Wer will was – und wo führt das hin?
Like it or not: Mit seiner Rede in der Sorbonne hat Frankreichs Macron die Debatte um die EU-Reform vorangebracht. Schon am Donnerstag muss auch Kanzlerin Merkel Stellung beziehen – bei einem Abendessen in Tallin.
Doch was liegt überhaupt auf dem Tisch? Wie unterscheiden sich Macrons Visionen vom Juncker-Plan, den der Kommissionschef vor drei Wochen präsentiert hat? Und wo verortet sich Merkel? Eine Übersicht.
- Macron fordert ein EUropa der verschiedenen Geschwindigkeiten mit einem harten Kern, der Eurozone. Diese soll mit einem eigenen EU-Budget ausgestattet werden, das langfristig größer sein könnte als das EU-Budget.
- Juncker fordert ein Einheits-EUropa: Alle EU-Länder sollen den Euro einführen und im Gleichschritt marschieren. Das EU-Budget soll wachsen, aber moderat. Einen harten Kern soll es nicht geben, alle folgen der Kommission!
- Merkel will auch ein EUropa der verschiedenen Geschwindigkeiten, aber ohne harten Kern. Sie will auch keine Führungsrolle der EU-Kommission, kein Euro-Budget, und keinen harten Kern, sondern setzt auf wechselnde Partner.
Und wo führt das hin?
- Macrons Pläne laufen auf eine Großmacht Europa hinaus, in der Deutschland und Frankreich den Ton angeben würden. Nicht-Euro-Länder würden zu Mitglieder zweiter Klasse – allerdings stünde auch ihnen die Tür offen.
- Junckers Pläne laufen auf gar nichts hinaus, es fehlt eine politische Vision. Der Kommissionschef will im Grunde nur das vollenden, was im Lissabon-Vertrag steht (und vor allem in Deutschland in Vergessenheit geriet).
- Merkels Ideen – von Plänen kann man noch nicht sprechen – laufen auf ein Europa à la carte hinaus, in dem sich alles um Deutschland dreht. Die EU-Kommission wäre entmachtet, Frankreich nur ein Partner unter vielen.
Winston
28. September 2017 @ 19:01
Ebo
Die EU kann jederzeit das Free-Trade Abkommen mit UK aufkündigen.
Es „profitieren“ doch beide. Vergessen wir nicht das UK ein sehr wichtiger Handelspartner für die auf Export fixierte EU ist. Zweitgrösster Handelsüberschuss erwirtschaftet Deutschland mit UK, das bedeutet viele Arbeitsplätze sind davon abhängig.
Vergessen wir auch nicht das UK einer der wenigen Länder ist mit denen Frankreich ein Exportüberschuss erwirtschaftet. Nicht auszudenken, was mit der arg defizitäre Handelsbilanz Frankreichs passieren würde.
Die EU ist verhandlungstechnisch nicht in der Postition den grossen Max zu spielen.
Ute Plass
28. September 2017 @ 12:36
Die Aberkennung des Status der Gemeinnützigkeit wird mutmaßlich aus machtpolitischen Erwägungen
angestrebt, siehe auch attac. „Tagespolitische Themen“ (wer definiert die), haben also nichts mit Gemeinnützigkeit zu tun?
Bis der Stein des Weisen für die vielfältigen Problemlagen in dieser unserer Welt gefunden ist, finde ich
das Engagement von vielen „linken Läden“ nicht verkehrt.
Kritisches Hinterfragen bei all dem schätze ich natürlich. 😉
Schritte in die richtige Richtung wären für mich z.B., wenn das gegenseitige Niederkonkurrieren der Nationalwirtschaften in eine ‘solidarische Ökonomie’ mündeten. Allerdings funktioniert das wohl nur, wenn die Profitmaximierung (innerhalb wie außerhalb Europas)nicht mehr die erste Maxime im vorherrschenden Wirtschaften wäre, sprich die menschengemachten „ökonomischen Gesetze“ vom Kopf auf die Füße
gestellt würden. http://www.bzw-weiterdenken.de/2009/02/die-welt-als-haushalt-denken/
Zurück zum Beitrag von ebo:
Einlassungen der NachDenkSeiten
http://www.nachdenkseiten.de/?p=40348#more-40348
Winston
28. September 2017 @ 11:52
Macron oh Macron.
Eine Deutsch-Französische Grossmacht EUROPA. Wo sich dann alle an Deutschland und Frankreich unterwerfen werden. Hatten wir das nicht schon 2 mal in den letzten 200 Jahren ? Napoleon ist gescheitert und auch sein Deutscher Kollege. Waterloo und Stalingrad lassen grüssen.
Ich kann nur wieder Luttwack zitieren:
„Alle 70 Jahren fangen die Europäer an zu spinnen“.
Und ich füge hinzu: Die Briten sind immer die ersten die es merken. So überrascht es nicht das die Briten die Koffer gepackt haben und sich von dieser Irrenanstalt (sorry) namens EU vom Acker gemacht haben.
Nur noch verrückt was in Europa abgeht.
ebo
28. September 2017 @ 12:09
@Macron Das ist mir zu simpel. Vor Napolean gab es auch schon Charlemagne. Und derzeit leben wir in einer deutschen EU, die nach britischen Wünschen funktioniert – wie eine riesige Freihandelszone, mit ein paar Feigenblättern für die Politik…
Peter Nemschak
28. September 2017 @ 12:40
Man muss nüchtern zur Kenntnis nehmen, das die Macronsche Vision einer europäischen Union nicht von allen geteilt wird. Sie ist nicht alternativlos. Ob sie sich letztlich durchsetzen wird, ist ungewiss. Dessenungeachtet gibt es Projekte, bei denen eine gemeinsame Strategie und national differenzierte Umsetzung sinnvoll sind (beispielsweise Sicherheitspolitik inklusive gemeinsame Grundsätze für Migration, Klimawende). Um diese Ziele zu erreichen und auch zur Bewahrung der Währungsstabilität bedarf es keines transnationalen Finanzausgleichs wie er in einem nationalen Bundesstaat üblich ist. Muss die EU wirklich neu erfunden werden?
Peter Nemschak
27. September 2017 @ 21:50
Es wird wie bisher in kleinen Schritten voran gehen. Die Welt wird deshalb nicht untergehen. Kohl kam zu einer Zeit des Aufbruchs, der Wende, an die Macht. Es war ein einmaliges historisches Fenster. Außerdem war de Zahl der Mitglieder der EU damals wesentlich geringer und in ihrer historischen Erfahrung homogener.
Reinhard
28. September 2017 @ 09:02
@ Peter Nemschak: zu welcher Zeit des Aufbruchs und der Wende kam denn Kohl an die Macht? 1982, weil die FDP die Seiten wechselte? Belieben zu scherzen. Die „Wende“ fiel KOhl sieben Jahre später in den Schoß, als er auf dem Sprung stand, abgewählt zu werden. Der Grund dafür lag in Moskau, das die DDR nicht mehr halten wollte (aus finanziellen Gründen) und konnte (nachdem im Sommer 89 in Polen die Solidarnosc die Macht errungen hatte und damit die NAchschublinien in die DDR unsicher geworden waren). Da hat Gorbatschow die DDR meistbietend an die BRD verscherbelt.
Ute Plass
27. September 2017 @ 20:42
Appell für einen fairen und demokratischen Euro:
https://act.wemove.eu/campaigns/fairer-euro?utm_source=civimail-8727&utm_medium=email&utm_campaign=20170927_DE
Peter Nemschak
28. September 2017 @ 05:03
Auch ein fairer und demokratischer Euro kann die ökonomischen Gesetze nicht außer Kraft setzen.
Claus
28. September 2017 @ 07:22
@Ute Plass: Und wer finanziert “Wemove”? Das ist laut Impressum Campact, ein inzwischen ziemlich linker Laden mit recht sportlichen Ideen über Demokratie und Europa. Immer, wenn man wie dort “Teilhabe” liest, wird es ziemlich teuer und / oder schräg.
Ihr “fairer” Euro müsste zunächst mal die hohe Arbeitslosigkeit im Süden der EU finanzieren Und raten Sie mal, wer dafür ganz vorn steht.
Wiki zu Campact: “In den Stuttgarter Nachrichten forderte der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion Joachim Pfeiffer, die Gemeinnützigkeit von Campact durch die Finanzverwaltung überprüfen zu lassen. Für unvereinbar mit dem Status der Gemeinnützigkeit hält Pfeiffer, dass Campact Kampagnen zu tagespolitischen Themen ins Werk setzt.”
Das sehe ich genauso.
Peter Nemschak
27. September 2017 @ 17:56
Was Merkel vielleicht will, ist eines, sie ist aber auch von den Forderungen ihrer Koalitionspartner abhängig. Noch gibt es keine deutsche Regierung, das politische Tauschgeschäft steht erst bevor.
ebo
27. September 2017 @ 18:06
Unsinn. Sie ist seit zwölf Jahren an der Macht. Niemand hat sie gehindert, eine eigene Linie in der Europapolitik zu formulieren. Sie will nur Rosinen picken und ihre Macht sichern.
Peter Nemschak
27. September 2017 @ 19:05
Die Mehrheit der Deutschen hat nicht nur national sondern auch für die EU wenig großmachtpolitische Ambitionen und ist nicht bereit, sich die Eurozone etwas kosten zu lassen. Der Macron-Vorschlag führt in letzter Konsequenz auf eine Transferunion hinaus, d.h. dass von Deutschland erwartet wird, den Lebensstandard der anderen auf Dauer zu finanzieren. Der Kommentar von Peter Rasonyi in der heutigen NZZ bringt es auf den Punkt. Wenn sich zwischenzeitlich nichts geändert hat, befürwortet eine Mehrheit in Deutschland die Jamaica-Koalition. Um diese zu realisieren, müsste sich die CSU von Seehofer trennen. Mir scheint, Ihre Landsleute sind weniger EU-enthusiastisch als Sie.
ebo
27. September 2017 @ 19:51
Dann lesen Sie mal die letzten Umfragen zur EU. Oder schauen Sie sich Bewegungen wie „Pulse of Europe“ oder „DIEM25“ an. Es ist die Kanzlerin, die es seit Jahren versäumt, sich und die Bürger auf Europa vorzubereiten. Kohl hatte anderes Format.