Wie Berlusconi „abgeschaltet“ wurde
Italiens Ex-Regierungschef Berlusconi will vorerst keine neue Regierungskrise auslösen. „Ich bin hier, ich bleibe hier und ich gebe nicht auf“, sagte er laut „SZ“. Unterdessen machen in Brüssel Berichte die Runde, wonach der Cavaliere Ende 2011 von Kommissionschef Barroso gezielt diffamiert und „abgeschaltet“ wurde.
Wieso legte Berlusconi mitten in der Euro-Krise sein Amt nieder? Auch zwei Jahre nach dem dramatischen Herbst 2011 ist diese Frage nicht abschließend beantwortet.
Klar ist, dass Kanzlerin Merkel und Frankreichs Ex-Präsident Sarkozy massiven Druck auf Berlusconi und seine Minister ausübten. Der Premier müsse gehen, damit die Krise nicht eskaliert, so ihre Drohung.
Doch nun kommt eine neue Version. Ein italienischer Finanzjournalist behauptet, Kommissionschef Barroso habe in dem Drama eine Schlüsselrolle gespielt. Der Portugiese habe Berlusconi „abgeschaltet“ („unplugged“), heißt es.
Die „geheime Geschichte eines Beinahe-Kollapses“ wird auf dem Blog der „London School of Economics“ wiedergegeben. Hier die Schlüsselszene:
In those dark days, with the 10-year Bund-BTP spread close to a historical peak, a unique incident occurred. During an institutional meeting, the then minister of internal affairs Roberto Maroni received a phone call. It was towards the end of October. People attending that meeting, a select group of associates, reported that he turned pale. The call came from José Manuel Barroso, the number one of the European Commission. Barroso was very clear with Maroni: “I don’t want you to take this personally. Neither you nor all other members of the government. But you need to “unplug” Berlusconi.” And in that moment Barroso revealed what the strategy was: a flurry of declarations against the then prime minister. From all fronts, from every European policy maker. The message to be sent was one and one only: Berlusconi is inadequate. He, the “caiman” [sometimes the Italian press refers to Berlusconi as “il caimano”, as in the title of the 2006 Nanni Moretti’s movie on his political vicissitudes], managed to resist only for ten days before surrendering to the inevitable.
Wenn das stimmt, wäre es die Geschichte eines eklatanten Brüsseler Machtmissbrauches. Denn Barroso ist in keiner Weise legitimiert, einen gewählten Regierungschef aus dem Amt zu drängen – auch keinen Berlusconi.
Selbst die dramatischen Umstände rechtfertigen dieses Vorgehen nicht. Berlusconi war nämlich gar nicht ursächlich Schuld an den bedrohlich hohen Spreads. Schuld daran war die Umschuldung in Griechenland, die die Märkte massiv verunsichert hatte.
Diese Umschuldung hatten Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble erzwungen – gegen den Rat von IWF, EZB und Sarkozy. Die Folgen brachten damals nicht nur Italien, sondern auch Spanien in Bedrängnis.
Auf diesem Blog habe ich dies ausführlich dokumentiert. Zum Beispiel in dem Beitrag „Warum Italien“.
Ich bin mal gespannt, ob auch dieser – deutsche – Part der „geheimen Geschichte“ irgendwann aufgedeckt wird. Vielleicht von Berlusconi himself? Zuzutrauen wäre es ihm…
Johannes
5. August 2013 @ 14:17
Ach schade. Toller Bericht, aber am Ende kommt der Deutschlandhass zu sehr wieder durch. Und am Ende bleibt leider wieder bei mir als Leser das Gefühl: Es geht ja doch nur darum uns Deutsche fertig zu machen und mehr Geld rauszupressen für das schicke Leben in Brüssel. Zwischen Politikern in Brüssel und Journalisten in Brüssel kann ich kaum noch unterscheiden, alle wollen nur das dt. Geld und an allen Problemen hat Deutschland schuld. Schade.
ebo
5. August 2013 @ 14:42
@Johannes
Rechne doch einmal nach, wie lange Berlusconi an der Macht war, und wie lange Merkel „problemlos“ mit ihm zusammengearbeitet hat. Und dann sehe Dir mal die Entwicklung der Spreads in Italien an. Dann können wir gerne noch mal über „Deutschlandhass“ sprechen…
fufu
5. August 2013 @ 16:49
Leider wird nur allzuhaeufig der dt. Schuldkomplex in der Argumentation bedient. Dies ist jedoch hier nicht der Fall. Berlusconi ist nur ein Beispiel fuer die unterwuerfige Willfaehringkeit der aktuellen dt. Politik gegenueber dem internationalen Finanzkapital und dem Hegemon. Im uebrigen keine Angst, das dt. Geld (wo es denn geflossen ist) ist vorwiegend an dt. Banken zurueckgeflossen.
Ein selbstbewussteres Deutschland, das sich selbst an geschlossene Vertraege und sein Grundgesetz haelt wurde Europa gut tun.
Fritz (@Fritz)
5. August 2013 @ 13:39
So geht Politik.
Es geht ja nie nur um Argumente oder Legitimationen, sondern darum, wer seine Argumente mit Druck hinterlegen kann und wie die Drucksituation insgesamt sich darstellt. Würde es keine Drucksituationen geben, würde sich vermutlich gar nichts bewegen (deshalb bewegt sich ja auch in vielen Feldern nichts).
Bei Berlusconi hat man vermutlich schon lange darauf gewartet, die Schwachstelle zu finden. Die ergab sich, als einerseits bei den Investoren das Vertrauen in die Euro Bond-Märkte, anderseits Italien auf mehrere extrem hohe Umschuldungstermine zulief. Wenn diese Umschuldungen nicht geklappt hätten bzw. für Italien viel zu teuer geworden wären, wäre Berlusconi für alle Zeiten politisch mausetot gewesen. So hat Berlsuconi relatv schnell eingesehen, dass es für ihn das Beste wäre, sich vor der Verantwortung für das Desaster zu drücken. Man könne es daher auch so formulieren: Barroso hat ihm eine Brücke aus dem Amt gebaut.
fufu
5. August 2013 @ 12:04
Italien ist ein reiches Land. Reichtum weckt Begierden. Berlusconi war ein Newcomer, der ausserhalb der nationalen und internationalen Machteliten stand. Berlusconi ist nicht integrierbar, seine Macht gruendete sich auf die Bewunderung der Bevoelkerung fuer seine Cleverness und seinen Reichtum. Freund von Putin, Ghaddafi und anderen nutzte er seine Rolle und seine Medienmacht zum eigenen Vorteil, zum Vorteil seiner Gefolgschaft und auch zum Vorteil Italiens. Anders als in Deutschland wo eine willfaehrige Regierung alle Ansprueche des Hegemons in vorauseilendem Gehorsam erfuellt ging die internationale Machtelite in Italien leer aus.
Berlusconi stand auf der Abschussliste. Ab einem gewissem Moment wurden saemtliche Skandaelchen inkl der Telefongespraeche (NSA laesst gruessen) im Wortlaut veroeffentlicht. Parallel lief eine internationale Kampagne der internationalen Finanzmedien, die die Zinsen Italiens in die Hoehe trieben. In all der Zeit hatte Italien einen primaeren Haushaltsueberschuss (im Gegensatz zu den meisten der AA… Staaten Um sein Imerium zu retten musste Berlusconi abdanken.
Berlusconi wurde ersetzt durch den Wunschkandidaten von Bruessel Monti, der jetzt aufgrund der Ablehnung durch die Bevoelkerung durch eine Art grosse Koalition ersetzt wurde.Diese sind nun dabei, Italien wie erwuenscht in der Ruin zu fuehren.