Alle Ziele verfehlt

Frankreichs Haushaltsdefizit wird zum Problem für die EU-Kommission. So meldet es „AFP“; angeblich droht Paris sogar eine Rüge aus Brüssel. Doch die Kommission hat das dementiert. Und Frankreich ist beileibe nicht der einzige „Sünder“; auch Deutschland ignoriert EU-Vorgaben.

In Wahrheit verfehlt die gesamte Eurozone fast alle selbst gesteckten und/oder vertraglich vereinbarten Ziele. Hier die Fakten:

  • Wachstum: Laut Frühjahrsprognose sollte es 2014 bei 1,2 Prozent liegen. Mittlerweile dürfen wir froh sein, wenn es nur ein Drittel dessen wird.
  • Inflation: die EZB nennt 2 Prozent als Zielwert. Zuletzt waren wir bei 0,3 Prozent – ein Fünf-Jahres-Tief. Die Deflation rückt näher.
  • Arbeitslosigkeit: Sie sollte dieses Jahr leicht sinken. Stattdessen stagniert sie auf dem Niveau von 2012; auch in Deutschland geht es kaum noch voran.
  • Leistungsbilanzüberschuss: Das EU-Limit liegt bei 6,0 Prozent. Deutschland lag 2013 bei 7,2 Prozent, im laufenden Jahr dürfte es noch mehr sein.
  • Schuldenquote: Sie liegt in Italien mit 135 Prozent besonders hoch. Aber auch Deutschland liegt mit 77 Prozent über der erlaubten Grenze von 60.

So what, könnte man sagen. Nur für die Neuverschuldung gibt es EU-Verfahren und Strafen; alle anderen Zahlen sind ohnehin egal. Aber so ist es eben nicht.

Wenn das Wachstum nun auch in Deutschland ausbleibt, kann niemand mehr so tun, als lasse sich der „bewährte Kurs“ der „wachstumsfreundlichen Konsolidierung“ (Finanzminister Schäuble) einfach so fortsetzen.

Wenn die Inflation auf Null zugeht, und der EZB außer dem Kauf von Ramschanleihen nichts mehr einfällt, kann niemand mehr sagen, die Fiskalpolitik habe damit nichts zu tun. Dann muss der Sparkurs gelockert werden.

Und wenn Inflation und Wachstum aus dem Ruder gehen – wie derzeit – entfällt auch die unter Ökonomen ohnehin umstrittene Grundlage für die angeblich eherne 3-Prozent-Regel beim Defizit.

Die beruht nämlich auf der Annahme, dass die Wirtschaft um ca. 2 Prozent wächst und die Inflation etwas darunter bleibt. Noch nie waren wir davon so weit entfernt wie heute…