Was fehlt: Die EU-Strafe für geistige Defizite
Nach der erfolgreichen Nicht-Anwendung des nicht anwendbaren, weil dummen Stabilitätspakts für den Euro wird eine neue Reform fällig: Ein Strafverfahren für geistige Defizite!
Auf dem Höhepunkt der Eurokrise hatten deutsche Politiker eine geniale Idee: Künftig müssten „Defizitsünder“ hart bestraft werden – mit Geldstrafen, die das Defizit weiter in die Höhe treiben!
Dafür waren nicht nur die üblichen Verdächtigen wie Finanzminister Schäuble, sondern auch sozialdemokratische und grüne „Experten“. Flugs erfanden Sie den „Six-Pack“, der die Strafen einführte.
Nun zeigt sich, dass die Sanktionen nicht umsetzbar sind. Denn Spanien und Portugal wie geplant hohe Geldstrafen aufzubrummen, würde nicht nur das Defizit in die Höhe treiben.
Es würde auch die wirtschaftliche Erholung gefährden und die politische Krise, die Spanien seit Monaten lähmt, verschärfen. Die Reform gehört daher auf den Müllhaufen der Geschichte.
Um den deutschen Ordnungspolitikern Rechnung zu tragen, schlage ich stattdessen eine neue Strafe für geistige Defizite vor – für die Erfinder schwachsinniger Reformen. Zu zahlen an die Defizitländer.
So kommt ganz schnell ganz viel Geld in die Kassen des Südens, die dummen Nordlichter werden endlich mal bestraft, die Defizite abgebaut. Ist das nicht eine geniale Idee?
Ach nee, war nur ein Witz…
Peter Nemschak
29. Juli 2016 @ 15:47
@Der Dicke Geben Sie mir ihr Vermögen, um meine Schulden zu vernichten. Warum haben die meisten Menschen lieber Vermögen als Schulden, wenn am Ende doch Null herauskommt?
alex
29. Juli 2016 @ 17:28
@Nemschak: Sie haben da eine WIssenslücke. Googeln sie mal unter „Volkswirtschaftliche Saldenmechanik“. Hatte man vor 30 Jahren noch an allen Unis gelehrt, mittlerweile immer stärker beachtet (US/UK). Im Kern geht es um allg. gültige trivialarithmetische Erkenntnise der Vorkswirtschaftslehre. Man sollte es m.M.n. als Grundschulfach einführen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Saldenmechanik
Skyjumper
29. Juli 2016 @ 20:44
@ Alex: Njein. Zum einen widerspricht die Saldenmechanik ganz sicher nicht der Aussage von @Peter Nemschak, nämlich dass die überwältigende Mehrheit der Menschen nun einmal lieber der Seite der Gleichung zugehören die das Vermögen aufweist.
Zum anderen ist die Saldenmechanik nach meinem Dafürhalten auch nur bedingt geeignet Volkswirtschaftliche Zusammenhänge zu erläutern. Dazu ist sie auch nicht gedacht. Die Saldenmechanik würde entwickelt um buchhalterische Zusammenhänge abzubilden, bzw. zu erklären. Die Saldenmechanik lässt aber regelmässig die Lebenswirklichkeit ausser acht. In den Bilanzen die z.B. von Unternehmen erstellt werden, wird beispielsweise versucht den Einfluß der Lebenswirklichkeit durch Korrekturfaktoren einfliessen zu lassen. Die Wertberichtigungen. Dies ist der Saldenmechanik im Grunde fremd da ihr Kern das Kredit-, bzw. Geldwesen ist. Aus diesem Grund ist die Anwendung der Saldenmechanik auf die Volkswirtschaft auch nicht allgemeingültig anerkannt. Wohlgemerkt: Ich möchte die Saldenmechanik hier nicht als solche kritisieren, sie ist ein wunderbar scharfes und präzises Werkzeug. Aber wie jedes Werkzeug bringt sie die überzeugensten Ergebnisse in den Bereichen für die es geschaffen wurde.
Am populärsten (und noch über die materielle Ebene hinausgehend) ist in diesem Zusammenhang vielleicht die diskutierte Frage ob das klassische BIP geeignet ist den Zufriedenheit/Zustand einer Gesellschaft abzubilden. Oder ob dazu nicht auch andere Faktoren gehören.
alex
30. Juli 2016 @ 09:26
@Skyjumper
„dass die überwältigende Mehrheit der Menschen nun einmal lieber der Seite der Gleichung zugehören die das Vermögen aufweist“.
Die Saldenmechanik bezieht sich im wesentlichen auf die (Finanzierungs)Salden der 5 Wirtschaftssektoren (die sich in der Tat immer auf Null addieren müssen) und eben nicht auf das „Benehmen“ einzelwirtschaftlicher Subjekte (Unternehmen, Schwäbische Hausfrau), welche sie als Gegenargument heranziehen. Wie jede bilanzielle Betrachtung ermöglicht sie nur eine „post festum“ Analyse der Summe von (Netto)Vermögensbildung bzw. Finanzströmen und kann dann erst – aufgrund zwingender gegenseitiger Abhängigkeiten der Sektoren – Handlungsempfehlungen für die makroekonomische Lenkung (Wirtschaftspolitik) ableiten. Nicht mehr und nicht weniger.
alex
CHS
28. Juli 2016 @ 20:24
Oooohh, Herr Nemschak schwadroniert über „ökonomische Gesetze“, die er eindeutig nicht verstanden hat. Das Ignorieren von makroökonomischen Gesetzen seit ca. 40 Jahren hat uns doch erst in die Dauerkrise gebracht. Es geht um die völlig weltfremde Anwendung der sog. neoklassischen Wirtschaftstheorie. Übrigens: Herr Sinn ist kein führender Ökonom. Friedrich August von Hayek, Milton Friedman und Co. gehen in Ihrer Wirtschaftstheorie von in der Realität unhaltbaren Annahmen aus. Ich empfehle Herrn Nemschak zum Einstieg dringendst die Lektüre von Ulrike Herrmanns „Der Sieg des Kapitals“. Wenn man über Wirtschaftstheorien debattieren möchte, sollte man erst einmal verstanden haben, wie der Kapitalismus funktioniert.
Peter Nemschak
29. Juli 2016 @ 15:49
Kapitalismus funktioniert offenbar so gut, dass er nicht umzubringen ist. Alternative Ansätze haben sich bisher nicht wirklich dauerhaft bewährt. Solange es Menschen gibt, braucht man sich um den Kapitalismus keine Sorgen machen.
Reinard
28. Juli 2016 @ 16:49
Der Vorschlag geht nun garnicht. Denn es träfe wieder den Steuerzahler.
ebo
28. Juli 2016 @ 18:53
Doch dumme Steuerzahler muss man bestrafen
Pjotr56
28. Juli 2016 @ 14:41
Vielleicht hilft das aus der Misere:
Die Welt als Ganzes hat keine Schulden
http://acemaxx-analytics-dispinar.blogspot.de/2016/07/die-welt-als-ganzes-hat-keine-schulden.html
ebo
28. Juli 2016 @ 15:13
Logisch, den meist öffentlichen Schulden steht Vermögen gegenüber, auch in Ländern wie Italien, Spanien oder Portugal!
Peter Nemschak
28. Juli 2016 @ 17:17
Bedient werden die Schulden, so ferne sie nicht umgeschuldet werden, nicht aus dem Vermögen sondern den Erträgen, .d.h. der jährlichen Wirtschaftsleistung eines Landes.
DerDicke
28. Juli 2016 @ 19:20
Herr Nemschak,
die Summe ist immer 0, da wir nicht bei den Marsmenschen verschuldet sind und bei diesen auch kein Guthaben besitzen.
Wird umgeschuldet hat man die Schulden eben bei jemand anderem, während dieser das Vermögen besitzt. Beim ursprünglichen Gläubiger werden Forderungen beglichen (Vermögen steigt, Forderungen sinken).
Bezahle ich Schulden aus Vermögen wird meines kleiner (gleichzeitig auch meine Schulden), das meines Gegenüber größer (und seine Forderungen kleiner).
Bezahle ich Schulden aus meinen Erträgen wird ebenfalls mein Vermögen kleiner (da die Erträge im Moment des Entstehens erst mal Vermögen sind), gleichzeitig sinken meine Schulden usw.
Darauf baut alles auf. Wenn man die „jährliche Wirtschaftsleistung eines Landes“ in ihre Mikrotransaktionen aufteilt kommt man (weltweit) auch auf 0. Die Summe aller Im- und Exporte weltweit ist 0.
Daher muss sich zwangsläufig jemand verschulden wenn ein anderer Vermögen aufbauen will. Früher haben der Staat und die Firmen in Deutschland diese Aufgabe übernommen, die wollen nicht mehr also muss das Ausland herhalten. Wer Schulden abbaut muss auch Vermögen vernichten,
Skyjumper
28. Juli 2016 @ 21:27
@ DerDicke
„Wer Schulden abbaut muss auch Vermögen vernichten,“
Nein. Eigentlich nicht, bzw. sollte es eigentlich nicht so sein. Denn wie Sie vorher so schön ausgeführt hatten:
„Beim ursprünglichen Gläubiger werden Forderungen beglichen (Vermögen steigt, Forderungen sinken).“
SO sollte es sein. Dann würde beim Abbau von Schulden auch kein Vermögen vernichtet. Das Sie leider dennoch Recht haben liegt daran das wir in einem theoretisch gedeckten Schuldgeldsystem leben das im Laufe der Jahrzehnte seine Deckung deutlichst überschritten hat. Auf die begrifflichen Ungenauigkeiten in Ihrem Beitrag gehe ich mal nicht näher ein, da sie für das Verständnis und Ihre Aussage nicht wirklich relevant sind.
Die Welt ist überschuldet. Und zwar massiv. Um heute nach der Auflösung aller Mikrotransaktionen wieder auf Null zu kommen ist es daher tatsächlich erforderlich Vermögen im riesigen Maßstab zu vernichten.
Diese Vermögensvernichtung können Sie schnell machen (=Crash), oder langsam (=Inflation). Wenn Sie sich die Bemühungen von Politik und ZB’s ansehen, was glauben Sie wozu man gerade tendiert? Und was glauben Sie wer IMMER der Leidtragende sein wird?
Skyjumper
28. Juli 2016 @ 16:17
@ ebo
Das WAR mal zu 100 % logisch, stimmt aber immer weniger. Selbstverständlich gibt es nach wie vor Vermögen. Darüber gibt es ja hinreichend Aufstellungen. Aber einem immer größer werdenen Anteil der öffentlichen Schulden steht die EZB als Gläubiger gegenüber, und da paßt die alte Binsenweisheit das jedem Euro Schulden ein Euro Guthaben gegenübersteht nicht mehr so ganz. Zugegeben, so ganz platt kann man das nicht sagen, aber da lauert eine größer werdende Gefahr.
Mal ganz davon abgesehen dass der Buchwert eines Vermögens im Fall der Heranziehung nicht mehr viel mit dem „echten“ Wert zu tun hätte, sondern schneller zusammenschmelzen würde als ein Schnellball zu Mittag am Äquator.
Peter Nemschak
28. Juli 2016 @ 11:52
Ein praktischer Vorschlag: die Regeln für den Euro reformieren und eine Austrittsmöglichkeit für jene eröffnen, die sich den Regeln des Stabilitätspakts nicht anpassen können oder wollen. Bekannte Ökonomen haben dies seit langem vorgeschlagen, sind aber bisher auf taube Ohren gestoßen. Auch Länder, welche der Eurozone nicht angehören, können sich nicht unbegrenzt verschulden. Was für die einen der Stabilitätspakt, ist für die anderen die Disziplinierung durch die Finanzmärkte. Ob das einen großen Unterschied machen würde?
Skyjumper
28. Juli 2016 @ 21:09
Reformieren klingt immer sehr fortschrittlich. Ganz nach dem Prinzip den die Politik eh immer verfolgt: „Wenn du nicht mehr weiter weißt……..bilde einen Arbeitskreis“
Nur was sollte die Reform bringen? In der EU wird ständig reformiert, werden ständig Regeln und Pakte und Verträge erarbeitet und beschlossen. Danach erfolgt die Umstrukturierung der Restrukturierung. Und wenn es dann soweit ist (siehe Spanien, Portugal) werden sie nicht angewendet weil es irgendjemanden aus irgendeinem Grund gerade nicht opportun erscheint. Auch was Polen anbelangt wird man am Ende viel Gebellt haben. Das man indes auch zubeißt ist nicht zu erwarten. Oder hat man in letzter Zeit etwa etwas von Sanktionen gegen Ungarn gehört?
Da kann man sich den ganzen Aufwand vorher auch sparen. Vielleicht würde das sogar ein paar nichtsnutzige Steuergeldschmarotzer in Brüssel einsparen. Wobei ich da nicht wirklich dran glaube. Es würde dann wahrscheinlich eine Kommission zur Verwaltung und der Kontrolle der Nicht-Pakte aufgebaut werden.
Regeln oder reformierte Regeln: Wenn man sich nicht dran hält ist beides für die Tonne.
Skyjumper
28. Juli 2016 @ 11:38
„Es würde auch die wirtschaftliche Erholung gefährden und die politische Krise, die Spanien seit Monaten lähmt, verschärfen. Die Reform gehört daher auf den Müllhaufen der Geschichte.“
Ich weiß nicht ob diese Betrachtung nicht ein wenig kurz gesprungen ist. Sicher: Die schlaffe wirtschaftliche Erholung würde gefährdet, und Politisch würde sich die Krise in Portugal und Spanien verschärfen noch bevor Frankreich es geschafft hätte den Vorsprung der beiden in dieser Beziehung aufzuholen.
Aber gehört die „Reform“ deswegen auf den Müllhaufen der Geschichte? Eine „Reform“ die eigentlich nichts anderes widerspiegelt als das was man bereits am Anfang des Euro in den Maastricht-Verträgen beschlossen hatte? Natürlich kann man Stabilität und Co. beerdigen, man hat es ja eigentlich bereits getan. Aber dann bitte nicht wundern wenn die sogenannten Rechtsparteien in den nördlicheren Ländern weiteren Zulauf erhalten. Die EU knallt dann eben nicht aus Süden, sondern aus Richtung Norden zusammen. Mir wäre das eine so Recht wie das andere.
Worauf ich allerdings Wert legen würde wäre eine Aufgabe der Scheinheiligkeit und Doppelmoral. Polen oder die Türkei angreifen wegen Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit? Oder sich über Ungarn echauffieren? Bitte nicht mehr!
Rechtsstaatlichkeit innerhalb der EU ist etwas das man bestenfalls noch im Museum oder im Geschichtsbuch findet. Da ist man ja mit einer Diktatur schon fast besser bedient als Bürger. Dann weiß man wenigstens zuverlässig was man hat (bzw. nicht hat).
paul7rear
28. Juli 2016 @ 10:53
@ebo
Noch besser wäre es wenn Wolfgang Schäuble als „Essen auf Rädern“ zur Armenspeisung herangezogen und das Angela als die Ikone der „marktkonformen Demokratie“ die Weihen des Abschieds empfangen würde.
Träume sind Schäume, ich weiß!
Peter Nemschak
28. Juli 2016 @ 11:54
Jene, welche die „marktkonforme Demokratie“ kritisieren, seien daran erinnert, dass man ökonomische Gesetze auf Dauer nicht ungestraft ignorieren kann. Das hat nicht einmal der reale Sozialismus geschafft.
Pjotr56
28. Juli 2016 @ 12:24
Wie jetzt, Schäuble als Auslieferungsfahrer für 1 €/Stunde oder … ? Egal, gute Idee! Das Merkel muss vom Hof gejagt werden! Weihen? Wofür?