Yin, Yang und die EZB 

Auf den ersten Blick ist der Fall klar: Weil das Bundesverfassungsgericht ernste Zweifel am Anleihen-Kaufprogramm der EZB hat, hat es den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg angerufen – wie schon vor ein paar Jahren. Damals gab der EuGH grünes Licht. Doch diesmal ist es komplizierter.

Denn nun gibt Karlsruhe dem EuGH ganz konkrete Fragen und Prinzipien mit auf den Weg, die die Luxemburger Richter bei ihrem letzten Urteil zu den Kompetenzen der EZB selbst formuliert hatten.

Mehr noch: Sie liefern gleich eine Interpretation. Demnach könnte das aktuelle Anleihe-Programm der EZB das Verbot der (indirekten) Staatsfinanzierung verletzen. Ob dem so ist, soll der EuGH nun anhand der Kriterien aus Karlsruhe klären.

Wenn es gut geht, könne sich daraus ein Zusammenspiel zwischen Karlsruhe und Luxemburg entwickeln, so H. Prantl in der „Süddeutschen“. Die „Richter und ihre Richter“ verhielten sich wie Yin und Yang – passiv der EuGH, aktiv fordernd Karlsruhe. 

Das kann man so sehen. Man kann es aber auch so interpretieren, dass sich die deutschen Richter zum Lehrmeister der europäischen Richter aufschwingen – und der EuGH zum Anhängsel von Karlsruhe wird.

Das wäre dann ein weiterer entscheidender Baustein zum „deutschen Europa“. Die EU-Politik wird ja jetzt schon weitgehend von Deutschland bestimmt. Wenn nun auch noch das Recht folgt…

P.S. Mit einer Entscheidung wird in fünf Monaten gerechnet.