Abwarten, aussitzen, bremsen (II)

Nach Finanzminister Schäuble tritt nun auch Kanzlerin Merkel bei der Bankenunion auf die Bremse. Beim Aufbau der europäischen Bankenaufsicht sei Sorgfalt statt Eile geboten, sagte sie heute auf ihrer Sommer-Pressekonferenz. Bis zum 1. Januar 2013 könne keine neue Behörde aufgebaut werden. Damit rückt Merkel vom Beschluss des letzten EU-Gipfels ab, den sie selbst mit zu verantworten hat. Außerdem brüskiert sie Spanien und Frankreich.

Madrid und Paris hatten sich beim EU-Gipfel im Juni und beim Finanzministertreffen am letzten Wochenende auf Zypern für einen zügigen Aufbau der Bankenunion ausgesprochen. Damit wollen sie erreichen, dass künftig nicht ganze Länder unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen müssen, wenn einige Banken Mist bauen. Nach Irland droht dieses traurige Schicksal nun auch Spanien.

Für Madrid ist aber nicht genug Geld da; selbst der neue ständige Rettungsschirm ESM ist zu klein. Finanzminister Schäuble warnte die spanische Regierung denn auch ungewöhnlich deutlich davor, einen neuen Hilfsantrag zu stellen. Es wäre „dumm“, zusätzliche Hilfen zu beantragen, sagte der Minister mit einem warnenden Unterton. Offenbar dachte Schäuble dabei auch den Bundestag, der eine solche Hilfe genehmigen müsste – sich aber zunehmend bockig zeigt.

Gar nicht dumm wäre es daher, Spanien anders zu helfen – etwa durch den zügigen Ausbau einer Bankenunion. Oder durch ein Anleiheprogramm, wie es die EZB vor zehn Tagen auf den Weg gebracht hat. Beides sind intelligente Lösungen, die der EU-Gipfel im Juni vorbereitet hat. Doch auch da steht Berlin auf der Bremse, wie Merkel heute bestätigte. Die Bankenunion wird, folgt man ihren Worten, wohl 2013 nicht mehr das Licht der Welt erblicken. Und das Anleiheprogramm soll möglichst gar nicht erst genutzt werden.

Sie habe Verständnis für die Position von Buba-Chef Weidmann, der die EZB-Pläne scharf kritisiert hatte, sagte sie heute. Damit versetzte sie nicht nur EZB-Chef Draghi einen Schlag – sie setzte sich auch von Schäuble ab, der auf Zypern so ziemlich das Gegenteil erzählt und sich von Weidmann distanziert hatte. Die EZB dürfe sich nicht in die Fiskalpolitik einmischen und Staaten finanzieren, so Merkel heute – doch genau so interpretiert Weidmann das neue EZB-Programm.

Letztlich laufen die verwirrenden und widersprüchlichen Äußerungen aus Berlin darauf hinaus, die nächsten, längst beschlossenen Schritte zur Euro-„Rettung“ auszubremsen. Der Fachdienst „Eurointelligence“ unkt schon, dass man die Krise so sehr schnell wieder herbeireden könne. Dabei sah es doch gerade erst so aus, als sei die Wende zum Besseren geschafft…

 

P.S. Kaum war dieser Artikel fertig, schoß der Risikoaufschlag für spanische Staatsanleihen bedenklich in die Höhe. Ich vermute, es lag nicht an diesem Blog, sondern an den goldenen Worten unserer „kohlesken“ Kanzlerin