Sparen und schweigen

Pssst, wir reformieren gerade die Euro-Zone, bitte nicht stören! 

Das von Deutschland und Frankreich diktierte Reformpaket für die Eurozone spaltet das Europaparlament. Zwar wurde die Reform von der konservativen Mehrheit der Abgeordneten durchgewunken und in Teilen sogar noch verschärft. So soll die EU-Kommission leichter “automatische” Sanktionen gegen “Defizitsünder” verhängen können. Sozialdemokraten und Grüne fühlen sich jedoch übergangen und warnen vor einer „Austeritätspolitik ohne Wachstum“.

Umstritten ist vor allem, ob staatliche Zukunftsinvestitionen dem Sparkurs geopfert werden. Sozialdemokraten und Grüne hatten gefordert, die in der EU-Agenda 2020 vorgesehenen Investitionen bevorzugt zu behandeln und sie nicht den verschärften Kriterien des reformierten Stabilitätspakts zu unterwerfen. Die EVP und die Liberalen lehnten dies jedoch ab. Man müsse den Stabiliätspakt stärken, um neue Schuldenkrisen wie in Griechenland zu verhindern, heißt es bei der EVP.

Der Streit könnte dazu führen, dass die Verhandlungen mit EU-Kommission und Ministerrat erschwert und Beschlüsse verzögert werden, fürchtet die FAZ. Doch dies ist gewiss nicht das größte Risiko. Viel größer ist die Gefahr, dass die Debatte wieder in Hinterzimmern geführt wird, wie es Eurogruppen-Chef Juncker unumwunden fordert. “Ich bin für geheime Diskussionen”, sagte Juncker in Brüssel. Alles andere nähre nur Spekulationen und sorge für Unruhe an den Märkten.

Dabei wäre eine öffentliche Debatte über die Euro-Reform überfällig. Diese Reform erschwert nämlich nicht nur Zukunftsinvestitionen, sondern unterwandert auch das viel beschworene europäische Sozialmodell, wie die Friedrich-Ebert-Stiftung in einer bemerkenswerten Studie belegt. Vor allem der verschärfte Stabilitätspakt und die “regressive Konsolidierung” allein auf der Ausgabenseite könnten dazu führen, “dass der Sozialabbau als Konsolidierungs- und Wettbewerbsstrategie gleichermaßen dominant wird”, heißt es in der Studie.

Bei einem Vortrag in Brüssel zog Koautor Arne Heise eine noch deprimierende Bilanz: Der neue Stabilitätspakt werde dazu führen, dass fast alle EU-Länder einen “blauen Brief” von der EU-Kommission bekommen werden. Dabei habe sich dieser Pakt schon in der Vergangenheit als stupide und wirkungslos erwiesen. Letztlich stelle sich die Frage, so Heise, ob die EU in der Wirtschaftspolitik überhaupt lernfähig sei…





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