Was passiert, wenn Schengen scheitert?

Es ist die ultimative Drohung: Wenn die EU-Staaten nicht endlich mitziehen, könnte Deutschland dem Schengen-System der Reisefreiheit den Garaus machen, heißt es in Berlin. Wie könnte das aussehen, was passiert dann?

Die Entscheidung kommt plötzlich, aber nicht unerwartet. Schon Mitte Januar hatte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker heimlich Order gegeben, Verstärkung an die Nordgrenze Griechenlands zu Mazedonien zu schicken.

Scheinbar über Nacht stehen nun Polizisten, Grenzschützer und Baumaterial aus mehreren EU-Ländern bereit, um die Weiterreise der Flüchtlinge über die Balkanroute zu verhindern. Die Menschen werden nur noch tröpfchenweise durchgelassen, nach Absprache mit den deutschen Behörden.

Kurz darauf gibt auch Wien den Befehl zur Abschottung. Man bewege sich gefährlich schnell auf die nationale „Obergrenze“ von Migranten zu, teilt Innenministerin Johanna Mikl-Leitner mit. „Wir sind gerade dabei zu kippen“, hatte sie schon bei einem Treffen der EU-Innenminister Mitte Januar in Amsterdam gewarnt.

Nun ist der Fall da, Österreich macht die Schotten dicht. Kanzlerin Angela Merkel zögert zwar noch ein paar Tage. Doch unter Druck der CSU und nach Rücksprache mit Juncker kündigt auch sie die Schließung der deutsch-österreichischen Grenze an.

Man können sich keinen Alleingang leisten und fürchte einen panikartigen Ansturm von Flüchtlingen, verkündet Innenminister Thomas de Maizière.

Berlin löst eine Kettenreaktion aus

Damit ist der Bann gebrochen. „Wenn Deutschland es macht, dann machen es alle, dann gibt es eine Kettenreaktion“, hatte die grüne Europaabgeordnete und Flüchtlingspolitikerin Ska Keller gewarnt.

Und genauso kommt es. Frankreich schottet die gesamte Ostgrenze ab – aus Sorge, dass sich die Routen nun nach Westen verlagern.

Dann folgen Italien und die Benelux-Staaten. „Dies ist ein bitterer Schlag für das Europa der Bürger“, klagt Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. „Das wirft uns um 30 Jahre zurück“.

Im Ruhrgebiet gehen Ersatzteile aus

Das kleine Großherzogtum ist auf die Berufspendler aus Frankreich und Belgien angewiesen, die Autos stehen im Stau, der Verkehr bricht zusammen.

Auch in Belgien geht nichts mehr. Dort gibt es schon an normalen Tagen 350 Kilometer Stau, nun sind die Autobahnen nach Frankreich und in die Niederlande dicht.

Europas größter Hafen in Rotterdam steht vor dem Kollaps, im Ruhrgebiet gehen bald die Ersatzteile aus. Es herrscht Chaos, der EU-Binnenmarkt bricht teilweise zusammen.

(Fortsetzung folgt)