Total verrannt
Die EU-Chefs sind „im falschen Film“, hieß es in diesem Blog, als D. Cameron in Brüssel seinen Brexit-Deal durchdrückte. Nun kommt Merkels Türken-Deal – und es ist alles noch viel schlimmer.
Die EU hat sich total verrannt. Statt die türkischen Schlepper in der Türkei zu bekämpfen, sollen alle Kriegsflüchtlinge, die es nach Griechenland geschafft haben, zur Abschreckung zurückgeschickt werden.
Weil das illegal wäre, soll es jetzt Asyl-Eilverfahren auf den griechischen Inseln geben. Binnen einer Woche (!) sollen die Anträge bearbeitet werden – aber selbst bei Annahme gehts zurück in die Türkei!
Und das wird nun auch noch von Kommissionschef Juncker und Parlamentspräsident Schulz gerechtfertigt – als „Angriff auf das Geschäftsmodell der Schlepper“.
Wie bitte? Es ist ein Angriff auf den Rechtsstaat! Und auf die Grundwerte der EU, die Sultan Erdogan permanent mit Füssen tritt (heute zog SPON seinen Reporter ab, weil er in der Türkei „unerwünscht“ sei).
Das scheint auch den Sherpas zu schwanen, die den EU-Gipfel in Brüssel vorbereiten. Sie haben den Entwurf der Schlussfolgerungen schon zum x-ten Mal geändert – der neue Text steht hier.
Selbst die britische „FT“, die den Entwurf geleakt hat, hat darin jede Menge Widersprüche und Fussangeln gefunden. Die Analyse der Briten steht hier, meine Einschätzung des Türkei-Deals hier
Peter Nemschak
18. März 2016 @ 20:38
Ich fürchte, ebo hat sich total verrannt und darf sich nicht wundern, dass die ehemalige Klientel der Linksintellektuellen zu den Rechten abgewandert ist. Kein Wunder, dass die Linke so lange nicht mehrheitsfähig ist, als sie nicht bereit ist, sich von ihrem idealisierten Menschenbild zu verabschieden. Merkel und ihre europäischen Politikerkollegen vollziehen den Mehrheitswillen der europäischen Bevölkerung, ob sympathisch oder nicht ist irrelevant, aber realitätsnah. Dafür wurden sie gewählt, nicht, um sich emanzipatorisch zu verwirklichen.
ebo
18. März 2016 @ 20:41
Schauen Sie sich mal die Umfragen in Deutschland an. Die Bürger haben null Vertrauen in die Türkei, der Pakt dient nur Merkels Machterhalt.
Peter Nemschak
19. März 2016 @ 09:48
Irrtum: die Menschen, nicht nur in Deutschland, wollen 1) eine Begrenzung des Zustroms an Flüchtlingen und 2) haben kein Interesse an einer fairen Lastenverteilung innerhalb der EU. Das mag man bedauern, ist aber Wunsch der Mehrheit der Wähler. Diesem Wunsch kommt der von Merkel betriebene Plan entgegen. So gesehen ist ihre Politik ausgesprochen volksnah und nicht abgehoben, wie manche ihrer Kritiker meinen. Wenn sich nach Erschöpfung der bereits beschlossenen Kontingente keine Freiwilligen mehr finden, ist die natürliche Obergrenze erreicht. Nicht Merkel, die eine Obergrenze stets abgelehnt hat, sondern die anderen haben sie durch ihr Verhalten festgesetzt. Spätestens dann wird klar sein, welches Mitgliedsland, gemessen an seiner Größe und wirtschaftlichen Leistungskraft, am meisten zur Aufnahme von Flüchtlingen beigetragen hat.
Johannes
18. März 2016 @ 05:31
„Wie bitte? Es ist ein Angriff auf den Rechtsstaat! “ Beim Euro ist Herrn Bonse genau dieser Rechtsstaat total egal. Schade, würde mir solche Sätze beim Thema Euro auch von ihnen wünschen.
Gibt es denn jetzt genau Zahlen und Termine, wann CDU und SPD das deutsche EU-Budget massiv kürzen? Hey, wir Deutschen brauchen jetzt das Geld für die Flüchtlinge 😉
S.B.
17. März 2016 @ 13:42
Die EU ist eben in erster Linie für die Wirtschaft gemacht, nicht für die Menschen. Da muss es nicht wundern, wenn es mit den immer so schön hochgehaltenen Grundwerten nicht wirklich weit her ist. Und zwar allein schon deshalb, weil das System darauf gar nicht an- und ausgelegt ist, siehe Satz 1.