Wo bleibt die Revolte?

Die Internationale Arbeitsorganisation der Uno hat vor Unruhen in Europa gewarnt. In Folge der einseitigen Sparpolitik sei das Risiko von Revolten in vielen EU-Staaten gestiegen. Auch die Gewerkschaften sehen ein enormes Wutpotential. Ist der Aufstand nur noch eine Frage der Zeit?

Gestern war wieder so ein Tag, der einen auf die Barrikaden treiben konnte. Im „Cicero“ malte Finanzminister Schäuble die Lage schön: „Europa und Europas Jugend haben ihre beste Zeit noch vor sich“, schrieb er in einem Gastbeitrag zur Zeitbombe Jugendarbeitslosigkeit.

Gleichzeitig warnte die ILO vor Unruhen. Wegen der (von Schäuble forcierten) Sparpolitik habe sich die soziale Lage in Europa verschlechtert. Vor allem in Zypern, Tschechien, Griechenland, Italien, Portugal, Slowenien und Spanien könne es zu Aufständen kommen.

Auch die Gewerkschaften zeichneten ein düsteres Bild der Lage. Man nähere sich dem „High noon“ für ein soziales Europa, warnte die Chefin des Europäischen Gewerkschaftsbundes, B. Ségol in Brüssel. Spätestens beim EU-Gipfel im Juni müsse Europa umsteuern.

Noch deutlicher wurde der belgische Gewerkschaftschef C. Rolin: Der Sparkurs entfremde die Arbeitnehmer immer mehr von Europa. Die nun geplanten Strukturreformen machten alles noch schlimmer: „Wir sind dabei, eine Kriegsökonomie zu schaffen“.

Auf die Frage, warum die Proteste gegen diese Politik nicht längst in eine Revolte umgeschlagen sind, wussten die Gewerkschaften indes keine Antwort. Noch gebe es ja so etwas wie einen Sozialstaat, sagte ein Funktionär.

Doch in Südeuropa ist davon nicht mehr viel übrig. Dort häufen sich die Proteste – trotzdem ist der ganz große Aufstand bisher ausgeblieben. Vielleicht liegt es schlicht daran, dass es den Menschen zu schlecht geht.

Denn die Geschichte lehrt, dass es Umstürze meist dann gegeben hat, wenn es wieder aufwärts ging – und nicht dann, wenn die Lage hoffnungslos schien.

So gesehen, könnte es Ende 2013/Anfang 2014 kritisch werden – denn dann soll die Konjnuktur ja langsam anziehen. Außerdem naht die Europawahl – und damit eine Zeit politischer Unruhe.

Eine echte Revolte zeichnet sich allerdings (noch) nicht ab.  In Brüssel hat man nicht einmal Angst vor Jugend-Unruhen, wie sie Frankreich, Großbritannien und zuletzt Schweden erlebt haben.

Hier gibt es bisher nur eine Sorge: dass das Europaparlament von „Populisten“ erobert werden könnte. Ein Sieg von AfD, Syriza, Grillo und UKIP – das ist es, wovor die Eliten zittern…

Siehe zu diesem Thema auch „Die Eliten zittern“ sowie „London brennt, Europa bebt“