Völlig losgelöst

Rot-Rot-Grün ist die beste Lösung für Europa. Zu diesem überraschenden Ergebnis kommt W. Münchau nach einer Analyse der Wahlprogramme der deutschen Parteien. Doch was schlagen die Parteien im einzelnen vor? Eine Übersicht.

CDU: Die Partei der Kanzlerin verspricht ein entschiedenes „Weiter so“. Keine Eurobonds, keine Transferunion, keine weitere Verlagerung von Kompetenzen nach Brüssel. Aber auch keine Lösung für die Wirtschaftskrise – und kein Wort zum Demokratieproblem. Das wollen die Christdemokraten zur Europawahl nachliefern.

SPD: Die Genossen setzen auf dem Papier – anders als in der Praxis – eigene Akzente. So fordern sie Wachstumsinitiativen und eine europäische Sozialunion. Sie möchten die Banken härter rannehmen und einen Schuldentilgungsfonds gründen. Die EU-Kommission soll zu einer gewählten EU-Regierung ausgebaut werden.

Grüne: Die Grünen setzen dem „Europa der Regierungen“ eine demokratische EU entgegen. Dazu soll das Europaparlament das Recht erhalten, Gesetze einzubringen. Die europäische Bürgerinitiative soll ausgebaut, ein neuer EU-Konvent einberufen werden. Zum Euro bleiben die Grünen dagegen vage. Sie kritisieren den Sparkurs und fordern einen „Green New Deal“.

FDP: Die Liberalen profilieren sich auf Kosten anderer – und hacken auf dem Wahlprogramm der CDU herum. Ihr eigenes „Bürgerprogramm“ enthält dagegen wenig Konkretes. Einerseits sind die Liberalen gegen Eurobonds und EZB-Hilfen für Krisenstaaten, andererseits wollen sie einen „europäischen Bundesstaat“ gründen. Aber nur langfristig…

Linke: Als einzige Partei kehrt die Linke dem aktuellen, „neoliberalen“ EU-Vertrag von Lissabon den Rücken. An seine Stelle soll ein neues, basisdemokratisches Europa treten. Konkret fordern die Genossen eine Bankenabgabe, eine Reichensteuer und eine Vermögensabgabe. Außerdem sollen soziale Mindeststandards eingeführt werden.

Piraten: Mehr Demokratie, auch im Eurorettungsfonds ESM: So lässt sich das Europaprogramm der Piraten zusammenfassen. Sie haben sogar ein eigenes Kapitel zur „Digitalen Agenda“ und fordern Breitbandnetze für alle und die Förderung von Gemeingütern (Commons).

Wenn man diese Programme mit dem vergleicht, was in Brüssel diskutiert wird, dann ist die aktuelle Koalition völlig losgelöst. Vor allem die FDP ist meilenweit von der Debatte der EU-Liberalen entfernt (siehe „Liberale lieben Eurobonds“).

Demgegenüber gehen Linke und Grüne weit über das hinaus, was die EU derzeit kann und will. Eine rot-rot-grüne Koalition würde sich also schnell an den Brüsseler Realitäten stoßen.

Doch die SPD lehnt ein solches Bündnis ohnehin ab. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Deutschland derzeit gar keine Lösung für die Probleme der EU und des Euros bereit hält.

Kein Wunder, schließlich die aktuelle schwarzgelbe Koalition ein entscheidender Teil des Problems. Sie hat Europa erst zu dem gemacht, was es heute ist („Die Zurichtung Europas“)…

Siehe zu diesem Thema auch meine aktuelle Umfrage.

 


Hinweis

Forschungsprojekt zur Bundestagswahl

Die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf ist zurzeit auf der Suche nach Personen, die sich an einer Studie zur Bundestagswahl beteiligen möchten. Uns interessiert vor allem wie die Bürger das Meinungsklima zu Themen und Kandidaten einschätzen. Diese Studie umfasst verschiedene kleinere Befragungen in einem neuntägigen Zeitraum Anfang/Mitte September.

Als kleines Dankeschön verlosen wir unter den Teilnehmern der Studie 10 neue Vaude Radtaschen.

Wenn Sie Interesse haben können Sie unter folgendem Link prüfen, ob sie als Teilnehmer unserer Studie in Frage kommen (kurzer Fragebogen):

Dort erhalten Sie dann alle weiteren Informationen zur Studie. Die Auswertung der Daten erfolgt selbstverständlich anonym. Sollten Sie noch Fragen haben, können Sie sich gerne per E-Mail an den zuständigen wissenschaftlichen Mitarbeiter, Herrn Pablo Porten-Cheé (pablo.porten-chee@phil.uni-duesseldorf.de), wenden.