Steuer(ungs)-Fragen

Zu Beginn des neuen Jahres stehen nicht etwa die Staatsschulden, sondern Steuerfragen im Fokus der Politik. Die USA umschiffen ihre Fiskalklippe mit etwas höheren Steuern für Reiche, was alle toll finden. Frankreich hingegen muss seine Reichensteuer nachbessern, was für hämische Kommentare sorgt. Und dann ist da noch Irland, das frech mit niedrigen Unternehmenssteuern wirbt…

Seit Beginn der Finanz- und Eurokrise wurde kaum über Steuern geredet. Dabei ist der ruinöse globale Steuerwettbewerb mit Schuld an der Krise. In den USA senkte die alte Bush-Administration die Steuern, während sie gleichzeitig die (Kriegs-)Ausgaben steigerte, was die Schulden in die Höhe schnellen ließ.

In Europa lieferten sich Länder wie Irland und Zypern einen rücksichtslosen Steuerwettbewerb, was erst zu einem Boom, dann zum Crash führte.

Irland missbraucht EU-Vorsitz

Daraus gelernt haben die Politiker wenig. So wirbt Irland immer noch stolz mit seinen Niedrigsteuern; auf der offiziellen Website der irischen Ratspräsidentschaft wird sogar für Dumping geworben, wie der grüne Europaabgeordnete S. Giegold kritisiert. “Irland missbraucht Ratspräsidentschaft zur Werbung für aggressiven Steuerwettbewerb”, heißt es auf seiner Website.

Auch in den USA hat noch kein wirkliches Umdenken eingesetzt. Im Streit um die Fiskalklippe einigten sich Demokraten und Republikaner gerade mal auf eine minimale Anhebung der Steuern für reiche Amerikaner.

Der Kompromiss ist so schwach, dass er schon in wenigen Wochen nachgebessert werden muss. Dennoch klatschen Investoren und Analysten Beifall. Den Märkten geht es nur um kurzfristige Sicherheit (sprich Profite), nicht um die lange Sicht.

Dabei geht es bei Steuerfragen immer auch um Verteilungs- und Steuerungsfragen. Dies gilt gerade in einer Währungsunion wie der Eurozone. Wenn einige Länder Steuerdumping betreiben, kann dies zu systemischen Störungen führen – Irland ist ein Beispiel, Zypern ein anderes (siehe “Der Schuldenschnitt kommt”.)

Höchste Zeit also, eine Steuer(ungs)-Debatte zu führen. Dabei muss auch das Thema Reichensteuer auf den Tisch, wie das Beispiel Frankreich zeigt. Präsident Hollande wollte sie aus Gründen der Steuergerechtigkeit einführen – als zweijährige Sonderabgabe zur Überwindung der Krise.

Nun wird er nicht nur von den französischen Verfassungsrichtern, sondern auch von Ländern wie Belgien ausgebremst, die die Arbeitnehmer hoch, Reiche jedoch niedrig besteuern – und so die Steuerflucht begünstigen.

Auch Luxemburg und die nicht-Euro-Länder Großbritannien und die Schweiz profitieren von Steuervermeidung und Steuerflucht. Die Leidtragenden sind nicht nur Griechenland oder Frankreich, sondern auch Deutschland.

Allerdings stehen die Chancen für eine EU-weite Steuerdebatte schlecht. Denn in Berlin Wahlkampf, und die Regierungsparteien haben kein Interesse daran, über Steuer- und Verteilungsfragen zu reden.

Merkel weicht Steuerdebatte aus

Das hat schon die Diskussion über den so genannten Fiskalpakt”gezeigt. Darin geht es nur um die Ausgaben-, nicht um die Einnahmeseite. Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble denken nicht daran, das zu ändern – schließlich ist der Pakt gerade erst in Kraft getreten.

Sie verteilen lieber Wahlgeschenke – und verschieben die offenbar schon fest geplanten Steuer- und Abgabenerhöhungen auf die Zeit nach der Wahl…