Richter gegen Schiedsgerichte
Bei der neuen Verhandlungsrunde zu TTIP möchte Brüssel diesmal auch über neue Investitionsgerichte spredchen, die die privaten Schiedsgerichte ersetzen sollen. Doch ausgerechnet die Richter sind dagegen!
Es gebe „weder eine Rechtsgrundlage noch eine Notwendigkeit für ein solches Gericht“, kritisieren die Experten des deutschen Richterbunds in einem Schreiben – und stellen sich damit gegen die EU-Kommission.
Die hatte öffentliche Investitionsgerichte als Alternative zu den umstrittenen privaten Schiedsgerichten (ISDS) gepriesen. Sie folgte damit einem Vorstoß von Wirtschaftsminister Gabriel (SPD).
Doch nicht nur die Richter sind gegen eine neue Jurisprudenz. Auch die Bundesregierung, der Gabriel doch immer noch angehört, halten sie eigentlich für überflüssig.
Dies hat T. Jung in einem sehenswerten Video aufgespiesst. Es steht hier. Mehr zu TTIP hier und hier
Peter Nemschak
23. Februar 2016 @ 09:23
Man sollte sich einmal sämtliche Fälle Staaten vs. private Investoren ansehen, die in den letzten 25 Jahren verhandelt wurden, um zu sehen, ob es bessere Alternativen gibt, oder, ob, wie die Richter meinen, kein Bedarf nach einer zusätzlichen Jurisprudenz besteht. Jede Art von Jurisprudenz muss bestehende Regeln unparteiisch auslegen. Die Allmacht der Staaten (politische Justiz) ist genau so unangenehm wie die Allmacht der Konzerne, vor der sich manche zu recht oder unrecht fürchten. Perfekte Lösungen wird es nie geben. Der demokratische Eifer muss, unabhängig von der Institutionalisierung der Jurisprudenz, seine Grenzen beim Rechtsstaat haben, um eine Diktatur der Mehrheit zu verhindern.
S.B.
23. Februar 2016 @ 11:03
Der Begriff RechtsSTAAT kommt ja nicht von ungefähr. Private Schiedsgerichte gehören schon per Definition nicht dazu. Und ich möchte auch keine im privaten Hinterzimmer ausgeklüngelte Diktatur der Großkonzerne, so wie es derzeit schon über die EU der Fall ist. Es gibt keine Lücke, die private Schiedsgerichte oder Investorengerichte füllen müssten. Staatliche Gerichte sind die Institution, wo Streitigkeiten verhandelt werden. Das gilt für Jedermann und muss umso mehr gelten, wenn der Staat der Anspruchsgegner sein soll. Selbst dann ist man nicht umfassend vor interessengeleiteten Entscheidungen geschützt. Aber es ist doch allemal besser, als das private Gerichte über die Haftung des Staates und damit des Steuerzahlers bestimmen.
Nebenbei: Bei mir würde es derartige Schadensersatzregelungen für internationale Großkonzerne überhaupt nicht geben. Dafür gäbe es Regelungen, die sicherstellen, dass diese Unternehmen vor Ort Steuern zahlen und zwar genau wie jeder andere. Das es defacto genau andersherum läuft, zeigt mehr als deutlich, wer die Musik macht und das wir längst in einer Herrschaft der Großkonzerne in Verbindung mit der Politik stehen (Korporatismus). Dies ist übrigens auch der einzig plausible Zweck des Elitenprojektes EU.
Peter Nemschak
23. Februar 2016 @ 18:29
Die Schiedsgerichtsbarkeit hat eine lange Tradition im Wirtschaftsleben. Was die Besteuerung von Konzernen betrifft, werden von der EU (langsam) die Schlupflöcher geschlossen.