Warum es nichts nützt
Die EZB wird wie erwartet massenhaft Staatsanleihen ankaufen, um die drohende Deflation in Euroland abzuwenden. Doch die vor allem in Deutschland umstrittene Aktion ist finanziell und zeitlich begrenzt. Auch sonst dürfte sie nicht viel bringen – hier die Gründe.
- Die Offensive kommt zu spät. Die EZB hätte schon 2014 handeln müssen, schreckte jedoch wegen der Europawahl davor zurück („wir machen keine Politik“).
- Die Offensive ist zu schwach. EZB-Chef Draghis müsste einen Schock auslösen („shock and awe“), er gibt nur einen kleinen Stupser – wohl mit Rücksicht auf Deutschland.
- Die Fiskalpolitik spielt nicht mit. Wegen der Spar- und Reformauflagen geht von der Fiskalpolitik in Euroland kein Stimulus aus, bestenfalls ist sie neutral.
- Der Druck auf die Preise geht weiter. Das gilt nicht nur für Öl und Gas, sondern auch für Löhne und Gehälter. Ich sage nur „Strukturreformen“…
- Die Nachfrage fehlt. Selbst wenn die EZB wie erhofft Investitionen auslöst, so dürfte diese vor allem in Immobilien und Anlagen gehen, nicht in neue Jobs.
- Deutschland spielt nicht mit. Mit einer massiven Kampagne hat Berlin der EZB den Wind aus den Segeln genommen. Nun droht eine Renationalisierung der Geldpolitik.
Mit dieser Meinung stehe ich nicht allein. Viele Experten teilen sie. Weiterführende Links gibt’s bei Members only. Dort findet sich auch der Hintergrund-Artikel „Brüssel und die Bazooka“
Helmut Josef Weber
23. Januar 2015 @ 09:36
Vielleicht einmal ein Vergleich.
1,2 Billionen Euro entsprechen etwa 37.200 Tonnen Gold und somit etwa
21% des jeweils auf der Erde gefundenen Goldes.
Das sind etwa 1660 Würfel von1x1x1 Meter.
Viele Grüße
H. L. Weber
Johannes
22. Januar 2015 @ 19:18
„Nun droht eine Renationalisierung der Geldpolitik.“ Jeder haftet für seine Schulden und muss die Suppe auslöffeln die er sich selbst eingebrockt hat? Oh mein Gott, das ist ja demokratisch … SPD und Grüne fangen schon laut an zu heulen.
Stefan
23. Januar 2015 @ 09:24
“Nun droht eine Renationalisierung der Geldpolitik.” Na, das ist ja irgendwie blöd. Da geht ja wohlmöglich der schöne, allein durch Zinsmanipulation und Gelddruckerei am Sterben gehinderte EU-Sozialismus den Bach hinunter. Ne, ne, ne, das kann nicht sein, das darf nicht sein! Den Sozialismus in seinem Lauf, hält nämlich weder Ochs noch Esel auf. Das wusst schon Erich H. ganz genau.
ebo
23. Januar 2015 @ 09:31
@Stefan
Schon mal davon gehört, dass die DM tot ist, und dass das Eurosystem ein föderales ist? Mit Sozialismus hat das nichts zu tun. Übrigens wurden die Regeln der Währungsunion im wesentlichen in Deutschland geschrieben…
Stefan
23. Januar 2015 @ 10:07
@ebo
So war es von D. einmal gedacht. Leider wurde aber im Zuge der Finanzkrise alles anders gemacht als gedacht. Natürlich haben die „schwachen“ EU-Länder ein großes Interesse am EU-Finanz-Sozialismus. Und der wurde mit ESM, Zinsmanipulation und nunmehr unendlicher Gelddruckerei auch zementiert. Andernfalls würde der Laden auf der Stelle auseinanderfliegen. ebo, Sie müssen nicht schauen, wie etwas gedacht war und vereinbart wurde, sondern wie es faktisch gehandhabt wird. Und da werden nuneinmal sämtliche Regeln /Verträge nach Strich und Faden gebrochen.
Ich muss hier natürlich noch etwas klar stellen: Der EU-Sozialismus hat für die EU-Bürger keinerlei Vorteile. Die einen trifft er schon richtig hart, die anderen bekommen die Rechnung auch noch gereicht. Der EU-Sozialismus bedeutet nämlich nichts anderes, als die Herrschaft der Finanz-Mafia. Er kommt allein der Großindustrie sowie der Banken- und Finanzwirtschaft zugute. Der normale Bürger ist der Zahlmeister.
Besonders deutlich wird dies mit dem gestrigen Schritt der EZB, Staatsnleihen zu kaufen: Die Bürger zahlen über Inflation und Entwertung ihrer Sparguthaben. Die Banken und Versicherungen bekommen dagegen frisches Geld und bringen damit ihre Bilanzen in Ordnung.
ebo, das wollen Sie doch nicht wirklich oder?
ebo
23. Januar 2015 @ 10:19
Was denn für eine Inflation? Im Dezember sind die Preise gefallen. Im übrigen steht die Eu nicht für Sozialismus, sondern für Liberalismus, und das von Anfang an. Lesen Sie mal Hayek.
Stefan
23. Januar 2015 @ 10:34
@ebo
In Sachen EU müssen Sie differenzieren: Für Großkonzerne, Banken und Versicherungen steht die EU für Sozialismus (den der Bürger bezahlen soll). Für den Bürger steht sie nicht – wie Sie fälschlicherweise meinen – für Liberalismus, sondern für undemokratische Knechtschaft. Das ist was ganz anderes!
Tim
22. Januar 2015 @ 17:39
Auch mit der schönsten Inflation wird man keinen Maschinenbauer nach Kalabrien locken oder Biotech-Firmen irgendwo nach EU-Europa.
Die EZB sendet nun (erneut) das Signal in die Welt, daß Strukturreformen in Europa nicht zu erwarten sind. Offenbar gibt es noch immer genügend Leute, die glauben, daß Investoren auf die Euro-Zone angewiesen sind.
Ein guter Tag für den Investitionsstandort USA.
ebo
22. Januar 2015 @ 18:05
KLar, deshalb geht ja heute auch der Dax durch die Decke.
Tim
22. Januar 2015 @ 18:12
Der Dax ist kein guter Prädiktor für Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen und war das auch noch nie. Und selbst wenn er es wäre: Dax-Unternehmen sind keinesfalls typisch für die deutsche Wirtschaft.
Aber wie ich ja immer sage: Linke sind besessen von Geldphänomen, daher wohl auch diese Blendung durch Finanzmarkteffekte. 🙂
ebo
22. Januar 2015 @ 18:34
@Tim
Ich bin nicht von Beruf Linker, sondern Journalist. Da gehört die Betrachtung der Märkte zum Handwerk, zumal nach geldpolitischen Entscheidungen. Das solltest Du eigentlich auch wissen.
GS
22. Januar 2015 @ 18:16
Etwas mehr als 1 % plus, durch die Decke ist nun wirklich was anderes. Für steigende Aktienkurse gibt es ja nun auch gute Gründe. Schließlich nehmen ab März die Notenbanken den Banken jede Menge Anleihen ab. Die freiwerdenden Mittel fließen in den Aktienmarkt…
Ich denke übrigens auch, dass das erst der Einstieg in QE war. Der Damm ist gebrochen. Das Programm wird ausgeweitet werden. In Amerika gab es auch mehr als ein QE.
Aber ich bin überzeugt davon, dass sich herausstellen wird, dass die Geldpolitik Europa nicht gesunden lassen wird. An den innereuropäischen Wirtschaftsstrukturen und politökonomischen Rahmenbedingungen ändert sich dadurch gar nicht.
Peter Nemschak
22. Januar 2015 @ 18:28
Mit den Märkten scheinen Sie nicht viel anfangen zu können. Die EZB hat zumindest das, wenn nicht mehr geliefert, was die Investoren erwartet haben. Der Euro wird billiger, was der Exportindustrie helfen sollte. Außerdem werden Aktien in Relation zu Anleihen damit attraktiver. Interessant, dass die Maßnahme der EZB zu 80% nationales und nicht gemeinschaftliches Risiko der Eurozone darstellt, d.h. dass ein erster Schritt zur Vergemeinschaftung der Schulden getan wurde. Im Gegenzug wird Deutschland vermutlich eine härtere Haltung bei den Strukturreformen einnehmen.
DerDicke
23. Januar 2015 @ 09:51
Die EZB kauft Staatsanleihen (auf extrem hohem Niveau, die Zinsen sind oft schon im negativen Bereich!).
Dafür werden frische Euros (0en und 1en im Rechner) erzeugt.
Die Realwirtschaft stagniert.
Wo bitteschön soll also das frische Geld investiert werden, wenn nicht in Aktien? Im Ausblick darauf decken sich die großen Spieler ein um bei der Rallye vorne dabei zu sein. Natürlich steigt der DAX. Aber was hat das mit der Realität zu tun? Das ist pure Zockerei. „Wohin mit dem ganzen Geld“. Aber bloß nicht den „einfachen Leuten“ geben.
Was wäre passiert, wenn die EZB jedem Europäer die 2000 Euro bar in die Hand gedrückt hätte? (Abgesehen davon, dass es in Deutschland auf Hartz4 angerechnet worden wäre, was die Aktion hier sofort unwirksam macht)? 80% hätten es für dringend notwendige Anschaffungen ausgegeben, voilá, Inflation und Konsum.
Peter Nemschak
22. Januar 2015 @ 17:14
Ich bin überzeugt, dass die Professoren Sinn und Feld auch einem stärkeren Liquiditätsschub nichts abgewinnen könnten. Zeigen Sie mir jene Experten, die gegen Strukturreformen sind. Offenbar verbinden Sie mit Strukturreformen bloß Arbeitsmarktreformen, die allerdings nötig aber nicht hinreichend sind. Es ist unbestritten, dass nachhaltige Reallohnsteigerungen vom Produktivitätszuwachs abhängen. Wie dieser verteilt wird, ist eine Frage der Verhandlungsmacht der Gewerkschaften. Durch den globalen Wettbewerb und den technischen Fortschritt ist die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften begrenzt, da es Substitutionsmöglichkeiten für niedrig qualifizierte Arbeit gibt.
Tim
22. Januar 2015 @ 17:43
@ Peter Nemschak
Das ist auch meine Vermutung. Viele Spaßvögel hier denken bei Reformen nur an Sozialkürzungen. Warum z.B. China heute ein so guter Standort für die Hightech-Fertigung ist, wird oft nicht verstanden.
ebo
22. Januar 2015 @ 18:07
Merkel & co. denken bei Reformen nur an Sozialkürzungen, DAS ist das Problem. Mutti vergisst dabei, dass es Deutschland selbst ganz anders gemacht hat, z.B. mit Kurzarbeit statt Massentlassungen wie in Griechenland. Aber da war sie ja auch nicht an der Regierung .-)
Tim
22. Januar 2015 @ 18:17
@ ebo
Richtig, aber hier hat auch noch nie jemand behauptet, Merkel sei eine gute Reformerin. Mutti begreift überhaupt nicht, wie Unternehmer denken. Darum wird sie ja auch von niemandem mehr abgelehnt als von ihrer eigenen CDU-Mittelstandsvereinigung.
Peter Nemschak
22. Januar 2015 @ 16:33
Aber genau so viele Experten teilen sie nicht. Hinsichtlich der Notwendigkeit von Strukturreformen scheinen sich die Experten einig zu sein.
ebo
22. Januar 2015 @ 16:49
So? Von welchen Experten reden Sie?
DerDicke
23. Januar 2015 @ 09:43
NeoCons