Wie es zum Bruch mit Tsipras kam
Folgt man der offiziellen Darstellung aus Brüssel und Berlin, so ist Griechenlands Premier Tsipras ganz allein Schuld am Bruch mit den „Eurorettern“. Doch ganz so einfach ist es nicht.
Um die überraschende Entscheidung für das Referendum zu verstehen, muss man die Vorgeschichte kennen. Dann sieht die Schuldfrage plötzlich ganz anders aus.
Ausgelöst wurde die Krise durch den plötzlichen Vorstoß des IWF, der den ersten Entwurf aus Athen ablehnte und massive Verschärfungen durchsetzte. Darauf wollte Tsipras reagieren.
Doch am Donnerstagmittag lehnte Eurogruppenchef Dijsselbloem weitere Verhandlungen mit der flapsigen Bemerkung ab, neue griechische Vorschläge seien „zu spät“ gekommen. Zitat AP:
Brüssel (AP) – Griechenland hat bei den Verhandlungen über Rettungshilfen für das Land nach Angaben von Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem neue Vorschläge vorgelegt – allerdings zu spät, um diese während des EU-Gipfels in Brüssel angemessen prüfen zu können. Die internationalen Gläubiger „werden einen letzten Blick auf die letzten griechischen Vorschläge werfen, die sehr spät eingingen“, sagte Dijsselbloem am Donnerstag.
Und am Abend, beim EU-Gipfel, bei dem Griechenland offiziell gar nicht auf der Tagesordnung stand, wiederholte EU-Ratspräsident Donald Tusk seine verbale Spitze, nun sei das Spiel vorbei („Game over“).
Tsipras erwiderte sichtlich verärgert, Rezession und Massenverarmung in seinem Land seien kein „Spiel“. Die Forderungen der Gläubiger würden die Krise verschärfen, so könne man nicht mit seinem Land umgehen.
Als Kanzlerin Merkel dann auch noch sagte, am Samstag sei endgültig Schluss, war das Tischtuch zerrissen. Tsipras fasste das als Ultimatum auf – die meisten Journalisten übrigens auch.
Es gab zwar noch ein als privat deklariertes Treffen zwischen Merkel und Tsipras, doch es blieb ohne Ergebnis. Tsipras reiste frustriert nach Athen zurück und traf seine umstrittene Entscheidung.
Übrigens wollte er das Referendum über die letzte Vorlage der Gläubiger abhalten. Doch am Samstag entschied die Eurogruppe, ihr „Angebot“ zurückzuziehen und am 30. Juni das laufende Programm abzubrechen…
P.S. Das letzte „Angebot“ ähnelt übrigens ein wie dem anderen den Memoranden, mit denen Tsipras brechen wollte. Das angeblich so großzügige Finanzpaket besteht nur aus alten, recycleten Mitteln. Als „Sahnehäubchen“ war dann noch ein 3. Programm vorgesehen – dabei wollte Tsipras ein für allemal mit Memoranden und Hilfsprogrammen abschließen… All das weißt man aus den Leaks im Bundestag, der wieder einmal vorab informiert wurde, noch vor dem griechischen Parlament!
cashca
29. Juni 2015 @ 09:23
Zu dieser Entwicklung haben alle ihren Beitrag geleistet.
Keiner war all die Jahre ehrlich.
eder drehte sein Ding, hatte seine Stratgie zur Überlistung des jeweils anderen. Sowas geht immer daneben. Jetzt sind alle alie die Gelackmeierten, sie alle haben bekommen, was sie verdient haben.
Das Format der EU Politiker ist erbärmlich. Sie selber sind käuflich, genauso glauben sie alles mit Geld kaufen zu können. in diesem Fall auch die Griechen und ihre Besitztümer. Wie blöd muß man da sein?
Wer nur noch mit Arglist und Täuschung agiert, erlebt früher oder später Schiffbruch.
Sollen sie sehen, wir sie damit fertig werden.. ich habe vorgesorgt für alle Fälle, es war klar, dass es dazu , zum Desaster , kommen würde.
Lüge und Betrug sind nicht auf Dauer aufrecht zu erhalten.
Genau damit wurde die EU regiert, es gab viele Käufliche Mitstreiter, Helfer und Handlanger. Das „Judasprofil“ geht nicht unter.
Es wurde verwaltet und geschaltet nach Gutdünken und Strategie, zur Erreichung ihrer eigentlichen Ziele.
Da hat Wahrhaftigkeit keinen Platz.
Nemschak
28. Juni 2015 @ 19:06
Ursache für das Scheitern der Verhandlungen waren, wenn man überhaupt in diesem Zusammenhang von Schuld sprechen kann, die zu unterschiedlichen wirtschaftspolitischen Vorstellungen der Kontrahenten. Die EU war nicht bereit, der griechischen Regierung substantielle Kredite zur freien Verfügung zu gewähren sondern Kreditauszahlungen nur Zug um Zug nach Maßgabe der Umsetzung konkreter Reformen zuzulassen, ein Vorgang der bei notleidenden Kreditnehmern nicht unüblich ist. Sollte Griechenland aus dem Euro ausscheiden, kommt dies nicht ganz überraschend.
ebo
28. Juni 2015 @ 20:41
Das ist doch mal eine sachliche Analyse. Ich möchte nur hinzufügen, dass aus dem sog. Hilfsprogramm seit August 2014 kein einziger Cent ausgezahlt worden ist. Und jetzt mal ketzerisch: Griechenland wäre besser bedient, wenn es NUR mit dem IWF zu tun hätte, und nicht mit den EU-Institutionen und vor allem nicht mit Berlin. Der IWF hätte das Land längst großzügig von seinen Schulden entlastet, siehe Ukraine. http://www.reuters.com/article/2015/06/19/ukraine-crisis-debt-imf-idUSW1N0XB00720150619
Nemschak
28. Juni 2015 @ 21:06
Was letzteres betrifft, wäre ich mir nicht so sicher. Für den Währungsfonds ist Griechenland ein europäisches Thema der EU, die Ukraine ein hegemoniales Thema der USA. Faktum scheint zu sein, dass Europa innerhalb des Währungsfonds an Einfluss zugunsten Chinas und der anderen aufstrebenden Entwicklungsländer Lateinamerikas und vor allem Asiens verloren hat. Dass Ch.Lagarde Europäerin ist, ändert daran nichts.
ebo
28. Juni 2015 @ 21:42
So einfach ist es nicht. Griechenland ist auch ein geostrategisches Problem, Obama hat schon Merkel angerufen 😉