Was die EU jetzt tun sollte (aber tunlichst vermeidet)
Wenn nicht alles täuscht, schiebt der Krisengipfel von Bratislava alle Entscheidungen auf. Erst Ende März, zum 60. Jahrestag der Römischen Verträge, sind Reformen geplant. Zu spät – und am Thema vorbei.
Denn Kanzlerin Merkel und die anderen EU-Chefs müssten erstmal aufarbeiten, was eigentlich schief gegangen ist. Das hieße, sich an die eigene Nase zu fassen – gerade bei der Migration.
Darüber hinaus gilt es jetzt, drei strategische Fragen zu klären, die der Brexit, aber auch der seit Sommer 2015 dräuende Grexit, aufwerfen. Hier meine alternative Agenda:
- Nötig wäre ein geordnetes Austritts-Verfahren für Länder die die EU und/oder den Euro verlassen wollen. Artikel 50 der EU-Verträge ist schwammig, für den Euro-Exit gibt es gar keine Regeln.
- Wichtig wäre auch eine gemeinsame Verhandlungs-Strategie für den Brexit. Die EU lässt sie bisher vermissen – stattdessen arbeiten Kommission und Rat neben- und gegeneinander.
- Für die Zukunft braucht die EU einen neuen Ordnungsrahmen, der Nichtmitglieder wie UK, Schweiz, die Türkei oder auch die Ukraine einschließt. Europa ist mehr als die EU, so what?
Darüber hinaus sollten die Chefs endlich ‘mal ihr Verhältnis zu Volksabstimmungen und anderen demokratischen Entscheidungen klären – auch wenn diese dem offiziellen EU-Kurs widersprechen.
Bisher können sie nicht einmal sagen, wie sie mit dem verlorenen Ukraine-Referendum in den Niederlanden umgehen wollen. Einfach ignorieren? Das kann es wohl nicht sein…
Skyjumper
16. September 2016 @ 21:01
@ ebo
“Europa ist mehr als die EU, so what?”
Ich kann mich da sicherlich täuschen: Aber für mich stellt dieser eine Satz von Ihnen kurz und prägnant dar, warum die EU eigentlich überflüssig ist. Denn Sie haben ja so recht mit dem Satz.
Doch würde es gelingen, was zugegebenerweise sehr schwierig ist, einen Ordnungsrahmen für Europa zu schaffen der NICHT auf einer EU-Mitgliedschaft beruht (indem er Nicht-EU-Staaten einschliesst), dann wird für jedermann sichtbar dass man die EU nicht braucht. Aus eben diesem Grund wird die EU das auch tunlichst vermeiden.
Peter Nemschak
17. September 2016 @ 16:57
Wo sehen Sie geopolitisch die Vorteile von Kleinstaaterei? Wollen Sie, dass Europa zum Spielball der Großmächte wird? Abschotten funktioniert in einer globalisierten Welt noch weniger als früher. Die langen Jahre im Frieden und Wohlstand haben ganz offensichtlich bei vielen Bürgern in Westeuropa den Hang zur selbstzufriedenen Biedermeierlichkeit gefördert.
Peter Nemschak
16. September 2016 @ 14:23
Alles legitime Ansinnen. Zu spät ist es allerdings nie. Better late than never. Referenden, die als Instrument strukturell stimmungsanfällig sind und von Populisten leicht missbraucht werden können, sollte sich die EU und ihre Mitglieder für wirklich fundamentale Angelegenheiten wie beispielsweise den Beitritt neuer Mitglieder aufheben. Handelsabkommen eignen sich dagegen für die Mechanismen der repräsentativen Demokratie.