Warum die EU zu Clinton hält
Nach dem ersten Fernsehduell scheint sich das Blatt im US-Wahlkampf zugunsten von H. Clinton zu wenden. Dies meinen jedenfalls die Leitmedien von “SZ” bis “FT”. Auch in Brüssel ist man erleichtert – warum eigentlich?
Na ganz einfach: “Trump ist ein Problem für die ganze Welt”, fasste Parlamentspräsident Schulz die vorherrschende Meinung zusammen. Denn der Republikaner sei ein “verantwortlungsloser Mann”.
Okay, das klingt einleuchtend. Was man so von Trumps Imperium hört, spricht tatsächlich nicht für eine verantwortungsbewußte Führung. Aber was bringen Schulz & Co zugunsten Clintons vor?
Sie habe Erfahrung, kenne Europa, so die gängigen Erklärungen. Aber sonst kommt fast – nichts. Bei näherer Betrachtung fällt Clintons “track record” nämlich auch nicht so günstig aus.
Vor allem in der Ukraine-Politik kann Hillary nicht als große Freundin der EU gelten. Sie ist nämlich eng mit V. Nuland verbandelt, die mit ihrer “Fuck the EU”-Politik Furore machte.
Sollte Clinton die nächste US-Präsidentin werden, fürchten manche eine härtere Gangart im Osten – mit Waffenlieferungen für die Ukraine und einem Kalten Krieg gegenüber Russland.
Was sagen Sie denn dazu, Herr Schulz? Wäre das auch “verantwortungslos”, vielleicht sogar gefährlich? Hmm, da müssen wir wohl die nächste Talkshow abwarten…
Siehe zu diesem Thema auch meine aktuelle Umfrage
Reinard
28. September 2016 @ 09:50
Es gibt an beiden keinen noch so kurzen guten Faden, was soll das Abwägen? Aber da die amerikanische Bevölkerung sich in die Zwangslage gebracht hat, nur noch zwischen zwei Übeln wählen zu können, werden wir eben zusehen müssen in unserer Uneinigkeit, wie wir mit linker und rechter (nicht politisch!) Traufe zurecht kommen. Es wird in keinem Fall besser kommen. Das ist wohl das einzige, was man heute schon sagen kann.
Skyjumper
27. September 2016 @ 15:51
Betrachte ich mir die Statements von Frau Clinton zur Aussenpolitik, wie auch die von ihr tatsächlich vertretene aussenpolitische Richtung als Aussenministerin, dann erscheint sie mir vom Bauchgefühl her als das größere Problem für die Welt, speziell aus europäischer Sicht. Natürlich darf man dabei nicht ausser acht lassen das sich Trump zur Aussenpolitik bisher weitaus weniger geäussert hat, bzw. äussern konnte. Das verfälscht die Wahrnehmung.
Clinton erscheint mir als die typische Kriegerin die mit einer Fokussierung auf die “Probleme da draussen” gerne von den inneren Problemen anlenkt. Der (zumindest in den Raum gestellte) Protektionismus/Isolationismus ala Trump könnte sich für die Welt (nicht für Amerika) als das harmlosere Modell erweisen.
Peter Nemschak
27. September 2016 @ 18:53
Das Problem liegt nicht bei den USA sondern bei der politischen Uneinigkeit der EU und ihrer militärischen Schwäche trotz hoher Militärausgaben der Mitgliedsländer. Sowohl Clinton wie Trump würden wie ihre Vorgänger US-Interessen verfolgen, die sich mit europäischen Interessen decken können aber nicht müssen.
derdicke
28. September 2016 @ 06:22
Clinton hat als Außenministerin mitgeholfen den halben nahen Osten in Brand zu stecken. Und wenn es ihr opportun erscheint wird bei einem Konflikt mit Russland auch Europa brennen.
Sie ist also nachweislich der worst Case. Von Trump weiß man es noch nicht, aber seine Aussagen deuten eher in die Richtung, dass er seinen Fokus zurück auf das eigene Land richten will.
Es stände den USA gut zu Gesicht sich zur Abwechslung mal 25 Jahre lang nur um sich selbst zu kümmern und den Rest der Welt einfach in Ruhe zu lassen. Alle Stützpunkte bis auf die bei NATO-Partnern dicht machen. Die NATO wieder zu dem machen, was sie war – ein VERTEIDIGUNGS-Bündnis. Deren östlichstes Land Deutschland ist.
Peter Nemschak
28. September 2016 @ 09:03
Das halte ich für gefährlich, da die EU in ihrem jetzigen Zustand weder politisch noch militärisch in der Lage ist, das durch den strategischen Rückzug der USA in der Region entstehende politische Vakuum zu füllen. Sie überlässt den Gang der Ereignisse in Syrien zwei autokratischen Regimen.
Skyjumper
28. September 2016 @ 14:30
@PeterNemschak
“da die EU in ihrem jetzigen Zustand weder politisch noch militärisch in der Lage ist, das durch den strategischen Rückzug der USA in der Region entstehende politische Vakuum zu füllen.”
Na und? Betrachtet man sich die Entwicklung der geografische Region in den letzten 10-20 Jahren, also mit Einflußnahme seitens USA und EU, kann ich nicht erkennen dass das etwas gutes nach sich gezogen hätte. Ein Rückzug wäre also nicht gerade ein Verlust.
Und wenn Sie, für Syrien, von 2 autokratischen Systemen sprechen, dann ist das in doppelter Hinsicht zu kurz gesprungen. Zum einen darf man Syrien nicht isoliert betrachten, zum anderen sprechen wir nicht über 2, sondern über viele autokratische Regime. Syrien, Saudi-Arabien, Ägypten, Iran, Türkei …… nahezu die gesamte Region besteht nur noch aus autokratischen Regimen. Fasst man den Rahmen weiter sind Russland und die USA auch nur auf dem Papier etwas anderes als autokratische Regime.
Also ja, es wird gefährlich wenn sich die USA zurückziehen und die EU es nicht kompensiert. Aber sicher auch nicht gefährlicher als jetzt.
Peter Nemschak
27. September 2016 @ 15:45
Clinton ist einschätzbarer als Trump. Wegen der Ukraine muss sich die EU nicht fürchten, selbst wenn sich die Spannungen mit Russland verschärfen sollten. Na und? Russland ist ohnedies kein vertrauenswürdiger Partner für den Westen, weder die EU noch die USA. In der Ukraine prallen die Interessen des Westens (EU und USA) auf die von Russland. Die EU will Putin zerstören, für die USA ist er geopolitischer Konkurrent.
ebo
27. September 2016 @ 16:47
@Nemschak Natürlich muss sich die EU wegen der Ukraine fürchten. Wenn der Krieg eskaliert werden noch mehr Flüchtlinge nach Polen und auch Deutschland kommen, die Wirtschaft wird leiden etc pp. Die USA sind weit weg, die machen ihre Geopolitik und Sie klatschen Beifall? Lesen Sie nochmal nach, was Nuland gesagt und wie sie mit der EU umgesprungen ist!