Eile mit Weile
Seit dem Brexit-Votum fordert Berlin ein „Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten“. Doch was soll das bringen, könnten davon auch andere EU-Länder profitieren?
TEIL 2 einer neunteiligen Sommerserie zur Zukunft der EU
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Die verschiedenen Geschwindigkeiten haben wir längst – bei Schengen, beim Euro, in der Flüchtlingspolitik. Deutschland fordert also nichts Neues, wie Kanzlerin Merkel selbst immer wieder betont.
Ich sehe diese „Lösung“ für die EU-Krise daher als Placebo, nachdem die Bundesregierung ihre frühere föderalistische Vision aufgegeben hat (siehe Teil 1 dieser Serie).
Es geht vor allem darum, den für Deutschland günstigen Status Quo zu erhalten, sich bei eventuellen neuen Initiativen aber auch nicht ausbremsen zu lassen.
Wohin die Reise geht, weiß Merkel offenbar selbst nicht. Immerhin öffnet das neue alte Modell die Möglichkeit, dass sich auch andere Länder zusammenschließen können, etwa die Südstaaten oder die Visegrad-Gruppe.
Zu alternativen, progressiven Projekten hat dies allerdings noch nicht geführt. Sollten sie entstehen, so müsste man damit rechnen, dass sich Deutschland dagegen sträubt, sie in die EU-Agenda zu integrieren.
Hier wirkt das Trauma der Bankenunion nach, die Merkel nicht zu verhindern wußte. Umgekehrt nimmt Deutschland aber auf „Bremser“ Rücksicht, wenn es etwa um die Verteidigungspolitik geht.
Dies legt den Schluß nahe, dass es darum geht, die Geschwindigkeit je nach Politikfeld an deutsche Interessen anzupassen. Das dürfte auch Frankreichs Präsident Macron erfahren, wenn er seine Reform der Eurozone angeht.
Nach der Bundestagswahl dürfte es Merkel damit nämlich nicht mehr sehr eilig haben. Statt „verschiedene Geschwindigkeit“ heißt es dann womöglich „flexible Bremse“…
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Peter Nemschak
10. August 2017 @ 20:20
ebo Sehr wohl ist mir das aufgefallen. Nur halte ich von den Alternativen nicht viel. Grosso modo unterstütze ich die derzeitige Politik der deutschen Bundesregierung, in Sachen EU illusionslos zu sein. Ob sich die deutschen Vorstellungen einer zukünftigen EU durchsetzen, ist keineswegs eine ausgemachte Sache, wenn ja, habe ich nichts dagegen.
⭐bluecrystal7
9. August 2017 @ 00:47
Also ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten halte ich eben für keine gute Idee…
Denn das würde die Spaltungen innerhalb der EU noch stärker vertiefen. Läuft zwangläufig auf ein deutsches Europa hinaus!
https://makroskop.eu/2017/07/deutschlands-neues-imperium/
Peter Nemschak
9. August 2017 @ 19:18
Bei in Zukunft 27 Mitgliedsstaaten sind verschiedene Geschwindigkeit notwendig, um einen totalen Stillstand zu vermeiden.
ebo
9. August 2017 @ 21:21
Sie sagen immer genau das was Merkel sagt. Dass dieser Blog über die Berliner Verlautbarungen hinaus geht, ist Ihnen noch nicht aufgefallen?
Ute Plass
8. August 2017 @ 19:22
@ebo – spannend das Büchlein von Ute Scheub „Demokratie – Die Unvollendete“
(herausgegeben von https://www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/2017-06-15_Demokratie_Die_Unvollendete.pdf), in das einige Vorschläge von Guérot
einfliessen.(Seite 97)
Gute Idee, einen eigenen Beitrag zu Guérots Publikation(en) zu bringen. 🙂
⭐bluecrystal7
8. August 2017 @ 23:51
Super, danke! ☺
Ute Plass
8. August 2017 @ 17:42
Danke @Dixie Chique, für diesen Hinweis, den es natürlich zu bedenken gilt.
Auch wenn ich Ulrike Guérot aus ihrem Buch „Der neue Bürgerkrieg“ zitiert habe,
heißt das nicht, dass ich mit allem, was sie darin zum Ausdruck bringt, konform gehe.
Schon gar nicht, wenn sie darin die militärische Intervention Frankreichs in Libyen
als „humanitäre Mission“ bezeichnet.
Was mir gefällt ist ihre leidenschaftlich vertretene Vision eines demokratischen Europas,
wiewohl es über die Wege dahin weiterhin trefflich zu streiten bleibt.
Ute Plass
8. August 2017 @ 07:56
@Nemschak – es geht doch nicht um eine „..im Weltmaßstab Großmacht Europa…“, sondern darum, ob eine *europäische Demokratie* von den Bürgerinnen und Bürgern
Europas gewollt wird?
Ulrike Guérot, schreibt in „Der neue Bürgerkrieg“: „Nichts ist dümmer als das oft bemühte Argument, die „Völker“ seien „für Europa noch nicht reif oder „zu unterschiedlich oder sie „wollten das einfach nicht“. Haben wir es denn je ausprobiert?
Wissen wir, was gemeinsam möglich ist?“
Dixie Chique
8. August 2017 @ 15:15
@ Frau Plass
Ulrike Guerots Positionen sind in weiten Teilen austauschbar mit denen eines, sagen wir, Paul Ronzheimer, obschon eloquenter.
Das ECFR folgt als imperialer Ableger den Geistesblitzen des amerikanischen CFR, und der ist nach wie vor und schon immer CIA, Kissinger und NeoLiberalCon.
Es ist daher zu empfehlen, beim Studieren von (E)CFR Elaboraten immer adäquate Schutzkleidung zu tragen und anschließend gründlich und großflächig zu desinfizieren.
Zur Erinnerung ein kleiner Link zu einem hochinteressanten CFR Vortrag über die sagenumwobenen SAIs, wie wir sie inzwischen fast täglich im Himmel bestaunen können:
https://www.youtube.com/watch?v=fsarQQrJckE,
bzw. komplett..: https://www.youtube.com/watch?v=lxaP3_sVF-I
Der Mann, der da sinniert, ist ja nicht bloß irgendwer..
Das alles hat zwar wenig mit o.s. Artikel zu tun, da ich aber Ihre Denkanstöße im Forum ansonsten sehr schätze, wollte ich zumindest ein wenig zur Ausleuchtung des transatlantischen „Hintergrundes“ der vielzitierten Ulrike beitragen.
ebo
8. August 2017 @ 16:46
Nachdenklich macht schon, wie gern der Mainstream Guérot zitiert. Dabei kann von einem Bürgerkrieg gewiss keine Rede sein in Europa, eher von einem resignierten Einverständnis in die Verhältnisse. Ich plane demnächst mal einen Blogpost zu ihrem Buch.
Chixie Dique
9. August 2017 @ 12:59
@ebo
Grundsätzlich mal 1000 Dank für alle Ihre Blogposts aus der Höhle des Löwen! 🙂
Und auch an alle, die hier stets höflich(er) diskutieren (als ich), weiterführende Informationen liefern, zuweilen steile Thesen aufstellen, und alternative Blick- und Denkwinkel eröffnen. Dank lostineu etwas weniger lost in eu!
..und was die Chemtrails/SAIs betrifft, unter dem Teppich ist nach all den Jahren kaum mehr Platz, es wird unweigerlich hässlich hervorquillen.
Die Verantwortlichen werden sich warm anziehen müssen, ein Eintrag in der ewigen Hall Of Utter Shame, gleich neben den Schlimmsten der Schrecklichsten, ist ihnen schon sicher. Mengele wetzt längst seine Skalpelle in der Hölle..
Peter Nemschak
7. August 2017 @ 09:54
Warum laufen wir ständig der Idee eines föderalen Europa nach, auch wenn es in absehbarer Zukunft auf Grund der nationalen, zentrifugal wirkenden Kräfte nicht realisierbar ist? Warum nationale Interessen verteufeln? Die EU bildet die Plattform, auf der sie ausgetragen werden. Deutschland allein wird sich nicht durchsetzen können. Daher werden sich je nach Thema unterschiedliche Koalitionen bilden. Man mag es bedauern oder nicht, eine im Weltmaßstab Großmacht Europa ist von der Mehrheit der satten Bürger nicht gewollt. Bestimmte Themen (Umweltschutz, alternative Energien) sollten für alle Beteiligten akzeptabel sein, auch wenn jedes Land eine europäische Zielsetzung auf seine Art erreichen muss, weil die national bestehenden Institutionen und politischen Kulturen sehr unterschiedlich sind.