BRICs, PIGS and back again
Kaum dass die Eurokrise beendet scheint, sorgen die Schwellenländer für Turbulenzen an den Weltmärkten. Die “importierten Probleme” könnten sogar den Aufschwung in Deutschland gefährden, schreibt die “SZ”. Dabei kommt die Krise der BRICs nicht aus heiterem Himmel.
Absturz in Argentinien, Krise in Brasilien, Währungsverfall in der Türkei: Gestern schrillten an den Börsen ‘mal wieder die Alarmglocken. Der Dax ging auf Talfahrt.
Diesmal sind es nicht die PIGS, die Krisenländer der Eurozone, sondern die BRICs, die scheinbar ewig aufstrebenden Schwellenländer, die für Unruhe sorgen.
Die “importierten Probleme” könnten den “Aufschwung” in Deutschland gefährden, schreibt die SZ in einer aktuellen Analyse.
Aufschwung? Mit 0,4 Prozent Wachstum erlebte Deutschland 2013 gerade eine Stagnation. Ein Boom sieht anders aus (siehe dazu auch die “Querschüsse”).
Importierte Probleme? Eher war unser Wachstum importiert. Aus China, aus Russland, und eben auch aus Brasilien und der Türkei, wo es jetzt kracht – urplötzlich.
Urplötzlich? Aber nein. Das “Wirtschaftswunder” der BRICs ist genauso von Analysten und Spekulanten herbeigeredet worden wie die Krise der so genannten PIGS.
Nach dem Zusammenbruch der Lehman Brothers brauchten die Märkte wieder Orientierung – und erfanden die BRICs, jenes Acronym, das völlig verschiedene Länder verbindet.
Damit verbunden war die Erwartung (=Spekulation), dass dort Wachstum zu holen wäre. Als negatives Gegenbild dienten die PIGS – dort könnte man das nötige Kapital abziehen.
Während Kanzlerin Merkel immer noch glaubt, Griechenland & Co. würden für hohe Staatsschulden und mangelnde Wettbewerbsfähigkeit “bestraft”, sorgt eine neue, in London und New York ausgeheckte “Story” für neue absurde Entwicklungen.
Nach der Euro-Blase kam die Schwellenländer-Blase. Als die erste platzte, stürzten die PIGS in die Krise. Nun sind die BRICs an der Reihe – und im Gefolge ziehen plötzlich auch die Renditen für Griechenland, Spanien und Italien wieder an.
So geht die Welle der Spekulation von einer Phantasie zur nächsten – von BRICs zu PIGS, einmal um die Welt und wieder zurück. Boom and bust, Blase und Krise, so geht das im globalen Kasino-Kapitalismus.
Und das marktgläubige und weltmarktabhängige Deutschland sieht sich natürlich ‘mal wieder als unschuldiges Opfer. Dabei baut sich bei uns gerade die nächste Blase auf. Wehe, wenn sie platzt…
P.S. Mit den PIGs und den spekulativen Aspekten der Eurokrise habe ich mich schon in meinem E-Book auseinandergesetzt; einen Einblick gibt’s hier
photo credit: Blog do Planalto via photopin cc
fufu
30. Januar 2014 @ 20:21
@Mark, Ihrer Meinung nach, sind denn ueber langere Zeitraeume sehr erfolgreiche Investoren oder Spekulanten, es gibt sie ja, Glueckspilze, oder Hellseher oder Insider ?
Marc
31. Januar 2014 @ 11:02
@fufu
Insider. Sie wissen, wie sie eine irrationale Reaktion des Finanzmarkts provozieren und ihren Profit daraus ziehen können. Sie verstehen quasi die irrationalen Mechanismen des Finanzmarktes am besten.
thewisemansfear
31. Januar 2014 @ 17:34
Der Witz ist doch, dass es im Prinzip nichts “irrationales” ist, was sich da abspielt. Jeder mit Kenntnissen in Sozialpsychologie weiß, welches Verhalten Menschen in verschiedenen Situationen an den Tag legen. Irrational wird das nur für den, der an den marktbestimmenden, “rationalen Agenten” glaubt.
Peter Nemschak
30. Januar 2014 @ 09:33
@ebo Was die BRICS und andere sich entwickelnde Länder gemeinsam haben: sie sind Teil desselben Index. Handeln die Marktteilnehmer rational? Jein. Aus individueller Sicht ist es durchaus rational, aus dem irrationalen Verhalten der anderen Marktteilnehmer Profit schlagen zu wollen. Nur übersieht der Einzelne, dass sein scheinbar rationales Verhalten die Irrationalität der Gruppe verstärkt. Er ist gleichzeitig Subjekt und Objekt und hat im Zeitablauf, im Unterschied zum Naturwissenschaftler, der seine Experimente wiederholen kann, nur einen Versuch frei. Deshalb lässt sich auch die Geschichte nicht vorhersagen. Sehr wohl aber ist sie interpretationsoffen, wie die Beiträge zu Ihrem Blog zeigen. Fazit für mich: langfristig können die Finanzmärkte nicht mehr liefern als die Realwirtschaft.
Marc
30. Januar 2014 @ 15:35
@Peter Nemschak
Meinen Grlückwunsch für ihre treffende Analyse! Noch eine kleine Nachfrage: wie nennen sie Menschen, die in diesen aufgebauschten Irratinalitäten echte Kausalitäten erkennen können? Vielleicht erinnern sie sich, ich nenne sie Gaukler.
thewisemansfear
30. Januar 2014 @ 07:31
Weil es in die Thematik passt, der heutige Beitrag von Flassbeck.
Stellungnahme zu Türkei und carry-trades.