Weniger Sicherheit

Mehr oder weniger Europa – nach dem Brexit weicht die EU der Entscheidung aus. Nur bei Rüstung und Verteidigung sattelt sie drauf, gemeinsam mit NATO und USA. Das hat paradoxe Folgen.


[dropcap]A[/dropcap]usgerechnet Warschau. Ausgerechnet jetzt. Knapp zwei Wochen nach dem Brexit-Votum halten die EU, die USA und die Nato einen Gipfel in der Hauptstadt der Kalten Krieger vom PiS ab.

Verteidigungsminister Macierewicz will die polnische Armee mit mehreren Zehntausend Paramilitärs verstärken. Gleichzeitig fordert er von seinen Alliierten, offensiver gegen Russland vorzugehen.

Das fordern auch die USA von Europa. In Washington will man nicht nur härte Sanktionen wegen der Ukraine, sondern auch mehr Einsatz an der Front. Die Nato schickt schon neue Bataillone.

Wer das als “Säbelrasseln und Kriegsgeheul” kritisiert, wie Außenminister Steinmeier, wird abgekanzelt. Wer daran erinnert, dass die EU die Ukraine-Russland-Krise mitverursacht hat, gilt als Putin-Versteher.

Dabei wäre es höchste Zeit, dass der Friedensnobel-Preisträger EU die eigene Rolle überdenkt. Denn der neue Nato-Kurs, auf den sie einschwenkt, bringt nicht mehr, sondern weniger Sicherheit in Europa.

Die Gefahr, dass aus “Eskalationsschritten militärische Kampfhandlungen” werden, ist größer als im Kalten Krieg, ja sogar “größer denn je”, warnt W.Ischinger, Chef der Münchener Sicherheitskonferenz.

“Risk of War returns to Europe”, analysiert Reuters die Lage. Und zwar nicht nur wegen Russland, sondern auch wegen der Aufrüstung im Westen und der neuen Expansion von Nato und EU.

Und dann ist da noch der Brexit. Auch der, so fürchten die Sicherheitsexperten des Westens, könnte weniger Sicherheit bedeuten. Deshalb wollen EU und USA nun noch enger zusammen arbeiten.

Dabei böte der Austritt der Briten doch die Chance, dass sich Europa als Stimme der Entspannung und der Vernunft etabliert, gegen militärische Abenteuer der Briten und Polen wie z.B. im Irak.

Doch diese Chance wird verschenkt, auch von Kanzlerin Merkel. Ausgerechnet im Bereich der Verteidigung setzt die EU auf mehr Europa – und mehr Nato – auch wenn dies weniger Sicherheit bringt!

Und das ausgerechnet in Warschau, wo eine nationalistische Führung nur einen Vorwand sucht, um die Lage an der Ostfront zu eskalieren…