So schafft man EU-Gegner
Wie würde die EU auf eine Unabhängigkeits-Erklärung reagieren? Gar nicht, sollte man meinen, denn Katalonien wird ja nicht anerkannt, Brüssel will nicht einmal mit Barcelona reden. Aber dann kam doch eine Reaktion.
“Für die EU ändert sich nichts”, schrieb Ratspräsident Tusk auf Twitter. “Spanien bleibt unser einziger Gesprächspartner.” Damit stellt sich die EU nochmals hinter Premier Rajoy: Unabhängigkeit? Abgelehnt!
Das war weder nötig noch hilfreich. Denn die Katalanen sind begeisterte EUropäer. Nichts hatten sie sich mehr gewünscht, als dass Brüssel ein gutes Wort für sie einlegen würde. Und nun das! So schafft man EU-Gegner…
Nötig war Tusks Tweet auch nicht. Denn schon beim letzten EU-Gipfel vor einer Woche hatten sich Merkel & Co. hinter Rajoy eingereiht. Sie hatten ihm sogar einen Freibrief für die “Nuklearoption” gegeben.
So nennt man in Brüssel die Auslösung des Artikels 155 der spanischen Verfassung, mit dem die Autonomie einer abtrünnigen Region aufgehoben werden kann. Genau das passiert jetzt.
Dass dabei auch Zeitungen von der Zentralmacht übernommen, TV-Sender behindert und Online-Portale geschlossen werden, scheint Brüssel nicht zu stören. Von Tusk kam kein Wort dazu.
Brüssel verteidigt nicht ‘mal die Pressefreiheit
Schade, denn so liefert die EU Leuten wie Putin, Erdogan oder Orban Argumente frei Haus, ihrerseits gegen mißliebige Medien vorzugehen. Die Pressefreiheit hätte Brüssel wenigstens verteidigen können.
Immerhin findet Tusk ein – leises – Wort der Kritik an Rajoy. “Ich hoffe, die spanische Regierung bevorzugt die Stärke des Arguments, nicht das Argument der Stärke”, schrieb er auf Twitter.
Von Dialog spricht der liberale EU-Chef aus Polen hingegen nicht. Dabei hätte dies von Anfang das Hauptanliegen der EU-Poliitker sein müssen. Sie hätten es nie so weit kommen lassen dürfen…
Winston
29. Oktober 2017 @ 13:34
No comment.
https://twitter.com/JulianAssange/status/924500757407203328
Peter Nemschak
28. Oktober 2017 @ 20:42
Deshalb sind sie dennoch für den Erhalt des spanischen Staates und gegen die Abspaltung Kataloniens. Sie vermischen wie so oft Äpfel mit Birnen.
ebo
28. Oktober 2017 @ 20:53
Aus der New York Times :
The Socialists have also said they backed Article 155, but they have been ambiguous about how it should be used. José Luis Ábalos, a senior Socialist official, said on Thursday that the party would support Mr. Rajoy — as long as the prime minister made “very very limited” and short use of Article 155, and also somehow kept “self-government” in Catalonia.
Peter Nemschak
28. Oktober 2017 @ 10:11
@ebo Die EU ist keine Heilige sondern verhält sich wie ein Staat, der seine Interessen verfolgt. Durch ihre janusköpfige Governance ist sie allerdings weniger schlagkräftig und durchsetzungsfähig als ein Nationalstaat vergleichbarer Größe. Um den Friedensnobelpreis hat sie nicht angesucht. Bleiben wir mit unseren Erwartungen am harten Boden der Realität. Wie soll die EU, ungebeten von den Streitparteien, in Sachen Katalonien vermitteln, wenn ihr Eigeninteresse in einem Zusammenhalt des spanischen Staates besteht?
ebo
28. Oktober 2017 @ 10:15
Sie soll nicht vermitteln, sondern schlichten. Dazu gehört, Madrid zur Ordnung zu rufen, wenn nötig. Stattdessen gibt es einen Freibrief aus Brüssel und Berlin, der auf Kumpanei der Konservativen beruht
Peter Nemschak
28. Oktober 2017 @ 14:25
Die spanischen Sozialisten stehen übrigens auf der Seite von Rajoy. Können Sie sich nicht über die Ideologie stellen und die Ereignisse distanziert und mit Ironie kommentieren statt mit moralischem Unterton daher zu kommen. Glauben Sie wirklich daran, dass sich die Welt verbessern lässt?
ebo
28. Oktober 2017 @ 14:52
Falsch. Die Sozialisten haben Bedingungen gestellt, u.a die Achtung der Pressefreiheit. Dasselbe erwarte ich von der EU
Winston
28. Oktober 2017 @ 09:57
Die Catalanen wollen sich von Madrid losreissen um sich noch mehr an Brüssel zu binden und obendrauf noch den Euro behalten, wünsche den Catalanen gutes gelingen.
Ein nonsens sondergleichen.
Die Catalanen verstehen nicht, das nicht Madrid das Problem ist, sondern nur ausführendes Organ der Austeritätspolitik die aus Brüssel diktiert wird, die wiederum Folge des Euros ist. Wobei man mit Spanien noch sehr milde umgegangen ist, siehe 3% Defizit Obergrenze, die Spanien massiv überschreitet. Merkwürdig das Deutschland bzw Brüssel hier alles durchgewuncken hat, warum wohl.
⭐bluecrystal7
28. Oktober 2017 @ 05:22
Na prima… ☹ Tja, mit solch einer sonderbaren Verhaltensweise macht man sich wirklich neue EU-Gegner…
andi
28. Oktober 2017 @ 01:15
Das Ganze ist ein innerspanisches Problem und somit auch in Spanien zu lösen.
Jede Einmischung von außen ist unzulässig – es gibt keine Menschenrechtsverletzungen.
Ich sehe die EU als Schirmherrin einer Nichteinmischung von außen – Danke EU!!!
Werner Fütterer
28. Oktober 2017 @ 14:51
Was für eine „Nichteinmischung vonä Außen? Die einseitigen Bekundungen zugunsten der Zentralregierung und die eindeutige Ablehnung einer Aufnahme Kataloniens sind keine Einmischung? Wo lebst Du?
andi
28. Oktober 2017 @ 19:55
Die EU bestätigt den politischen Status quo in Spanien – das ist richtig. Das eigentliche Problem müssen die Spanier unter sich ausmachen. Die EU muss verhindern das sich andere Nationalstaaten in den Konflikt einmischen. Also nochmals – danke EU!
Peter Nemschak
28. Oktober 2017 @ 20:21
Die EU mischt sich ein, weil sie ihre Interessen am Erhalt des spanischen Staates damit zum Ausdruck bringt. Darf die EU keine eigenen Interessen haben?
Peter Nemschak
27. Oktober 2017 @ 22:07
Haben Sie den Mut offen für die Separatisten einzutreten.
ebo
27. Oktober 2017 @ 22:11
Warum sollte ich? Mein Thema ist die EU, der Friedensnobelpreisträger, der keinen Frieden stiftet, sondern in diesem Fall sogar eskaliert. Traurig. – Siehe auch “Gegen ein Europa der Regionen”
Peter Nemschak
28. Oktober 2017 @ 07:10
Die EU war als Friedensprojekt erfolgreich: seit es sie gibt gab es keinen Krieg zwischen Staaten auf ihrem Territorium Vielleicht erwarten Sie sich vom Staat und insbesondere der EU zu viel. Beide sind keine Vollkaskoversicherung ohne Selbstbehalt.
ebo
28. Oktober 2017 @ 08:56
Na klar, wenn man den Balkan (Deutschland erkannte als erstes die Abspaltung Kroatiens an) und die Ukraine ausblendet und den “neuen Europäern” im Irak-Kriweg Absolution erteilt, war die EU erfolgreich…