Wie ein Delinquent
Beim EU-Gipfel wurde der griechische Premier Tsipras wie ein Delinquent behandelt. Nun muss er „seine Hausaufgaben“ machen und Reformen nachreichen. Doch von einem Grexit war keine Rede – angeblich reicht das Geld noch bis April.
Das Procedere ist genauso ungewöhnlich wie unwürdig. Da steht ein EU-, Euro- und Nato-Mitglied kurz vor der Pleite, doch seine Partner und Alliierten lassen den Ministerpräsidenten dieses Landes allein im Regen stehen.
Geschlagene zwei Wochen musste Alexis Tsipras bitten und betteln, damit er am Mittwoch Abend endlich ein wenig Extra-Redezeit beim EU-Gipfel erhielt.
Und das auch nicht etwa im offiziellen Gipfel-Programm, sondern in einem eigens improvisierten Sechser-Format nach dem Ende des regulären Meetings.
Die Krise ist „zu heiß“
Die Krise in Griechenland zum offiziellen Gipfel-Thema zu machen, wäre „zu heiß“ gewesen, begründete EU-Ratspräsident Tusk sein undiplomatisches Vorgehen.
Nur Bundeskanzlerin Merkel, Frankreichs Staatspräsident Hollande, EZB-Chef Draghi, Kommissionspräsident Juncker und Europgruppenchef Dijsselbloem sowie Tusk selbst durften Tsipras ins Gebet nehmen.
Parlamentspräsident Schulz war nicht zugelassen, was den SPD-Politiker veranlasste, den in keinem EU-Text vorgesehenen, exklusiven Sechser-Kreis als „Flash Mob“ verächtlich zu machen.
Weiterlesen auf „telepolis“ („Tsipras und der Flash-Mob“)
winston
20. März 2015 @ 21:52
Kleiner Blick auf Spanien.
Aquí y ahora empieza el cambio. Aquí y ahora huele a democracia
https://twitter.com/amonterosoler/status/579015954593660928
marianne
21. März 2015 @ 12:40
Eines der grossen Probleme Spaniens ist, dass -ausser winziger Ausnahmen von kurzer Dauer- noch nie Demokratie geherrscht hat. GR hat Resistenz gemacht und sich schwer gegen Hitler gewehrt. Hat die Militärdiktatur nach ein paar Jahren weggeschickt und hat es jetzt gewagt, trotz ideologischen Differenzen zusammenzustehen. In Spanien starb Franco, nach 40 Jahren harter Diktatur, im Bett. Es braucht wahrscheinlich noch Jahrzehnte bis die Leute -leider auch die Jungen noch- ein solches Handycap überwinden.
Peter Nemschak
21. März 2015 @ 18:51
Immerhin sind seit Francos Tod 40 Jahre, d.h. eineinhalb Generationen vergangen, ebenso wie in Griechenland seit Ende der Militärdiktatur.
winston
20. März 2015 @ 19:24
Der Fall ist doch klar, Brüssel kann sich ein Grexit schlicht und einfach nicht leisten, das würde ein Präzedenzfall schaffen und gleichzeitig die Gefahr eines Euro Break-Up deutlich erhöhen, der Alptraum schlechthin für die Eurogruppe.
Ein Grexit ist für Griechenland alles andere als negativ, Tourismus und Landwirtschaft würden bei einer Abwertung von 60% der neuen Drachme sofort massiv davon profitieren, später auch die KMU’s, das weiss Varoufakis genau, nur ist er ein überzeugter Eurobefürworter und will den Euro reformieren, m.E. ein absolut sinnloses unterfangen, am Schluss wird ihm nix anderes übrig bleiben als die Grexit Karte zu ziehen, zwangsläufig.
Die Eurogruppe und die Kommission werden Kompromisse eingehen müssen, sollte das passieren wird im November Podemos ein Erdrutschartiger Sieg in Spanien feiern und dann kann sich die Eurogruppe ganz warm anziehen, denn Spanien ist nicht Griechenland, da geht es um ganz andere Summen.
Hier ist Deutschland Hauptgläubiger, also Chips und Bier bereit halten. :-))))))))))
Das Griechenland Bashing der deutschen Medienlandschaft nimmt langsam Schizophrene Züge an, das ganze ist nur noch lachhaft. :-)))
marianne
20. März 2015 @ 23:21
Ich fürchte da sind Sie zu optimistisch. Schön wärs, aber die linke ist ja schon wieder zerstritten, und wir wissen ja, wenn sich zwei streiten… Einen wichtigen Hinweis auf diese Resultate werden uns die Gemeindewahlen im Mai geben. Wenn sich da auch nur ein Rütschlein tun würde, wäre mehr Hoffnung.
Und was mit dem Griechenland Bashing getan wird, kann ich nur hoffen, das sich die deutschen Bürger nicht allzu sehr ins Bockshorn jagen lassen, trotz der überragenden Medienwirksamkeit des Fernsehens und anderen BILDSchmieren.
marianne
20. März 2015 @ 11:49
Aber in Urlaub nach GR, Spanien und Portugal gehen Sie doch gerne, Herr Nemschalk, nichtwahr? Da kann man so schön sonnenbaden, essen, Bier (natürlich importiertes), auch ab und zu Wein trinken und sich an Folklore amüsieren. GR, PO und ES wurden damals als Turistenländer eingestuft, die Industrie zerschlagen, Olivenbäume zu tausenden ausgerissen (wissen Sie wieviel Jahre ein Olivenbaum braucht um Früchte zu tragen?), Agrarland überbaut mit Hotels und Ferienwohnungen und in Golfplätze verwandelt mit dem entsprechenden Wasserverbrauch in Ländern, die Wassernot leiden. Der Kleinhandel wurde zerschlagen zugunsten von Supermärkten, wo ein Turist keine Landessprache braucht, usw., usw. Zu alle dem brauchte es natürlich Kredite: kein Problem, könnt ihr haben. Wie die zahlen, ist nicht unser Problem.
Und so könnte man weiterquatschen. Aber es sind ja nur Levantiner, d.h. Untermenschen…?
Tim
20. März 2015 @ 10:45
Beide Seiten verhalten sich falsch und kontraproduktiv. Die griechische Regierung besteht aus naiven Traumtänzern, die Gegenseite aus Angsthasen. Ergebnis: Idiotie hoch zwei.
Meiner Meinung nach wäre ein Euro-Referendum in Griechenland jetzt noch die beste Lösung.
Peter Nemschak
20. März 2015 @ 09:43
Die griechischen Regierungsmitglieder verhalten sich wie Delinquenten und werden daher entsprechend gröber angefasst. jetzt auf einmal reicht das Geld bis April – wie erwartet levantinische Bazarmethoden.
ebo
20. März 2015 @ 10:02
Lieber Herr Nemschak, was sie nicht wissen können: Die Information, dass da Geld bis April reichen soll, kommt aus der EU-Kommission. Es ist dieselbe Kommission, die bisher behauptete, sie habe keine Einblick in die Kassenlage in Athen…