Soziales Europa adé

Die EU-Kommission sorgt sich um die soziale Schieflage der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Sozialkommissar Andor hat nun Vorschläge zur „sozialen Dimension“ der Währungsunion gemacht. Doch sie sind das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt wurden.

Für Empörung sorgt vor allem, dass die Kommission die Idee einer gemeinsamen Arbeitslosenversicherung für die Euro-Länder gestrichen hat.

Dieses Projekt hatten EU-Ratspräsident Van Rompuy und Kommissionschef Barroso im vergangenen Jahr vorgeschlagen, um die Jobkrise in der Währungsunion einzudämmen.

Die Arbeitslosenkasse, die von allen Euro-Ländern gemeinsam finanziert werden soll (nicht nur von Deutschland), war auch noch in ersten Entwürfen zur „sozialen Dimension“ enthalten.

Doch offenbar mit Rücksicht auf Kanzlerin Merkel und die Bundestagswahl wurde der Text immer mehr verwässert. In der nun veröffentlichten Endfassung ist bis auf ein paar unverbindliche Absichtserklärungen kein einziges neues Sozialprojekt mehr enthalten.

Nur die „Mobilität der Arbeitnehmer“ – also die grenzüberschreitende Suche nach einem Job – wird als förderungswürdig herausgestellt. Offenbar will man noch mehr arbeitslose Spanier nach Deutschland schicken, mit schönem Gruß von der EU.

Ansonsten schlägt Brüssel eine stärkere Überwachung der Euroländer vor – diesmal auf dem Feld der Sozialpolitik. Die Arbeitslosenquote, das Armutsrisiko und die Einkommensentwicklung sollen künftig näher unter die Lupe genommen werden.

Allerdings soll es keine mit Strafen bewehrte Grenzwerte wie in der Finanzpolitik geben. Ein dreiprozentiges Budgetdefizit kann milliardenschwere Sanktionen auslösen, 50 Prozent Jugendarbeitslosigkeit hingegen bleiben ohne Folgen.

Letztlich bleibt die „soziale Dimension“ damit ein Feigenblatt für die asoziale Austeritätspolitik, die von der Mehrheit der Europäer abgelehnt wird.

Das „soziale Europa“, das uns seit dem Maastricht-Vertrag 1992 versprochen wurde, ist gestorben. Auch die „echte Währungsunion“, die die Euro-Chefs noch 2012 schaffen wollten, ist offenbar passé.

Aber wir haben ja die Fiskalunion, das reicht doch völlig, nicht wahr, Frau Merkel?

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