…und wie oft hat Berlin eine Lösung verschleppt? 

Die EU verliert die Geduld mit der Wallonie. Bis Montag Abend soll die belgische Region einlenken, sonst platzt das Ceta-Abkommen, droht sie. Man lasse sich doch nicht von einem radikalen Sozialisten in „Geiselhaft“ nehmen!

Was für ein Unsinn. Erstens ist der wallonische Regierungschef Magnette kein Radikaler, sondern ein pragmatischer Politikprofessor, mit dem sich durchaus reden lässt.

Zweitens besteht kein Grund zu Eile. Sieben Jahre wird schon verhandelt, auf ein paar Tage mehr kommt es nun auch nicht mehr an. Wenn der EU-Kanada-Gipfel platzt, dann geht die Welt nicht unter.

Und überhaupt: Wie oft hat Deutschland in der Eurokrise schon Krisen-Gipfel platzen lassen? Wie lange wurde Griechenland hingehalten – bis zum Beinahe-Crash der Eurozone?

Erst vor einem Jahr spielte Finanzminister Schäuble mit dem Feuer, indem er Griechenland mit dem Rauswurf drohte. 27 EU-Staaten mussten sich auf das Schlimmste vorbereiten – war das auch “Geiselhaft”?

Und wie ist das mit der Bankenunion, die Deutschland seit Jahren verschleppt? Oder mit dem Ende der Grenzkontrollen, das Kanzlerin Merkel beim letzten EU-Gipfel einfach aus dem Beschlusstext strich?

Wenn das deutsche Europa arme kleine Länder zappeln lässt, dann finden das alle in Ordnung. Doch wehe, es ist einmal umgekehrt: Dann ist sofort von Erpressung die Rede.

Dabei war es doch auch bei Ceta zuerst Deutschland, das mehr Zeit forderte und die Regeln geändert hat. Berlin könnte sogar noch aussteigen – wenn das Bundesverfassungsgericht es so will..