Brüssel ist nicht Weimar, aber…

Bei der Europawahl wollen Nationalisten aus mehreren Ländern mit einer “Allianz der Patrioten” antreten. Allein die Ankündigung reichte, um Brüssel in Angst und Schrecken zu versetzen. Doch wie schlagkräftig ist die rechte Front wirklich? – Teil zwei einer dreiteiligen Serie.

Einen ersten Höhepunkt hatte die neue europäische Angstwelle bereits Ende Oktober, als sich die beiden Rechtspopulisten G. Wilders aus Den Haag und M. Le Pen aus Paris zu einem Bündnis zusammenfanden.

Die „Allianz der Patrioten“ will Gleichgesinnte aus Tschechien, Dänemark, Schweden oder Belgien (Flandern) um sich scharen. Auch Italiens Lega Nord und Österreichs Freiheitliche werden bereits eifrig umworben.

Nach zwei medienwirksamen Treffen in Paris und Den Haag wurde es aber schnell wieder still um das merkwürdige Bündnis der beiden ungleichen Politiker. Bis auf Hetze gegen Ausländer und vor allem gegen Muslime haben Le Pen und Wilders nicht viel gemein.

Le Pens Front National gibt sich einen betont sozialen Anstrich und könnte bei der Europawahl zur stärksten Partei Frankreichs aufsteigen. Wilders PVV ist dagegen eher auf dem absteigenden Ast. Ein gemeinsames Programm haben sie bisher nicht zustande gebracht.

Alles halb so wild, hieß es denn auch schnell. Die Entwarnung kam ausgerechnet aus dem konservativen Lager, das derzeit (noch) die Mehrheit im Europaparlament stellt und besonders anfällig für nationalistische Parolen scheint.

In einer Studie der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung wurde zwar der Aufstieg der Nationalisten und Populisten belegt. Eine politische Lähmung drohe jedoch nicht. Denn die Parteien sind viel zu unterschiedlich, um gemeinsame Sache zu machen.

„Weimar droht nicht“, betonte KAS-Forscher Hartleb bei der Vorstellung der Studie in Berlin. Daran könne auch die schwierige Lage in Griechenland und die anhaltende wirtschaftliche Krise in weiten Teilen Europas nichts ändern.

Brüssel ist nicht Weimar – diese Schlussfolgerung hat etwas Beruhigendes. Sie ist wahrscheinlich allein schon deshalb richtig, weil in Brüssel seit Jahren eine große Koalition herrscht, die Extremen keine Chance lässt.

Fast alle wichtigen Entscheidungen im Europaparlament werden parteiübergreifend vorbereitet und getragen. Wechselnde Mehrheiten sind selten; nur die Liberalen wechseln gelegentlich das Lager.

Die Nationalisten sind marginalisiert und dürften es selbst bei einem Wahlerfolg im Mai bleiben.  Die eigentliche Gefahr lauert möglicherweise nicht im EU-Parlament, sondern in den Mitgliedstaaten und ihrem EU-Organ, dem Ministerrat.

Denn einige Länder könnten durch den Vormarsch der Rechten aus der Bahn geworfen werden…

Lesen Sie morgen im 3. Teil: “Im Teufelskreis der Angst” – wie die Regierungen auf die rechte Gefahr reagieren. Der 1. Teil der Serie steht hier 

 

photo credit: Remi Noyon via photopin cc