Verlogene Budget-Debatte (Update)

Der Außenminister bedient die grassierende EU-Skepsis

Die EU-Kommission hat ihren mit Spannung erwarteten Entwurf für das EU-Budget der Jahre 2014 bis 2020 vorgelegt. Wie von den großen EU-Staaten verlangt, sollen die Ausgaben wie bisher bei 1% der Wirtschaftsleistung gedeckelt werden. Allerdings will Brüssel die bisher gültigen Rabatte für Länder wie Großbritannien und Deutschland abschaffen und neue EU-Steuern, darunter auch eine Finanztransaktionssteuer, einführen.

Dies kommt einer kleinen Revolution gleich. Denn bisher hat die Brüsseler Behörde die so genannte Tobin Tax immer abgelehnt oder als nicht durchführbar abgetan. Nun soll sie bis zu 40 % der EU-Beiträge einbringen, die bisher aus den nationalen Budgets der 27 Mitgliedsländer bezahlt wurden. Deutschland und die anderen Nettozahler würden also entlastet; sie müssten künftig weniger Geld nach Brüssel überweisen als bisher.

Dennoch lehnt die Bundesregierung den Vorschlag vehement ab. EU-Kommissionschef Barroso überspanne den Bogen und verlange zuviel Geld, so Außenminister Westerwelle. In Zeiten der Sparpolitik müsse auch Brüssel den Gürtel enger schnallen. Kritik meldete Westerwelle auch an der Finanzsteuer an: diese sei überflüssig, da die EU kein Finanzierungsproblem habe. Ähnlich äußerten sich CDU und CSU.

Doch die deutschen Argumente ziehen nicht, ja sind sind verlogen. Natürlich hat die EU ein Finanzierungsproblem – sie hängt nämlich von nationalen Beiträgen und Anteilen an der Mehrwertsteuer ab. Das führt dazu, dass gerade Deutschland, das entsprechend seiner Größe den größten Part zahlt, ständig einen entsprechenden Rückfluß („juste retour“) einfordert – selbst in Politiken, die eigentlich für schwächere Länder gedacht sind.

Westerwelle geht es also darum, den deutschen Einfluß zu wahren und eine selbstbewusstere EU-Politik zu verhindern. Zudem möchte er den deutschen Rabatt sichern, der genauso unsinnig ist wie der britische. All dies wird dann auch noch mit der Sparpolitik und den Milliardenhilfen für Griechenland & Co. begründet. Dabei werden die Rettungsschirme durch eigens aufgebaute Institute finanziert – mit dem EU-Budget haben sie nichts zu tun.

Herr Westerwelle bedient die grassierende EU-Skepsis, dabei müsste er es eigentlich besser wissen…

 

P.S. Die SPD-Europapabgeordnete J. Haug wirft Westerwelle sogar vor, nicht lesen zu können. Denn im derzeitig gültigen EU-Vertrag von Lissabon sei eindeutig festgelegt, dass sich die EU vollständig aus Eigenmitteln finanzieren soll. Auch seine Kritik an den geplanten Gesamtausgaben sei nicht richtig. “Vielleicht leidet Herr Westerwelle nicht nur an einer Lese- sondern auch an einer Rechenschwäche”, spottet die Haushaltsexpertin.

 

Nachtrag 1.7.11

Staatsminister Hoyer lässt die Katze aus dem Sack: Der EU-Rabatt (den er höflich “Korrekturmechanismus” nennt), sei ein “Hauptanliegen” für Deutschland, sagt der FDP-Mann im Handelsblatt. Ohne Nachlass würde sich die “deutsche Nettozahler-Position erheblich verschlechtern.” Dass sie sich mit neuen EU-Steuern verbessern würde, sagt er nicht! 

 

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