wir die zurück bekommen.
Da kann sich die Tschechoslowakei schon mal überlegen wie das mit Entschädigungen für die Enteignungen und Vertreibungen der ehemaligen deutschstämmigen Mitbürger ausschaut.
DAS wird lustig.
Der BREXIT gehört offensichtlich zu einer großen US Kampagne. Ziel die Zerstörung der EU und die Destabilisierung des kompletten Kontinents.
Das geht mit den Farb- und Jahreszeiten Revolutionen los, mit der Flüchtlingskrise weiter und fällt jetzt mit der US geprägten Nachkriegsordnung so richtig vor die EU Füße.
Das wird spannend wenn Deutschland mit 85Mrd Euro das größte Militärbudget nach Russland in Europa haben wird.
Nachkriegsordnung ohne NATO und EU?
Europa spricht deutsch?
Ja. Vielleicht. Aber in trockenen Tüchern ist das nicht.
Im Moment würde ich Kasernen an der Oder-Neiße-Grenze planen ….
Brexit? Ja na und? Tschö mit “Ö” … selbst gemachtes Elend, wenn man den USA auf den Leim geht ….
vlg
Peter Nemschak
4. September 2019 @ 07:37
Ohne die Einbindung der Staaten Osteuropas, die sich in letzter Zeit wirtschaftlich besser als der Westen entwickelt haben lässt sich die EU nicht führen. Der Werteuniversalismus der Nicht-Rechten ist der Zusammenarbeit in Europa nicht förderlich. Selbst innerhalb der EU wird es auch in Zukunft unterschiedliche Wertevorstellungen geben. Dabei das rechte Maß zu finden, wird nicht leicht aber notwendig sein. Ausgrenzen bringt nichts, weder gegenüber den Rechten noch den Linken. Es radikalisiert bloß. In einer pluralistischen Gesellschaft muss man einen gewissen Wertepluralismus in Kauf nehmen. Die EU ist heute heterogener als in ihrer Gründungsphase vor über 60 Jahren.