Das Ende der Eurobonds?

Kanzlerin Merkel ist mit den Plänen zur EU-Reform unzufrieden. Das berichten die “FAZ” und die “Süddeutsche”. Offenbar stört sie der ehrgeizige Zeitplan für die Bankenunion und der Plan, ein Eurozonen-Budget sowie eine Art Arbeitslosen-Versicherung zu schaffen. Dabei kann Merkel schon jetzt wichtige Erfolge verbuchen: In der Gipfel-Vorlage tauchen Eurobonds nicht mehr auf.

Wo sind bloß die Eurobonds geblieben? Viele Journalisten und EU-Experten rieben sich verwundert die Augen, als sie die jüngsten Entwürfe von Ratspräsident Van Rompuy für den EU-Gipfel nächste Woche lasen. Detailliert listet der Belgier die nächsten Etappen der EU-Reform auf, manche Schritte – wie die umstrittenen Zahlungen von Bankhilfen aus dem Euro-Rettungsschirm ESM – sind sogar mit Datum versehen (im März 2013 soll es so weit sein).

Doch die Gemeinschaftsanleihen sind verschwunden. Kein Wort, kein Datum, nicht einmal ein vager Zeithorizont. Dabei hatte sich EU-Kommissionspräsident Barroso noch letzte Woche für Eurobonds ausgesprochen. Das Europaparlament fordert einen Schuldentilgungsfonds, viele Experten wünschen sich kurz laufende Gemeinschaftsanleihen, sogenannte Euro-Bills.

Schließlich geht es bei der Reform um die Schaffung einer “echten” Währungsunion. Und dürfen gemeinsame Schuldtitel eigentlich nicht fehlen. Oder kann man sich die USA ohne T-Bilis vorstellen? Oder die Bundesrepublik – die bekanntlich eine Föderation ist – ohne Bundesanleihen?

Doch Van Rompuy fasst das heiße Eisen nicht mehr an – oder höchstens mit der Pinzette, so wie hier:

A euro area fiscal capacity could indeed offer an appropriate basis for common debt issuance without resorting to the mutualisation of sovereign debt. The question of applying a fiscal golden rule, such as the balanced budget rule enshrined in both the Stability and Growth Pact and the Treaty on Stability, Coordination and Governance, to this fiscal capacity should then be explored.

Was heißt das? Erstens: Es soll keine Vergemeinschaftung von Staatsschulden geben. Zweitens: Man könnte ein Eurozonen-Budget schaffen, das nun “Euro area fiscal capacity” heißt. Und dieses könnte gemeinsame Schuldscheine ausgeben. So ähnlich macht es ja schon der Rettungsschirm EFSF, der auch Anleihen begibt.

Ist dies der Einstieg in Eurobonds durch die Hintertür? Ich glaube nicht. Eher schon eine Beerdigung erster Klasse. Denn das Geld aus dem Euro-Budget soll keine Transferunion begründen. Es soll nur fließen, wenn die Empfänger strikte “Reformverträge” mit der EU abgeschlossen haben (siehe dazu “Reformen nach Plan”) – und auch dann nur solange, wie sie in einer Notlage sind.

Im Prinzip ist dies nichts anderes, als das, was schon jetzt mit den Krisenländern geschieht. Das Ziel der Eurobonds dagegen, die Risikoprämien für Krisenländer zu drücken und einen hochliquiden Markt zu schaffen, von dem die gesamte Eurozone profitiert, wird so nicht erreicht. Die Länder müssen immer noch allein mit den Märkten um Geld ringen – und nicht gemeinsam, wie bei Gemeinschaftsanleihen.

Derweil schafft Merkel Deutschlandbonds

Van Rompuy ist wieder einmal weit auf Merkel zugegangen. Und das ausgerechnet in dem Moment, da die Kanzlerin Deutschlandbonds schafft, die klammen Länder wie Bremen helfen sollen. Die folgen demselben Prinzip wie Eurobonds – und werden rechtzeitig zum Bundestagswahljahr 2013 eingeführt, als Preis für die Zustimmung der Länder zum Fiskalpakt. Ein Schelm, wer sich Böses dabei denkt…

Man darf gespannt sein, wie Frankreich, Italien und Spanien auf seinen Vorschlag reagieren. Frankreichs Präsident Hollande hatte die Eurobonds erst im Juni wieder auf die Brüsseler Tagesordnung gesetzt. Wenn er diese Vorlage schluckt,  dann sind die Gemeinschaftsanleihen tot, und zwar mausetot…