Athen sitzt in der Falle
Nichts funktioniert, aber alles wird gut – wenn die EU-Staaten endlich mitspielen. Mit dieser widersprüchlichen Botschaft versucht die EU-Kommission, neuen Schwung in die gescheiterte europäische Flüchtlingspolitik zu bringen.
Eine Woche vor dem nächsten EU-Gipfel in Brüssel, bei dem die Flüchtlingskrise erneut im Fokus stehen dürfte, nahm Migrationskommissar Avramopoulos Griechenland in die Pflicht.
Druck macht Brüssel vor allem bei den „Hotspots“, die nun in kürzester Zeit hochgezogen werden sollen. Bisher funktioniert nur ein einziger, bis zum Gipfel sollen vier weitere dazukommen.
Dabei gehe es nicht nur um die lückenlose Erfassung und erkennungsdienstliche Behandlung der Flüchtlinge (einschließlich Abnahme von Fingerabdrücken), sondern auch um Abschiebung, betont Avramopoulos.
Bisher seien nur 16.000 von 800.000 angekommenen Flüchtlingen abgeschoben worden, stellt die Kommission in einem Zwischenbericht fest. Dies sei „unzureichend“.
Unbefriedigend sei auch, dass Griechenland nicht mehr am Dublin-System teilnimmt. Das müsse sich rasch ändern, denn „Dublin ist nicht tot“, so der Kommissar.
Auch dies ist eine massive Verschärfung. Denn das Dublin-III-Abkommen sieht vor, dass Asylanträge in dem Land bearbeitet werden müssen, in dem Flüchtlinge ankommen.
Griechenland dürfte die Bewerber also nicht mehr nach Deutschland schicken – und das, obwohl die EU-Kommission für März eine Reform von Dublin angekündigt hat.
Athen sitzt in der Falle – denn noch während die EU-Kommission ihre neuen Pläne vorstellte, schufen andere EU-Staaten schon Fakten.
Gestern zog mazedonisches Militär weitere mit Stacheldraht bewehrte Zäune an der Grenze zu Griechenland hoch. Österreich und Ungarn wollen Mazedonien dabei helfen, die Grenze dicht zu machen und die so genannte Balkanroute zu schließen.
Wenn es soweit kommt, sitzen Zehntausende Flüchtlinge in Griechenland fest. Man muss schon Avramopoulos heißen, um zu glauben, dass die Gestrandeten danach nach EUropa „umverteilt“ werden…
S.B.
11. Februar 2016 @ 10:59
All die Probleme sind selbst gemacht. Asylrecht wird mit allen finanziellen und gesellschaftlichen Folgen zum schrankenlosen Einwanderungsrecht umfunktioniert. Ein klarer und unentschuldbarer Rechtsbruch der Regierungsverantwortlichen. Auch hier muss das Rad kräftig zurückgedreht werden. Asyl ist wieder am Sinn und Zweck dieser Institution auszurichten. Dies betrifft insbesondere auch die damit im Zusammenhang stehenden Leistungen, die so gering wie möglich (aber selbstverständlich menschenwürdig) ausgestaltet sein müssen, um keine Fehlanreize zu setzen. Das bedeutet nur Sachleistungen und keine Aussicht auf Bleiberecht. All das gab es schon und hat auch funktioniert. Die linksgrün besetzte Politik sowie Justiz haben dieses Recht aber an ihre sozialistische Ideologie angepasst. Infolge funktioniert das Asylrecht nicht mehr.
@Peter Nemschak: Ein Verteilsystem ist bei offenen Grenzen in der EU rein theoretischer Natur. Die „Flüchtlinge“ gehen dann einfach in das Land, in das sie wollen und tauchen dort notfalls unter. Das kann niemand verhindern. Die Folge davon ist Kriminalität (ist jetzt schon so), denn auch die Untergetauchten müssen von irgendetwas leben und richten sich hinsichtlich ihrer „Ansprüche“ natürlich nach den örtlichen Gegebenheiten.
Peter Nemschak
11. Februar 2016 @ 08:45
Griechenland, in Zukunft auch Italien (u.a. wegen Libyen), werden unter der Uneinigkeit der EU auf Grund ihrer geografischen Lage als erste unter dem unorganisierten Flüchtlingsstrom leiden. Sie werden, getrieben von Eigeninteresse, das lange nicht ausreichend artikuliert wurde – man konnte die Flüchtlinge nach Norden durchwinken und das Problem zu einem schwedischen, deutschen und österreichischen machen – verstärkt Druck auf die EU ausüben. Ohne Verteilsystem wird es in Zukunft nicht gehen. Ebenso werden Flüchtlinge keine Wahl mehr haben, wohin sie verteilt werden. Das ist bei der schieren Masse an Ankömmlingen nicht anders möglich. All das hätte man von Anfang an haben können. Solidarität bedeutet, dass einzelne Akteure ein gemeinsames Ziel haben, das jeder isoliert vom anderen nicht erreichen kann. Diese simple Einsicht hat sich offenbar bei vielen europäischen Politikern noch nicht durchgesetzt.