Hatte Montebourg doch recht?
Drei Tage nach dem Rauswurf des französischen Wirtschaftsministers Montebourg entdecken die Mainstream-Medien, dass der Sozialist vielleicht doch nicht ganz falsch lag.
So schreibt SPON, dass auch EZB-Chef Draghi eine Lockerung des Sparkurses fordert. Zitat:
EZB-Chef Draghi, das war seine zweite wichtige Botschaft in Jackson Hole, teilt die Sorge vor einem zu harten Sparkurs. In seiner Rede forderte er “eine wachstumsfreundlichere Gestaltung der Finanzpolitik”.
Auch “Libération” beruft sich auf Draghis Rede beim Treffen der Zentralbänker vom letzten Wochenende. Montebourgs Rausschmiss sei “paradox”, findet der Brüsseler Korrespondent J. Quatremer, denn nicht nur Draghi denkt um.
Auch IWF-Chefin Lagarde und der neue Kommissionschef Juncker fordern ein Ende des einseitigen Austeritätskurses – und mehr Impulse aus Deutschland, etwa durch kräftige Lohnerhöhungen.
In diesem Blog konnte man das schon früher lesen. Bleibt nur die Frage, wann die Botschaft auch bei Kanzlerin Merkel ankommt… Mehr hier
photo credit: Parti socialiste via photopin cc
Peter Nemschak
29. September 2014 @ 09:34
@ebo Die von Ihnen erwähnte produktivitätsorientierte Lohnpolitik ist nicht Sache des Staates und kann daher auch nicht zugesagt werden, sondern Sache der Tarifpartner.
Frank Köhler
28. September 2014 @ 21:32
@ Peter Nemschak
Nein, das war mir so nicht bekannt, aber ich kann mir schon vorstellen, daß zwischen dem, was Diejenigen, die den Euro installiert haben, und von ihm fordern, und dem was die Nationalstaaten, bestehend aus den Völkern selbst, und deren Forderungen, erhebliche Differenzen bestehen, sodaß es eben auch zu großen Differenzen zwischen Soll und Sein kommen kann.
Ist meines Erachtens aber auch ein Wahnsinn, nicht die Zeit abzuwarten, bis so ein Zusammenwachsen aus dem Bestreben der Völker entsteht, sondern versucht wird das extrem zu forcieren, um nicht zu sagen per Zwang zu Verheiraten. Zwangsehen sind ja schon mit zwei Beteiligten nicht ganz leicht. Jeder weitere Teilnehmer so einer Zwangsgemeinschaft macht das ganze nicht gerade leichter. Man dachte wohl, daß man Völker so leicht wie Firmen fusionieren kann, und kommt nun damit nicht klar, daß es eben nicht ganz so ist.
Ich denke aber schon, daß so etwas wie das Prinzip Osmose auf niederem Level das Ziel ist. Oder was denken sie, was man vor hat?
Frank Köhler
28. September 2014 @ 15:21
Eins der Probleme ist, das man mit dem Euro etwas zwangsvergemeinschaftet hat, was nicht zusammen gewachsen ist. Nationen wachsen normalerweise über Jahrhunderte mittels Kultur und Sprache zu einer Einheit. Die EU ist jedoch zusammen konstruiert anstatt zusammengewachsen. Der Euro ist das Mittel, und übt nun quasi einen Zwang auf Europa aus, etwas schneller zu vollziehen, wie es die Wirklichkeit hergibt. Man hat also den Euro extra installiert, um die Europäer zu zwingen, die riesigen wirtschaftlichen Unterschiede der einzelnen Länder Europas zueinander, auszugleichen.
Um also eine Währung innerhalb der EU ohne wirtschaftliches/soziales “Gefälle” hinzubekommen, müssen die Löhne der ehemals gutsituierten Länder fallen, und die der schlechtsituierten Länder angehoben werden. Man könnte das alles als eine Art Währungs/Lohn Osmose bezeichnen. Da es der Wirtschaft aber allgemein nicht so gut geht, wie erwünscht, versucht man diese “Lohn Osmose” insgesamt nach unten zu drücken. Denn man schafft es natürlich nicht so leicht, alle auf ein gleich hohes Niveau anzugleichen, wie man es schafft alle auf ein niedriges Niveau anzugleichen. Außerdem erhofft man sich dadurch wohl, dem Europäischer Markt Vorteile gegenüber dem Weltmarkt zu verschaffen.
Persönlich halte ich jedoch dieses ganze Konkurrenz Gehabe um das goldene Kalb, eher als ein längst ausgedientes Modell, was in den Abgrund führt. Allerdings können die, die jetzt das Sagen haben eben nichts anderes, als konkurrieren und siegen. Ein echtes, auf Nächstenliebe basierendes Miteinander, ist ihnen fremd, und das ist ein Problem.
Peter Nemschak
28. September 2014 @ 18:24
Ist Ihnen bekannt, dass in Frankreich die Reallöhne seit 2000 dreimal so stark wie in Deutschland gestiegen sind. Dies hat die Wettbewerbsfähigkeit der französischen Wirtschaft beeinträchtigt. Vor Einführung des Euro hätte es Währungsabwertungen des französischen Franken gegeben. Heute muss die Anpassung intern durch Reallohnsenkungen erfolgen, was naturgemäß schmerzt.
ebo
28. September 2014 @ 19:45
In F sind die Reallöhne im Gleichschritt mit der Produktivität gestiegen, wie es die Regeln der Währungsunion gebieten. In D blieben sie deutlich hinter der P. zurück. Nicht F ist das Problem, sondern D. Kürzlich hat es sogar die BuBa erkannt…
Peter Nemschak
28. September 2014 @ 20:45
@ebo Ist die 35-Stundenwoche in Frankreich auch in dieser Rechnung enthalten? Aus Ihrer Logik folgt, dass die Deutschen hätten höhere Löhne zahlen müssen. Wo sind die deutschen Gewerkschaften geblieben? Faktum ist, dass sich Deutschland durch die Forderungen der anderen, vor allem südlichen Mitgliedsländern, zunehmend eingeschränkt fühlt. Die Deutschen wollen ebenso wenig wie die Franzosen den social way of life der anderen. Dies erklärt den Erfolg der Parteien am rechten Rand in beiden Staaten.. Der Euro, der ursprünglich mala fide zur Einhegung deutscher Dominanz gedacht war, entpuppt sich zusehends als Spaltpilz der EU. Ich kann mir vorstellen, dass sich der Stärkere durchsetzen wird.
Tim
28. September 2014 @ 20:53
@ ebo
Sagen wir doch einfach lieber: Die Hobbits sind das Problem.
Dann können wirklich ALLE ihre Probleme auf irgendwelche Effekte draußen verschieben und müssen nicht schmerzhaft reformieren. Und die Aussage fiele heutzutage nicht mal als besonders idiotisch auf.
Dahinter steht ja die Annahme, die Deutschen würden ihr Lohnplus dann vor allem in französische Importwaren stecken. Was spricht Deiner Meinung nach dafür, daß das so ist?
Hier ein Blick in die Realität:
http://de.statista.com/statistik/daten/studie/260049/umfrage/deutsche-importe-aus-frankreich/
Wer da große Chancen für Frankreich siehst, sollte aufgrund herausragender landestypischer Denkstrukturen das Präsidentenamt im Elysée anstreben.
Zum Vergleich – echtes Potential sieht z.B. so aus:
http://de.statista.com/statistik/daten/studie/260527/umfrage/deutsche-importe-aus-den-niederlanden/
Nein, ebo, wie Peter Nemschak schon sagte: Französische Waren sind auf den Märkten derzeit einfach nicht besonders wettbewerbsfähig.
Und das grundsätzliche Problem Frankreichs sind nicht die Deutschen, sondern die Franzosen.
ebo
29. September 2014 @ 11:59
Sorry, aber Du redest einen solchen Unsinn, da muss ich passen. Vielleicht hilft Dir das zur Einführung in die Problematik:
http://blogs.faz.net/fazit/2013/10/29/euroland-im-wandel-deutschland-wird-franzoesischer-und-weitere-aenderungen-2829/
Ich werde das nicht weiter kommentieren.
Tim
29. September 2014 @ 14:22
@ ebo
Schade. Da waren wir neulich doch schon mal weiter.
Die deutsche Wirtschaft hat ihre Produktion sehr stark internationalisiert. Es ist daher ziemlich unsinnig, deutsche Lohnstückkosten usw. zu betrachten. Es bringt daher Frankreichs Wettbewerbsfähigkeit wenig bis gar nichts, wenn jetzt die deutschen Löhne stark steigen sollten.
Neulich hattest Du das doch akzeptiert. Jetzt ist schon wieder alles vergessen.
ebo
29. September 2014 @ 14:27
Es ging nicht um die Frage, ob die deutschen Löhne steigen sollen (das fordert sogar die BuBa). Es ging darum, dass sich FR an die implizite Grundregel des Euro hält, dass sich die Löhne an der Produktivitätsentwicklung orientieren sollen. Das tut Paris, Berlin tat es allzu lange nicht…
Tim
29. September 2014 @ 14:53
@ ebo
Ich weiß echt nicht, was das ständige Gerede über die deutschen Löhne soll. Frankreich hätte heute sogar ein Problem, wenn es Deutschland gar nicht gäbe. Diese Diskussion ist eine reine Nebenkerze, um von der sehr unangenehmen Wahrheit in Frankreich abzulenken.
Peter Nemschak
30. August 2014 @ 07:51
Hatte er recht? Ja und nein. Ja, dass kurzfristig ein fiskalisches Konjunkturpakt notwendig ist, um einen Absturz der schwächelnden europäischen Wirtschaft in eine langanhaltende Rezession zu verhindern. Da würde eine weitere Lockerung der Geldpolitik durch die EZB sicher auch nicht schaden. Nein, wenn er leugnet, dass durchgreifende schmerzhafte Strukturreformen verzichtbar sind. Beide Maßnahmen sind notwendig, um Europa wieder auf Wachstumskurs zu bringen und damit den Euro zu retten. Erstaunlich, dass die betroffenen Mitgliedsländer die von der EU zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit bereitgestellten Mittel bisher nur zu geringem Teil ausgeschöpft haben und die meisten Mitglieder bei der Umsetzung von einer Reihe beschlossener Projekte weit hinter Plan sind. Man soll daher nicht nur einseitig Merkel und der EU versagen vorwerfen. Vieles liegt bei den Mitgliedsländern im argen. Ob Hollande die notwendige politische Stärke besitzt, Strukturreformen mit seiner neuen Regierung durchzuziehen, bleibt abzuwarten. Europa bräuchte in der jetzigen schwierigen Situation Politiker vom Format einer Margaret Thatcher. Solche sind allerdings weit und breit nicht in Sicht.
Tim
30. August 2014 @ 14:10
@ Peter Nemschak
DAS habe ich in der Tat auch schon oft gedacht. Großbritannien war in den 70ern am Ende, ohne Thatcher und ihren harten Schnitt wäre GB heute in einer Lage wie Griechenland. Man muß allerdings sagen, daß sie ohne den Falklandkrieg die Reformen nie und nimmer durchbekommen hätte. Im Prinzip waren alle gegen sie, und niemand hat sie mehr gehaßt als ihre eigene Partei. Insofern muß das heutige Großbritannien General Galtieri mehr als dankbar sein. Er war der wahre Bündnisparter Thatchers.
Für die Euro-Problemstaaten ist weder eine Thatcher noch der dazugehörige Galtieri sichtbar. Also wird es keine Reform geben. Also hat der Euro in diesen Ländern keine Zukunft.
DerDicke
1. September 2014 @ 08:22
GB ist weitgehend deindustrialisiert dank Thatcher. Weite Landstriche außerhalb der City of London sind verarmt. Wenn der Bankensektor knirscht können die den Laden dicht machen.
Spekulationen wie “wäre GB heute in einer Lage wie Griechenland” sind hanebüchen, in GR herrschte bis 1974 eine Militärdiktatur. Während sich die Zustände in Griechenland verbesserten, wurden sie in GB schlechter.
Ohne Thatcher wäre GB heute in einer Lage wie die Schweiz. Ist die selbe Spekulation, liegt aber vermutlich näher an der Wahrheit wie der Vergleich mit Griechenland.
Peter Nemschak
1. September 2014 @ 10:34
Deindustrialisiert seit Thatcher stimmt nicht. Die Deindustrialisierung begann mit Königin Victoria als die Nachkommen der Industriepioniere es vorzogen, sich hoch zu Ross, umgeben von einer Hundemeute, von Genremalern abbilden zu lassen statt mit öligen Händen ihre Maschinen weiter zu entwickeln. Das koloniale Weltreich machte es möglich.
Tim
1. September 2014 @ 11:28
@ Der Dicke
Ich glaube, Dir ist nicht bewußt, in welcher Lage Großbritannien in den 70ern war. Es galt damals (neben Israel) als das sozialistische westliche Land. Zahlreiche Modernisierungen in z.B. Bergbau, Industrie, Druckereiwesen wurde NICHT vorgenommen, weil die Gewerkschaften es verhinderten. Kraftwerken MUSSTEN z.B. britischen Kohle abnehmen.
Das heißt: Ein erheblicher Teil der Arbeitnehmer war unproduktiv beschäftigt. Gleichzeitig wurde durch eine verfehlte Währungspolitik die Inflation angeheizt. Thatchers Verdienst bestand im wesentlichen darin, beides umzukehren. Im Grunde war ihre Politiker ein kleiner Vorläufer dessen, was später die Reformer in Osteuropa (insbesondere Polen) im Großen exerzierten.
In einigen Regionen Englands wird sie bis heute noch wirklich gehaßt, so etwas kann man sich in Deutschland überhaupt nicht vorstellen. Man kann die Leute verstehen, die damals ihre Arbeitsplätze verloren haben, aber es waren eben Arbeitsplätze, die vor Thatcher nur durch Regierungsgeld und Regulierung existierten.
DerDicke
1. September 2014 @ 11:52
Ok, die dicke Kohle schieben jetzt andere ein – auf einem höheren Niveau, aber nichts desto trotz ebenfalls unproduktiv.
So wie es vorher in eine Richtung übertrieben wurde findet die Übertreibung jetzt eben in die andere Richtung statt.
Früher wurde für unproduktive Arbeiter bezahlt, jetzt für unproduktive Banker Diese mögen vielleicht Geld vermehren – aber Geld ist nicht gleich Wohlstand. “Jemand” muss in die Hände spucken damit Geld zu Wohlstand wird. Noch sind die Chinesen dumm genug…
Zurück zum Thema: langfristig sind eine gute Infrastruktur, Bildung und Industrie das Rückgrat einer Volkswirtschaft. Dies wurde leider in vielen westlichen Gesellschaften etwas vergessen… was sich die nächsten Jahre bitter rächen wird. Niemand wird reich, wenn sich alle gegenseitig die Haare schneiden.
Peter Nemschak
1. September 2014 @ 12:16
Voll bei Ihnen !
Tim
1. September 2014 @ 12:25
@ DerDicke
Heute wird die Wertschöpfung auch in der Industrie im wesentlichen in Dienstleistungsbereichen erbracht, die Bedeutung der reinen Produktion wird kolossal überschätzt. Wie wichtig z.B. die viel geschmähte Finance in der Industrie ist, kapieren die meisten Leute natürlich nicht.
Aber ansonsten hast Du recht: Die Bedeutung von Bildung, Forschung, Infrastruktur wird im Gegenzug kolossal unterschätzt. Es wird aber auch vom Wähler nicht honoriert, wenn das ein Politiker mal zum Thema macht.
Andres Müller
29. August 2014 @ 11:51
Nicht nur der Austerizitätskurs ist falsch, wie ich das hier immer wieder vertreten habe. Auch die angebliche “Geldschwemme” der EZB, so wie das bisher geschah. In Tat und Wahrheit fand nämlich aus Sicht der vielen KMU genau das Gegenteil statt, die EZB Politik führt zu Geldverknappung in weiten Teilen der Realwirtschaft (Besonders jene die nichts mit Finanzwirtschaft zu tun haben).
Wie kam denn das zustande? Es ist ziemlich banal, der von der EZB eröffnete Geldkreislauf fand vollkommen innerhalb der Finanzwelt statt, davon konnten nur Grossinvestoren, Banken und reiche Aktionäre profitieren. Und wie kommt es dass sogar Deflation entstand?
Auch das ist simpel, das Geld fliesst dorthin wo Renditen winken. Die EZB generierte einen starken Sog an den Wertpapiermärkten der zusätzlich Geld aus dem Wirtschaftskreislauf anzieht -auch solches das wieder an die Realwirtschaft hätte vergeben werden können. Langfristig steigende Aktienmärkte bei stagnierender Wirtschaftslage und Austerizitätspolitik ergibt kaum etwas anderes als Deflation.
Tim
29. August 2014 @ 08:23
@ alle
Mal eine Frage an Euch Wirtschaftslenker und -denker, weil Ihr die Probleme ja so glasklar erkannt habt und genau wißt, wie sie zu lösen sind: Wie soll das konkret funktionieren, “Deutschland muß mehr aus anderen Euro-Staaten importieren, um die Handelsbilanz auszugleichen”?
Die Firmen in den anderen Euro-Staaten kaufen ihre Maschinen ja freiwillig in Deutschland, und die deutschen Firmen kaufen auch freiwillig in Portugal & Co. Privatimporte kann man wegen der geringen Bedeutung erst mal ignorieren.
Wollt Ihr das auf (bekanntlich grandios erfolgreiche) argentinische Art regeln? Wenn eine deutsche Firma eine Produktionsstraße ins Ausland verkauft, muß sie gleichzeitig 500 Tonnen Olivenöl in Portugal bestellen?
Bitte nennt mir Eure brillanten Ideen, ich möchte lernen.
DerDicke
29. August 2014 @ 15:42
Deutliche Lohnerhöhungen in Deutschland, vor allem in den Dumpingbereichen (siehe obige Beispiele: Schlachthöfe + Rohlinge).
-> Exporte verteuern sich + die Menschen können sich mehr Importe leisten.
In der Theorie. In der Praxis ist die Währungsunion gescheitert und die Anpassung muss wieder über den Wechselkurs erfolgen.
Tim
29. August 2014 @ 16:06
Bitte meine Frage beantworten: Wie soll man die Leute dazu bringen, ausgerechnet Produkte aus den Euro-Problemländern zu kaufen? Wenn sie sich von ihrem Lohnplus ein iPad, Schweizer Käse oder Textilien aus Asien kaufen, ist Europa ja weiter in höchster Gefahr, wenn ich Eure komplexe Theorie richtig verstehe.
DerDicke
29. August 2014 @ 17:49
Daher sage ich “in der Theorie”. Um das ganze umzusetzen sind wir 10 Jahre zu spät dran und haben mit der Agenda-Politik bereits den Grundstein für das Ende gelegt.
In der Praxis ist die Währungsunion gescheitert und die Anpassung muss wieder über den Wechselkurs erfolgen.
Frankreich wertet ab und kann wieder mehr Exportieren.
Deutschland wertet auf und exportiert weniger.
Peter Nemschak
29. September 2014 @ 09:59
Dieses System gab es jahrelang im Außenhandel mit den Ländern des realen Sozialismus. Dieser hat sich allerdings nicht bewährt und ist untergegangen. Was soll’s, es gibt auch heute noch Ewiggestrige.
winston
28. August 2014 @ 18:48
Lieber Tim.
Sie begreifen es auch nicht wenn man es 1000x wiederholt.
Es geht nicht darum das Deutschland, italienische, französische……….. Produkte kauft oder nicht.
Es geht darum das die Deutschen Löhne seit 1995 platt sind gegenüber ihren Europäischen Partner und das die deutschen Löhne viel zu tief sind im Verhältnis zu ihrer Produktivität, das ist Fakt, Punkt.
Der Überschuss kommt nicht dem deutschen Volk zu gute, sondern fliesst oder floss z.B direkt in unverkäuflichen Subprime Anleihen oder in den Südeuropäischen Konsum oder Immobilen Spekulation.
Was passiert wenn die deutschen Löhne um 30% steigen, in Italien und Frankreich usw. werden deutsche Produkte 30% teurer, die Menschen dort konsumieren wieder mehr eigene Produkte und weniger vom Ausland eingekaufte (D) Produkte, gleichzeitig steigt auch ihr Export.
Das ist aber nicht die optimale Lösung, die optimale Lösung ist den Euro zu beseitigen. Hier gibt es Tonnenweise Literatur, z.B. hier:
http://ideas.repec.org/
Die Eurokrise hat auch nix mit diesen dämlichen Strukturreformen zu tun, die Eurokrise hat damit zu tun, das Kapitalströme in der Eurozone ausser Kontrolle geraten sind, gerade wegen des Euros, es floss viel zu viel Kapital nach Südeuropa und Irland, die Gläubiger wollen jetzt ihr Kapital zurück, nachdem Sie sich mit Subprime Papieren die Finger verbrannt haben, am besten schon Morgen, dies ist aber nicht möglich.
Tim
28. August 2014 @ 19:03
@ winston
Ja, natürlich ist der Euro das Hauptproblem. Darüber besteht in diesem Blog ja auch Einigkeit. Und natürlich wird er über kurz oder lang aufgebrochen.
thewisemansfear
28. August 2014 @ 19:28
Nein, er wird nur zum Problem / ist zum Problem geworden, weil die Währungsunion falsch gemanaged wird. Möglichkeiten einen Ausgleich zu schaffen, gäbe es zur Genüge. Da sind der Phantasie der Politiker prinzipiell keine Grenzen gesetzt. “Dem Euro” vorzuwerfen, er sei das Hauptproblem verkennt diese Tatsache. Siehe Kommentar eins drunter.
Es sind immer Menschen und nie “Systeme” verantwortlich zu machen.
thewisemansfear
28. August 2014 @ 19:16
Ja, es gibt keinen funktionierenden Ausgleichsmechanismus mehr. Selbst die Währungs- Auf- und Abwertungen sind eigentlich eine recht besch…eidene Lösung, da man die Ungleichgewichte immer erst im Nachgang und abrupt “neutralisiert”. Seit der Währungsunion steht zum Ausgleich der Preisniveaus nur noch die Lohnschraube zu Verfügung. Nach unten wird in den südeuropäischen Ländern kräftig gedreht, hierzulande ist der Dreh in die andere Richtung ideologisch (noch) versperrt.
DerDicke
28. August 2014 @ 22:43
Nicht nur der Euro ist ein Problem, sondern die komplette EU.
– Einfallstor für Lobbyisten (Wasserprivatisierung, TTIP,…)
– Nur die Unfähigsten werden nach Brüssel geschickt
– Gleichmacherei wo es keinen Sinn macht. Beispiel: Deutschland darf kein Wasser sparen, da wir unsere komplette Infrastruktur damit schrotten. Was allein Berlin an Frischwasser durch die Kanäle spülen muss… in Spanien wiederum macht Wasser sparen durchaus Sinn
– Ein Parlament das nichts zu sagen hat und in dem die Sitzgewichtung nach Ländern vorne und hinten nicht passt
– Soll: gemeinsames Europa Ist: jeder für seine Interessen
– Bevormundende und sinnlose Gesetze (Glühbirnen, Staubsauger,…)
– zu abgehoben um echte Probleme zu erkennen geschweige denn zu lösen.
– Hang zur Planwirtschaft (EUDSSR)
winston
28. August 2014 @ 17:48
@Der Dicke
Da haben Sie absolut recht mit dem Korsett der Währungsunion (Euro) das ist das Hauptproblem der Eurozone.
Eine Agenda 2010 wäre eigentlich gar nicht nötig gewesen, oder das einfrieren der Löhne seit 1995, diese Massnahmen schadeten nicht nur den Europäischen Partnern sondern auch dem deutschen Volk selber, im form von Lohnverzicht.
Gemessen an der deutschen Produktivität sind die deutschen Löhne viel zu tief, da gibt’s nichts zu diskutieren. Auch Minijobber und Werksarbeiter haben bei Unternehmen wie VW, BMW, Siemens, Daimler eigentlich nix zu suchen. Aber wie gesagt das ist nur das i Tüpfelchen.
Das Hauptproblem ist, am Beispiel Frankreich:
Wenn Frankreich mehr Waren und Güter von Deutschland importiert als es selber nach Deutschland exportiert, passiert folgendes, die DM wertet gegenüber dem Franc auf und der Franc ab, denn diese Waren und Güter werden in DM bezahlt, die Nachfrage nach DM steigt, folglich steigt auch die DM. Dieser Mechanismus ist seit dem Euro ausser Kraft gesetzt.
Der Euro ist für Deutschland 30% unterbewertet und für Frankreich 20-30 überbewertet, das selbe gilt für Italien.
Das ist ein gewaltiger Wettbewerbsvorteil Deutschlands.
Vor dem Euro hatte Deutschland eine ausgeglichene Handelsbilanz, nach dem Euro ist sie explodiert.
Weidmann hat das begriffen, deshalb kam er auch mit seinem Vorschlag der Lohnerhöhung von 3%, das natürlich hinten und vorne nicht reicht.
Ich wäre auch nicht überrascht wenn demnächst die deutschen Austeritätstaliban ein U Kehrtwende vollziehen und genau das Gegenteil behaupten was sie noch vor ein paar Monaten behaupteten.
Deutschland sollte man allerdings nicht all zu viele Vorwürfe machen, sondern den Italienern und Franzosen (Renzi und Holland) die eigentlich die Hauptgeschädigten sind und gleichzeitig die glühendsten Euro Befürworter, in Italien nimmt die Eurodebatte schon fast groteske Züge an, dort ist ein Eurokritker ein Terrorist. Renzi und Holland fahren ihre Länder gegen die Wand, es nützt nix mit Merkel über Austerität zu diskutieren, weil es nix zu diskutieren gibt, Austerität ist die direkte folge des Euros, da gibt’s nur eins, Euroexit.
Tim
28. August 2014 @ 13:01
@ ebo
“… und mehr Impulse aus Deutschland, etwa durch kräftige Lohnerhöhungen …”
Seufz … Der übliche Bullshit. Aber na gut, machen wir doch mal den Abgleich mit der Realität:
Importe aus anderen EU-Ländern pro Kopf der Bevölkerung, 2010:
Deutschland: 6.300 Euro
Frankreich: 4.700 Euro
Italien: 3.300 Euro
Neuere Zahlen ließen sich auf die Schnelle nicht auftreiben, das Bild wird aber hoffentlich deutlich. Wenn hier jemand Impulse liefert, dann Deutschland.
Leute, bittebittebitte: Orientiert Euch etwas mehr an der Realität.
DerDicke
28. August 2014 @ 15:25
Netto bluten wir aus:
http://www.querschuesse.de/deutschland-atemlos/
Was nutzen die Angaben zu Importen, wenn keine Exporte dagegenstehen?
0 Import 0 Export ist gesünder als
6300 Import 12000 Export und als
12000 Import 6300 Export.
Langfristig ist nur eine ausgeglichene Außenbilanz nachhaltig. Anhaltender Exportüberschuss führt andere in die Pleite. Anhaltender Importüberschuss führt in die eigene Pleite.
Tim
28. August 2014 @ 16:47
Können wir hier vielleicht ausnahmsweise mal EIN THEMA durchdiskutieren, bevor gleich wieder ein Nebenkriegsschauplatz eröffnet wird?
Oben ging es um die idiotischen Forderungen von Lagarde (die ja hier immer als sehr kenntnisreich dargestellt wird) und Juncker, daß “mehr Impulse” aus Deutschland nötig seien. Damit sind Käufe aus Deutschland bei EU-Partnern gemeint. Die Zahlen zeigen nun, daß Deutschland viel mehr als andere bei EU-Partnern kauft. Große Überraschung!
Vielleicht kann man jetzt bitte erst mal die Tatsachen als Realität anerkennen, bevor es weitergeht.
DerDicke
28. August 2014 @ 17:12
Warum so aufgebracht? Gehen die Argumente aus?
Natürlich muss man alles in Relation setzen beim Außenhandel. Ein Überschuss bleibt ein Überschuss, ob 6300 Import zu 7000 Export oder zu 12000 Export. Es hängt ja auch alles zusammen: Exportüberschuss = andere Länder müssen sich verschulden. Punkt.
Ob wir dann mit 3000 oder 20000 Import pro Nase “Impulse setzen” ist absolut egal. Dadurch wird nur noch definiert, wie lange es für ein bestimmtes Verschuldungsniveau dauert, ob der Schnitt in 3 oder in 5 Jahren kommt.
Mit Lohnerhöhungen bestände zumindest eine Chance, das Verhältnis zu entschärfen, leider wurde den Deutschen das Sparen und die Verherrlichung des gelobten Exportüberschusses zu lange eingeimpft (war früher kein Problem, die DM wertete auf und gut war’s – Exporte wurden teurer, Importe billiger und man näherte sich wieder dem Gleichgewicht). Also sehe ich auch hier schwarz.
Unsere Politik wird entweder die Währungsunion sprengen oder die Bevölkerung muss zusätzliche Opfer bringen in Form von Schuldenschnitten, was vor allem die Altersvorsorge (auch da müssen wir ja unbedingt sparen statt jetzt zu konsumieren und Arbeitsplätze zu schaffen!) ziemlich komplett rasieren wird.
Wer immer nur mit Einzelperspektiven und absoluten Zahlen hantiert ist leider etwas betriebsblind für die Zusammenhänge habe ich den Eindruck.
thewisemansfear
28. August 2014 @ 16:10
Guter Hinweis mit der Realität…
Und was genau sollen diese Zahlen jetzt aussagen? Deutschland ist Schwergewicht, toll. Rechnet man die Bevölkerung raus, ist das wahrscheinlich schon wieder halbwegs ausgeglichen.
Zudem ändern die absoluten Zahlen überhaupt nichts an den Überschüssen und Defiziten. Wenn die sich zu so was aufkumulieren, haben wir ein Problem.
Wenn Du das nicht so sehen solltest, würde mich deine Begründung interessieren.
Tim
28. August 2014 @ 18:42
@ thewisemansfear
Wie Du oben lesen kannst, sind es natürlich Pro-Kopf-Zahlen.
thewisemansfear
28. August 2014 @ 19:07
#sorry, hatte ich überlesen. Ändert aber nichts an der Tatsache, dass Deutschland zwar “Schwergewicht” ist, aber trotzdem zu wenig importiert, gemessen an den Exporten. Das ist ein relatives Problem, da kommt man mit Absolutzahlen nicht weiter.
winston
28. August 2014 @ 11:46
Euro area bank lending
https://twitter.com/cigolo/status/504910428271833088
Freiberufler
28. August 2014 @ 10:51
Höhere Löhne in Deutschland?
Haha, nachdem ein Wirtschaftskrieg mit Russland losgetreten wurde, wackeln schon die Arbeitsplätze. In den Betrieben geht die Angst um. Nicht einmal Waffen kann man noch ungestört exportieren, Vizekanzler Siggi gibt den Ethiker und grätscht brutal dazwischen.
DerDicke
28. August 2014 @ 09:16
Das Problem liegt tiefer – wie schon geschrieben, im Korsett der Währungsunion macht Deutschland mit seinem Sozialdumping alle platt. Sie können – um den Preis von inneren Unruhen und Aufständen – nachziehen, dann sind am Ende der Runde wir wieder an der Reihe mit dem Wettlauf nach unten.
Die Eurozone als ganzes hat jetzt schon einen Außenhandelsüberschuss, dieser dürfte weiter wachsen (und uns nichts bringen – Güter gegen Schuldscheine ans Ausland verschenken ist dumm) und den Euro nach oben jagen (wer bei uns Einkaufen will braucht Euro -> steigender Kurs). Folge: noch massivere Probleme im Rest der EU.
Es gibt einfach keine Lösung mit dieser Form der Währungsunion.
Tim
28. August 2014 @ 12:47
Im Außenhandel tummeln sich die deutschen Firmen auf anderen Märkten als die der Südländer. Das heißt: Deutsche Firmen konkurrieren i.d.R. nicht mit z.B. portugiesischen. Das heißt: Deutsche Löhne konkurrieren i.d.R. nicht mit z.B. portugiesischen. Das heißt: Es gibt kein Sozialdumping.
Muß man leider immer wieder betonen, weil die Handelsbilanzen von vielen wie eine Milchmädchenrechnung gelesen werden.
DerDicke
28. August 2014 @ 15:17
In Belgien (und nicht nur da) machen wir mit Dumping die Schlachthöfe platt:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/belgien-wirft-deutschen-schlachtern-sozialdumping-vor-a-893591.html
Wenn jeder Sozialhilfeempfänger jede noch so schlecht bezahlte Arbeit annehmen muss und der AG dann noch vom Arbeitsamt bezuschusst wird kann sich eine ordentlich bezahlende Konkurrenz im Ausland nicht mehr halten. Und ja, nicht nur die deutschen exportieren High-Tech. Und: Deutschland exportiert nicht nur High-Tech. Also stehen wir natürlich (auch) mit allen anderen Ländern der EU im Wettbewerb.
Und wenn in Deutschland die Latte niedriger gelegt wird müssen alle anderen Nachziehen oder mit dem Verlust an Marktanteilen und BIP leben.
ebo
28. August 2014 @ 16:05
Das deutsche Dumping hätte in der Bretagne fast eine Revolution ausgelöst. Hat in D nur keiner gemerkt. http://www.zeit.de/2013/45/niedriglohn-schlachthof-frankreich
thewisemansfear
28. August 2014 @ 16:17
Ich bring mal noch ein Beispiel.
Ist die Automobilindustrie international genug, dass die Hersteller/Zulieferer weltweit in Konkurrenz zueinander stehen? Sind wir die einzigen in D, die Autos herstellen?
Lass bitte Belege für deine These mit den “anderen Märkten” folgen, das ist in meinen Augen ein Mythos.
Tim
28. August 2014 @ 16:18
@ DerDicke, ebo
Das sind ja Riesenbrocken in der Außenhandelsbilanz, die ihr da bringt. Glaubt Ihr eigentlich, daß das hier eine Witzdiskussion ist?
DerDicke
28. August 2014 @ 16:58
@Tim
Gut dass die Automobilbranche in Frankreich und Italien kaum eine Rolle spielt und auch nicht kurz vor der Pleite steht. Gut dass in deutschen Zulieferbetrieben Scheinselbstständigkeit und Leiharbeit überhaupt keine Rolle spielen. Gut dass es auch kaum französische Elektrokonzerne wie Alstom gibt. Gut, dass Siemens so gut wie keine Leiharbeiter hat (meine Bekannte muss eine Ausnahme sein, sie wird im Jahrestakt von Abteilung zu Abteilung gereicht, sonst müsste man sie ja übernehmen).
Nein, wir haben uns alle lieb und würden NIEMALS in Konkurenz zu unseren europäischen Freunden stehen.
Wer mit “Witzdiskusion” anfängt sollte sich erst mal informieren. Alles was nicht lokale Dienstleistung ist (Friseur, Arzt) steht miteinander in Konkurrenz. Selbst mit Rohlingen von Brötchen machen wir sie platt:
http://www.abzonline.de/fokus/milliarden-broetchen-aus-dem-ausland,7069293564.html
“Export überwiegt Import
Auffällig in der Statistik ist das Import-Exportverhältnis. Bis zum Jahr 2005 wurde weniger exportiert als importiert. 2006 überstiegen die Exporte mit 97.000 Tonnen erstmals die Importe mit 95.000 Tonnen. Seit 2006 stiegen die Exporte auf mehr als 200.000 Tonnen. Die Handelsbilanz ist mengen- und wertmäßig deutlich positiv. ”
– Warum exportieren wir hier auf eimal mehr als wir importieren, obwohl wir vorher einen Importüberschuss hatten (*Pst*: Lohndumping)
– Dies ist eine absolute Spartennachricht. Es sieht aber bei anderen Produkten ähnlich aus, weil wir in Deutschland so effizient und billig produzieren, dass die Produkte trotz Transport wettbewerbsfähiger sind. Sogar bei Rohlingen von Brötchen.
Tim
28. August 2014 @ 18:59
@ DerDicke
Bitte schieb mir doch keine Positionen unter, die ich nicht vertrete. NATÜRLICH stehen z.B. die französische und die deutsche Automobilwirtschaft in sehr wichtigen Teilmärkten in sehr großer Konkurrenz zueinander. Es gibt aber kein LOHNDUMPING in den wichtigen Exportbranchen. Ganz im Gegenteil, in Exportbranchen werden immer deutlich höhere Löhne als im Landesdurchschnitt gezahlt (das gilt übrigens für alle Länder).
Hier ein aktueller Vergleich der Arbeitskosten im Verarbeitenden Gewerbe (speziell in der Exportwirtschaft müßten die Unterschiede eigentlich noch deutlicher sein):
https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2014/05/PD14_164_624.html
Du hast die Erklärung übrigens schon selbst geliefert: Deutsche Unternehmen produzieren extrem effizient, haben im Verarbeitenden Gewerbe in den letzten 20 Jahren ja auch hervorragend Kapazitäten in Osteuropa aufgebaut. Frankreich hat genau das NICHT getan bzw. längst nicht im selben Maß. Portugal und Italien natürlich auch nicht.
Um es mal etwas vereinfacht zu formulieren: Frankreich beklagt sich jetzt darüber, daß die deutschen (Export-)Firmen mit einer brillanten Mischkalkulation Deutschland/Osteuropa arbeiten. Noch einmal: Das ist KEIN Lohndumping. Das ist europäische Einigung auf Osteuropäisch.
thewisemansfear
28. August 2014 @ 19:23
@Tim
“Es gibt aber kein LOHNDUMPING in den wichtigen Exportbranchen.”
Wir betrachten doch aber die GESAMTwirtschaft, und nicht nur den Teilbereich, der besonders gut läuft, oder?
Vom Phänomen Zeit- und Leiharbeit ganz zu schweigen, kauft die Exportindustrie über allerhand Vorleistungen beim “Rest der Wirtschaft” ein. Wenn durch LOHNDUMPING diese Dienstleistungen besonders günstig ausfallen, dann profitiert der Sektor dadurch kräftig mit.
Das große Ganze im Auge zu haben ist eine Kunst…
DerDicke
28. August 2014 @ 22:31
@Tim
Vielen Dank, damit ist der Beweis erbracht, dass die Währungsunion so nicht funktioniert.
Entweder in Deutschland werden die Löhne soweit erhöht, dass sie in Relation zur Effektität der anderen Länder stehen. Wobei das dann nur der Nachholbedarf ist, der seit 2000 aufgelaufen ist. Jährlich ca. 2-3% die Deutschland zu wenig erhöht hat, also müssten die Löhne nach 14 Jahren ca. 30-45% steigen. Dabzu noch eine Einmalzahlung für die 15 Jahre zu niedrigen Lohnes, also nochmal ca. 300% eines Jahresgehaltes oben drauf.
Oder mangels Wettbewerbsfähigkeit der anderen crasht der Laden.
Im Normalfall würde der Wechselkurs diese Ungleichgewicht auswuchten.
qed.
Tim
29. August 2014 @ 08:37
@ thewisemansfear
“kauft die Exportindustrie über allerhand Vorleistungen beim “Rest der Wirtschaft” ein”
Äh, nein. Was in der Industrie oft ausgelagert ist, sind z.B. Ingenieur- oder Beratungsleistungen, da liegt das Einkommensniveau aber weit über dem, was Du hier als “Lohndumping” bezeichnest. 🙂 Hinzu kommen wie gesagt die importierten Vorleistungen.
Ich weiß nicht, welche Vorleistungen Du im Sinn hast, aber Sachen wie z.B. Facilitymanagement oder Catering dürften vom Volumen so unbedeutend sein, daß sie auf die Preisstruktur der Exportstruktur nur minimalen Einfluß haben.
Mein Tipp: Trenn Dich einfach von dem bequemen Gedanken des Lohndumpings in der Exportindustrie und befaß Dich mit den Umstrukturierungen in der deutschen Wirtschaft seit Anfang der 90er. Dann wirst Du viele Firmen sehen, die das Konzept der internationalen Arbeitsteilung nahezu perfekt umgesetzt haben. Diese Entwicklung haben z.B. Frankreich und Italien total verschlafen. Frankreich kämpft sogar wie ein Löwe dagegen an, ein fataler Fehler.
ebo
29. August 2014 @ 09:59
Seh ich auch wie Tim. In der deutschen Exportindustrie kann von Lohndumping keine Rede sein, wohl aber von einer Arbeitsteilung mit Osteuropa. Das hat Frankreich eindeutig verpennt.
Tim
29. August 2014 @ 10:47
@ ebo
Mal eine verschwörungstheoretische Idee: Polen und sogar auch die Slowakei holen beim Lohnniveau ja kräftig auf – ist man darum an der Ukraine so interessiert? Langfristig neue Werkbänke sichern? 🙂
Achtung, nur halbernst gemeint. 🙂