„Zeit für Wandel“ – auch in Brüssel

Mubarak tritt zurück – kurz nachdem die EU-Außenvertreterin Ashton erklärte hatte, nun sei die „Zeit für den Wandel“ in Ägypten gekommen. Was wie ein schöner Erfolg für Ashton aussieht, ist in Wahrheit eine schallende Niederlage. Denn die Britin hatte den geringsten Anteil an der ägyptischen Revolution. Zuletzt ließ sie sich sogar noch von Mubaraks Schergen von einer groß angekündigten Ägypten-Reise abhalten. Während die USA hinter den Kulissen die Strippen ziehen, verharrt die EU in Schockstarre.

 

Höchste Zeit, dass der „Wind of change“ endlich auch Brüssel erfasst… und Ashton zurück nach London geht. Denn sie ist – ganz wie ihr Mentor Tony Blair – eine Vertreterin der alten westlichen Schule, der Kontinuität und Stabilität wichtiger sind als Demokratie und Menschenrechte. Zudem hat sie in ihrem ersten Amtsjahr praktisch nichts erreicht – Europa hat Besseres verdient! Allerdings ist Besserung kaum zu erwarten. Denn eine Abberufung Ashtons würde Großbritannien nicht mitmachen – und Ärger mit London kann man sich in Brüssel derzeit nicht leisten.

 

Wahrscheinlicher ist daher, dass sich ein Trend fortsetzt, den man schon vor dem Sturz Mubaraks beobachten konnte: Nicht Ashton spricht für Europa, sondern die „großen Drei“ Deutschland, Frankreich und Großbritannien geben den Ton vor. Die Außenbeauftragte würde so auf eine repräsentative und ausführende Rolle beschränkt – von einer „europäischen Außenministerin“ spricht schon lange niemand mehr. Zudem würde die Vergemeinschaftung der EU-Außenpolitik, die im Lissabon-Vertrag angelegt war, wieder zurückgenommen. 

 

Dabei war die Vergemeinschaftung eine Lehre aus dem Irak-Debakel. Damals hatte die EU mit gespaltener Zunge gesprochen – ein Teil für, der andere gegen den Irak-Krieg. Die Revolution in Nordafrika stellt nun eine ähnliche Herausforderung für die europäische Außenpolitik dar. Nur wenn es der EU gelingt, ihre gescheiterten Strategien („Nachbarschaftspolitik“, „Mittelmeerunion“, „Nahost-Friedensprozess“, „Dialog mit den Diktatoren“) in Frage zu stellen, wird sie das verlorene Terrain zurückgewinnen können. Ob Ashton es wagt, diesen Prozess anzustoßen?