Was gegen eine Pleite spricht

Steuert Zypern auf eine ungeordnete Pleite zu? Die offiziellen Verlautbarungen erwecken diesen Eindruck. Die Regierung in Nikosia müsse 5,8 oder sogar 7 Mrd. Euro finden, heißt es in Berlin und Brüssel. Doch in Wahrheit suchen alle Beteiligten einen Ausweg – der „Plan B“ liegt auch in deutschem Interesse.

Noch am Samstag hatten die Euro“retter“ unverhohlen gedroht, Zypern kurzerhand Pleite gehen zu lassen, falls es die Auflagen der Eurogruppe nicht auf Punkt und Komma umsetzen würde.

Und nun? Nichts! Obwohl ein zentraler Teil des Spar- und Reformdiktats gescheitert ist, macht die Eurogruppe weiter wie zuvor.

Er „nehme Kenntnis“ von der Ablehnung der Zwangsabgabe und „bekräftige“ die „Bereitschaft, Zypern in seinen Reformbemühungen zu unterstützen“, teilte Eurogruppenchef Dijsselbloem lapidar mit.

Gleichzeitig ließ die Europäische Zentralbank wissen, dass sie die beiden großen zyprischen Banken vorerst weiter finanzieren werde, um sie vor der Zahlungsunfähigkeit zu retten.

Die Drohung, den Geldhahn zuzudrehen, ist vom Tisch. Zumindest bis kommenden Montag werde man noch zahlen, teilte die EZB heute mit. Selbst in Berlin ist der Ton plötzlich konzilianter geworden.

Denn im Ernst kann niemand wollen, dass sich Zypern nun in Russlands Arme wirft. Damit wären alle außen- und energiepolitischen Ambitionen der EU auf Jahrzehnte zunichte gemacht.

Wenn die zyprischen Gasfelder in die Hand von Gazprom gelangen, kann Europa seinen Traum von der energiepolitischen Autonomie endgültig vergessen. Wir hätten uns vor aller Welt lächerlich gemacht.

Genauso kann niemand eine ungeordnete Pleite wollen. Schon gar nicht Berlin – denn deutsche Banken stehen mit fast 6 Mrd. Euro auf Zypern besonders tief in der Kreide. Stärker exponiert ist nur Griechenland.

Und Deutschland trägt eine besondere Mitverantwortung für die Krise. Schließlich war es Schäuble, der die Rettung monatelang verschleppte. Wenn sie jetzt scheitert, wird man ihm die Schuld in die Schuhe schieben.

Man wird sich also zusammenraufen müssen. Wenn es gut läuft, könnte am Ende zum ersten Mal ein wirklicher Kompromiss stehen – also kein Diktat aus Brüssel, sondern ein Paket, das ordentlich durchverhandelt wurde.

Dies hätte eine nicht zu unterschätzende Signalwirkung für die anderen Krisenländer. Seht her, die Eurogruppe lässt ja doch mit sich reden, wäre die erfreuliche Botschaft.

Und wenn es schlecht läuft? Wenn die Zyprer versuchen, die Euro“retter“ zu erpressen – oder wenn sich Berlin stur stellt und jeden Kompromiss verhindert? Dann sieht es düster aus um die Zukunft der Gemeinschaftswährung.

Dann könnte es doch noch zum großen Knall kommen – und das ausgerechnet kurz vor der Bundestagswahl. Diese finstere Aussicht ist aber schon wieder Grund genug, doch noch einen Ausweg zu suchen – nicht wahr, Herr Schäuble?

Dies ist die gekürzte Fassung eines Beitrags für Cicero online. Das Original steht hier. Siehe zu diesem Thema auch „Der zyprische Knoten“.