Griechenland ist abgebrannt
Kein Merkel, kein Schäuble, kein Juncker: In der Urlaubszeit hat Griechenland eine Auszeit von seinen Aufsehern genommen. Die Griechen haben andere Sorgen – auch sie sollten die EU beschäftigen.
Die Waldbrände und die Austerität. Auch in diesem Sommer gab es schwere Waldbrände bei Athen, auf dem Peloponnes und auf einigen Inseln. Zeitweise waren sie außer Kontrolle, die Regierung in Athen musste die EU um Hilfe rufen. Der Hintergrund: Wegen der Sparmaßnahmen sind die eigenen Löschflugzeuge hoffnungslos veraltet. Da bekommt der neue Slogan „Ein EUropa, das schützt“ eine ganz neue Dimension, nicht wahr?
Die türkischen Provokationen. An die Verletzung des griechischen Luftraum durch die türkische Armee hat man sich längst gewöhnt. Doch nun kam eine neue Provokation aus Ankara: Außenminister Cavusoglu behauptet, es gebe keine anerkannte Seegrenze in der Ägäis. Der Vertrag von Lausanne habe keine Wirkung, sagte er vor dem Parlament. Für Athen war das eine „extreme“ Provokation. Doch Brüssel hört weg und schweigt.
Die Lage der Flüchtlinge. Hierzulande hört man kaum davon, doch in Athen macht man sich Sorgen über die wachsende Zahl von Flüchtlingen, die über die Ägäis aus der Türkei kommen. Denn die Lage in den Camps auf Lesbos und andern Inseln ist miserabel, die UN warnt vor wachsenden Spannungen. Da passt es wie die Faust aufs Auge, dass die EU wieder Asylbewerber aus Schland nach Griechenland „rückführen“ möchte…
Ein „positives Narrativ“. Nach Jahren der Krise sucht Premier Tsipras ein „positives Narrativ“, um seine Bürger wieder optimistisch zu stimmen (und die Wiederwahl zu sichern). Dabei setzt er auf Frankreichs Macron, der im September nach Athen kommt. Dennoch dürfte die Schönfärberei schwer fallen. Denn die Gläubiger verlangen, dass Athen im September 66 von 113 „prior actions“ durchsetzen muss. 66 Prioritäten – irre!
Der griechische Joghurt. Das Landwirtschaftsministerium hat eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die versuchen soll, den Produktnamen „griechischer Joghurt“ als geographische Ursprungsbezeichnung schützen zu lassen. Bisher kommt der „griechische“ Joghurt oft aus anderen EU-Ländern; in den Supermärkten findet man vor allem die deutsche Marke „Ehrmann“. Die EU-Kommission unterstützt Athen, immerhin!
P.S. Dieser Artikel ist inspiriert von meinem Urlaub auf Kreta 🙂 Mehr zu Griechenland hier
Anonymous
24. August 2017 @ 17:34
Ja, der Titel ist wirklich sehr passend, angesichts der katastrophalen Lage in meinem Urlaubsland Nummer 1: Hellas! ❤
Die Austeritätspolitik schadet ganz Europa!
Minotauros
18. September 2017 @ 11:18
Vielleicht löst ja doch Theseus den derzeitigen Alkibiades im Kronprinzenpalais ab und macht der EU Angst, den Regierungssitz nach Tauris zu verlegen. Das würde Griechenland vermutlich am meisten helfen und Brüssel am meisten vom Weghören abbringen.
Rudi Ehm
23. August 2017 @ 08:44
Natürlich hört Brüssel weg und schweigt, wenn es um die Grenzen geht (Hier Griechenland). Wie wir alle gelernt haben, können Grenzen nicht geschützt werden. Also, „was wollen“ Griechenland? Die Griechen werden das Problem alleine lösen müssen. Von den Sockenbüglern in Brüssel dürfen sie da nichts erwarten.
Reinard Schmitz
23. August 2017 @ 09:05
Soooo einfach ist das nicht. Die ägäisgrenze ist aussengrenze der EU. Und da wir erwarten können, dass die Türkei die NATO verlassen wird, wenn sich nichts tiefgreifend zum Besseren verändert, auch NATO-Grenze. Muss ich das weitervausführen?
Peter Nemschak
23. August 2017 @ 09:55
Wer sagt, dass die Türkei die NATO verlassen wird? Selbst wenn, hält sie derzeit den Flüchtlingsstrom auf. Im übrigen gibt es Überlegungen, Ländern wie Griechenland den Zutritt zu europäischen Geldern für konjunkturbelebende Investitionen zu erleichtern, vorausgesetzt, dass die EU die Kontrolle über deren Verwendung zumindest teilweise behält. Bedingungsloser Zugang zu billigem Geld (Eurozinsen nach Beitritt zur Eurozone), hat sich, wie Griechenland bewiesen hat, nicht bewährt. Ohne eine proaktive Afrikapolitik der EU wird sich an den Migrationsströmen, die sich mittlerweile nach Libyen verlagert haben, nichts ändern. Griechenland ist in diesem Zusammenhang nur ein kleiner Stein am Brett. Die von den Mitgliedsländern zugesagten 44 Milliarden Euro sind, wie Juncker unlängst angemahnt hat, bisher nicht geflossen. Die EU wird gerne für Dinge verantwortlich gemacht, die Versäumnisse der Nationalstaaten sind.
Reinard Schmitz
23. August 2017 @ 07:01
Sie haben die Parkplatzsorgen in den touristischen Zentren vergessen…
Nein, im Ernst: Das offensichtliche Auseinanderfallen, die Hilflosigkeit, so es keine Absicht ist, mit der die EU zur Lächerlichkeit wird, sowohl gegenüber der Türkei als natürlich auch gegenüber den USA, ist derart erschreckend, dass man als sehender Teilnehmer und Insasse verrückt werden könnte. Zornig ohnehin.
Ob allerdings ein Schritt auf Russland zu nicht bereits zu spät wäre?