Vorsicht, Legendenbildung!

Die Wahl von Frankreichs Macron hat Kanzlerin Merkel ganz schön alt aussehen lassen. Auch Finanzminister Schäuble ist in die Defensive geraten. Nun schlagen sie zurück – mit Lügen und Legenden.


Besonders dreist geht wie üblich Schäuble vor. Er spendet Macron ein vergiftetes Lob und behauptet, man sei sich bis ins Detail einig, was die nun fälligen Reformen in der Eurozone angeht.

Machbar sei aber nur sein eigener Plan: ein Europäischer Währungsfonds (EWS), behauptet der CDU-Hardliner. Für alles andere wäre eine Vertragsänderung nötig, und dies sei nicht möglich.

Falsch! Viele Reformen, etwa ein Euro-Budget mit Eigenmitteln, sind auch ohne Vertragsänderung möglich. Z.B. durch verstärkte Zusammenarbeit, wie sie bei der geplanten Börsensteuer schon läuft.

Falsch ist auch, dass Macron einen EWS à la Schäuble haben möchte. Denn der würde auch in Frankreichs Staatsbudget hinein regieren. Hier deutet sich schon der erste Machtkampf um den Euro an.

Weniger offensichtlich ist die Legendenbildung im Kanzleramt. Dort heißt es, man sei mit Macron schon seit 2012 im Gespräch und habe sich damals sogar schon auf viele Euro-Reformen geeinigt.

Dass es anders kam, sei einzig und allein die Schuld von Noch-Präsident Hollande, flüstern Merkels Berater. Doch auch das stimmt so nicht. Merkel hatte nämlich einen Plan, der niemandem gefiel.

Sie wollte das Euro-Budget, das damals in der Tat auch in Berlin diskutiert wurde, nämlich an die berühmt-berüchtigten Reformverträge binden. Geld gegen Reformen, das war Merkels Deal.

Doch auch der ist mit dem EU-Vertrag nicht vereinbar. Abgelehnt wurde er übrigens nicht nur von Hollande, sondern auch von Spaniens Premier Rajoy. Niemand wollte Merkels Reformverträge.

Und danach war es die Kanzlerin, die alle Vorstöße zur Euro-Reform blockierte und das deutsche Europa konsolidierte. Doch darüber spricht man in Berlin nicht so gern…