Gegen die Wand
Die Wirtschaftskrise hat Frankreich nun auch in eine politische Krise gestürzt. Der Rücktritt der Regierung Valls sei „die letzte Chance für Präsident Hollande“, kommentiert „Le Monde“. Sie ist aber auch ein Weckruf für die EU: Ohne Wachstum fährt der Euro gegen die Wand.
Seit Wochen fordern Sozialdemokraten und Sozialisten in der EU ein Ende der einseitigen Sparpolitik und eine gezielte Förderung des Wachstums, etwa durch öffentliche Investitionen.
Neben SPD-Chef Gabriel und EU-Parlamentspräsident Schulz hat vor allem Italiens Premier Renzi eine Umkehr gefordert. Doch geschehen ist nichts.
In ihrem Frühjahrsgutachten verlangte die EU-Kommission unbeirrt, am „bewährten“ Kurs für die Eurozone festzuhalten.
Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble stemmten sich gegen jede Änderung am Stabilitäts- und Wachstumspakt, der Frankreich detaillierte Vorgaben zum Defizitabbau macht.
Der Pakt enthalte bereits genug Flexibilität, heißt es gleichlautend in Brüssel und Berlin. Das ist zwar – wenn man in der EU-Logik bleibt – richtig, geht aber am Kern des Problems vorbei.
Denn während die EU-Politiker noch über die Auslegung ihrer eigenen bürokratischen Regeln streiten, verschlechtert sich die Wirtschaftslage in Euroland zusehends.
Nicht nur Frankreich leidet, auch Schulmeister Deutschland bekommt Probleme: im zweiten Quartal schrumpfte überraschend die deutsche Wirtschaft.
Und das könnte erst der Anfang sein. Gestern wurde der neue Ifo-Geschäftsklimaindex bekannt – er weist zum vierten Mal in Folge nach unten. Das verheisst nichts Gutes.
Euroland droht nun nicht mehr nur eine Deflation, sondern sogar ein Rückfall in die Rezession. Die Lage ist so ernst, dass plötzlich sogar EZB-Chef Draghi vom Austeritätskurs abrückt.
„Das Risiko, bei der Nachfragestärkung zu wenig zu tun, ist derzeit größer als das Risiko, zu viel zu tun“, so der Italiener.
Für Draghi sind vor allem die Regierungen der Euroländer am Zug – denn die EZB hat ihre Trümpfe schon weitgehend ausgereizt.
Im Kern sagt er damit nichts anderes als der nun gefeuerte Montebourg, der ein Ende der „kafkaesken“ Sparpolitik gefordert hatte. Doch auch Draghis Appell dürfte nicht viel bewegen.
Denn die EU hat derzeit andere Sorgen. Beim nächsten EU-Gipfel am kommenden Samstag steht nicht etwa die Wirtschaftskrise auf dem Programm, sondern die Verteilung von Pöstchen.
Erst im November, wenn die neue EU-Kommission (vielleicht) steht, könnte es neue Impulse aus Brüssel geben. Ob sich dann auch endlich die Wirtschaftspolitik ändert, weiß derzeit aber niemand.
Siehe zu diesem Thema auch „Europe is in a mess“ und „Investitionen? Parlare!“
photo credit: Philippe Moreau Chevrolet via photopin cc
popper
23. Oktober 2014 @ 15:01
@Nemschak
…ihre Frage ist unsinnig Vermögen und Wachstum sind sogenannte Flüsse (Flows) die kann man nicht in Relation setzen…
Peter Nemschak
23. Oktober 2014 @ 17:04
Vermögen ist eine Stock-Größe, Einkommen dagegen eine Flow-Größe. Die Vermögensverteilung kann durchaus auch relevant für das BIP-Wachstum sein, nämlich dann wenn sich die Reichsten nicht mehr wie Unternehmer sondern wie Rentiers verhalten. Sie meinten aber wahrscheinlich die ungleicher werdende Einkommensverteilung. Nicht von ungefähr ist die Einkommensverteilung zwischen den Staaten gleicher geworden, innerhalb der Staaten aber ungleicher. Die Entwicklungsländer haben relativ ihren Anteil am Weltsozialprodukt zu Lasten der entwickelten Länder vergrößert, auch wenn bei ihnen die Schere zwischen arm und reich aufgegangen ist.
popper
21. Oktober 2014 @ 16:50
Der neoliberale TIM schreibt viel, versteht aber die ökonomischen Sachzusammenhänge nicht einal ansatzweise. Strukturreformen beschränken sich bei ihm immér nur auf einen Sektor der Volkswirtschaft, nämlich auf den Arbeitsmarkt. Und die Unternehmen soll man gefälligst pempern mit Kostenreduktion. Im Übrigen sind die Schulden des Staates die Vermögen des privaten Sektors. Insbesondere der oberen 10%. Wer die Schulden des Staates abbauen will, muss die Vermögen des Privatsektors abbauen. Solange die Unternehmen sparen investieren sie nichts. Warum auch, wenn keine ausreichende Nachfrage bei den restlichen 90% vorhanden ist. Und noch was, Investitionen in das Finanzkasino sind Nullsummenspiele.Sie schaffen keine realen Werte. Selbst wenn die Arbeitskräfte für Nichts arbeiten, Liquidität schaft auch dann keine Rentabilität. Ob das der neoliberale TIM rafft?
Peter Nemschak
22. Oktober 2014 @ 09:42
Wie erklären Sie, dass Staaten wie die USA und insbesondere China, die eine wesentlich ungleichere Vermögens- und Einkommensverteilung als die EU-Staaten haben, trotzdem eine höhere Wachstumsrate als Europa haben?
popper
22. Oktober 2014 @ 20:37
Lieber Peter Nemschak, Sie haben offensichtlich gar nicht verstanden, was ich gepostet habe. Wachstum spielt hierbei weniger eine Rolle. Denn wenn es so wäre wie Sie es unterstellen, dass die Allokation der Vermögen für das Wachstum unerheblich ist, dann sollten Sie vielleicht mal Piketty lesen.
Peter Nemschak
23. Oktober 2014 @ 10:42
@popper Auch Piketty hat, wie seine berühmten Vorgänger, den Stein der Weisen nicht erfunden. Ich bin stets skeptisch gegenüber jenen, die meinen, in den Sozialwissenschaften ewig gültige Gesetze entdeckt zu haben oder versuchen, den Gang der Geschichte monokausal zu erklären. Faktum ist, dass in den letzten 25 Jahren es im bis dahin erfolgsverwöhnten Europa nicht nur Gewinner sondern auch Verlierer gegeben hat. Insgesamt haben die Entwicklungsländer hinsichtlich Welteinkommens- und Vermögensverteilung profitiert, wenn auch nicht alle Bewohner dieser Länder. Die Antwort auf meine konkrete Frage sind Sie schuldig geblieben.
winston
26. August 2014 @ 18:47
Wo es kein Wachstum gibt, gibst auch keine Investitionen.
Die Eurozone wird vermutlich 2015 in Deflation fallen, dann dürften die Investitionen noch knapper werden, als sie schon sind.
Wer investiert schon in ein deflationäres Umfeld.
In China wo der Staat praktisch überall die Finger drin hat, läuft es prächtig.
ebo
26. August 2014 @ 18:30
Frage an unsere neoliberalen Frankreich-Basher: Vom wem stammt dieses Zitat?
„So sinkt seit Jahren der reale Kapitalstock der Industrie in Deutschland. Ausländische Unternehmen haben rund 600 Milliarden Euro weniger in Deutschland investiert als deutsche Unternehmen im Ausland. Die öffentlichen Investitionen betragen lediglich 1,6 Prozent gemessen am BIP. Deutschland ist als Investitionsstandort trotz der positiven wirtschaftlichen Entwicklung der vergangenen Jahre offensichtlich gar nicht so attraktiv.“
Tim
26. August 2014 @ 19:04
@ ebo
Meinst Du mich? 🙂 Ich lese das übrigens nicht als Beschimpfung, sondern als Auszeichnung. 🙂
Keine Ahnung, von wem die Aussage stammt, sie könnte wirklich auch von mir sein. Denn GENAU DAS sage ich doch immer wieder: Deutschland hat ein riesiges Standortproblem, von dem aber die (exportorientierte) Industrie wegen ihrer wirklich guten Strategie bei Auslandsinvestitionen praktisch nicht betroffen ist.
Ich „bashe“ Frankreich hier nur so oft, weil Du regelmäßig Sympathie für die irrsinnigen Ideen der französischen Wirtschaftspolitiker bekundest. Würdest Du öfter mal über Deutschland schreiben, gäbe es auch Bashing für Merkel und ihre Versagertruppe.
Beide Länder leben von der Substanz und fahren defensive Angststrategien. Am Ende trifft es diejenigen am härtesten, die sich am schlechtesten gegen die Folgen wehren können: Arbeitnehmer mit mittlerem, kleinem oder keinem Einkommen.
ebo
26. August 2014 @ 21:22
@Tim
Du warst nicht speziell gemeint. Aber wenn du Dich angesprochen fühlst, sollst du hier auch die Antwort bekommen: Das Zitat stammt von Allianz-Chef Diekmann, hier die quelle: http://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/a-985116.html
Peter Nemschak
26. August 2014 @ 18:10
@thewisemansfear die mittlere und obere Mittelklasse hat sich einkommensmäßig gut gehalten. Verloren hat die untere Mittelklasse durch den technischen Fortschritt, der viele Beschäftigungsmöglichkeiten gekostet hat sowie die Konkurrenz aus den Entwicklungsländern. Da helfen Konjunkturprogramme nicht wirklich weiter.
thewisemansfear
26. August 2014 @ 22:43
Konkurrenz aus den Entwicklungsländern, aha. Wofür war nochmal das Weltwährungssystem da? Genau, um Handelsungleichgewichte (im Nachgang) zu neutralisieren. Ansonsten gibt es Anti-Dumping Regularien und was weiß ich noch alles. In der Realität sind es die Industrieländer, die den Entwicklungsländern ihren Stempel aufdrücken… Friedrich List ist aktuell wie nie.
Ich wüsste nicht, wo ich geschrieben habe, dass Konjunkturprogramme ein Allheilmittel wären.
Peter Nemschak
26. August 2014 @ 14:07
@ebo Frankreichs Etatismus läßt sich nicht wegreden. Das Land hat einen im Vergleich zu seinen Mitbewerbern sehr hohen Staatsanteil, der bremst. Vergleichen Sie auch einmal die Sozialpartnerschaft zwischen Deutschland und Frankreich. Letztere ist ungleich mehr als erstere von klassenkämpferischen Ideen geprägt.
Freiberufler
26. August 2014 @ 12:43
Die Probleme Frankreichs in Kurzfassung: Bankrott. Und im ungedeckten Papiergeldystem geht halt nicht der Staat pleite, sondern seine Bürger.
Tim
26. August 2014 @ 13:12
@ Freiberufler
Frankreichs Probleme sind Bürokratie, Überreglementierung und mangelnde Bildungschancen in sozial schwachen Bevölkerungsgruppen. Vor allem aus diesem Grund sind die privatwirtschaftlichen Investitionen in Frankreich seit langem viel zu niedrig. Weder ein Konjunkturprogramm noch Entschuldung werden daran etwas ändern.
Deutschland hat ziemlich dieselben Probleme, aber da die deutsche Wirtschaft viel einfacher Teilproduktionen in (vor allem) Osteuropa aufbauen konnte, stehen deutsche Firmen blendend da. Beim Arbeitnehmer kommt davon natürlich nicht viel an.
Wie überall in der Welt überschätzt auch die französische Linke Geld und unterschätzt Organisation. Es wird daher wohl leider noch sehr lange dauern, bis Frankreich begriffen hat, wo sein Problem liegt.
ebo
26. August 2014 @ 13:21
@Tim
Frankreich hat andere Probleme, als Du meinst. Die französische Wirtschaft stützt sich – anders als die deutsche – vor allem auf Auslandsinvestitionen und Binnennachfrage. Sie ist viel weniger exportorientiert. Die Auslandsinvestitionen sind seit dem Verlust des AAA eingebrochen. Nun ist die Binnennachfrage dran – Stichwort kaputtsparen. Zudem sind Frankreich wichtige Märkte in Südeuropa (Spanien!) und in Nahost (Iran!) weggebrochen. Last not least macht Deutschland seinem „Partner“ Billigkonkurrenz – auf den Schlachthöfen, aber auch in der Landwirtschaft. Ich habe 7 Jahre in Frankreich gelebt und weiß, wovon ich spreche…
Tim
26. August 2014 @ 14:21
@ ebo
Nein, die Binnennachfrage in Deutschland und Frankreich ist praktisch identisch, um die 58 % vom BIP. Das ist übrigens auch ungefähr der Wert im EU-Mittel. Weiß der Himmel, warum dieses (falsche) Argument immer wieder so gern gebracht wird.
Aber Dein Spinning ist fast schon genial: Weil die französischen Firmen (aus gutem Grund) keine Lust auf Investitionen im Heimatmarkt haben, „stützt“ sich die französische Wirtschaft vor allem auf Auslandsinvestitionen. Da verkaufst Du eine eklatante Schwäche als Tugend. 🙂
Merke: Auslandsinvestitionen machen in entwickelten Volkswirtschaften immer nur einen geringen Teil der Gesamtinvestitionen aus.
ebo
26. August 2014 @ 14:32
Naja erst seit kurzem stützt die Binnennachfrage die deutsche Konjunktur. Doch sobald die Exporte schwächeln, geht es bergab, siehe Q2. Und in D wäre man schon froh, wenn überhaupt jemand investiert…
Tim
26. August 2014 @ 14:48
@ ebo
Wenn Du wirklich mal eine Volkswirtschaft sehen willst, die von der Binnennachfrage abhängt – schau Dir Großbritannien an. Die brauchen auch keine großartige Investitionsquote, weil ohnehin alles Handel und Finance ist.
Deutschland und Frankreich aber müssen unbedingt ihre privatwirtschaftlichen Investitionen ankurbeln, und das geht nun mal nur über höhere Attraktivität für die Unternehmen.
Wenn Du die Zukunft Frankreichs ernsthaft in der Landwirtschaft siehst, solltest Du Dich übrigens bei Hollande als Minister bewerben. Deine Chancen stünden gut. Vielleicht könnte man gleich noch einen kubanischen Wirtschaftsberater dazunehmen, die sehen das ja ganz ähnlich und haben viel Erfahrung mit entsprechenden Strukturmodellen. 🙂
ebo
26. August 2014 @ 15:34
Landwirtschaft ist ein Wachstumsmarkt, vor allem Bayern und Meckpomm protegieren ihn. Aber wer sagt, dass ich Frankreich mehr davon empfehle? Eher schon mehr Digitalwirtschaft, da liegt Deutschland weit zurück…
Tim
26. August 2014 @ 15:41
@ ebo
Ich meine das wirklich ernst, Du solltest in die französische Politik gehen. Du verbindest Wachstumsmärkte mit protegieren, das entspricht voll der französischen Denkschule. 🙂
ebo
26. August 2014 @ 16:18
Prima, ich denk mal drüber nach. Washington wäre auch nicht schlecht, die ticken genauso 🙂
thewisemansfear
26. August 2014 @ 16:22
@Tim
Ich weiß nicht, an was Du die Binnennachfrage festmachst, aber die Einzelhandelsumsätze sprechen eine sehr deutliche Sprache: http://www.querschuesse.de/wp-content/uploads/2014/06/1a62.jpg
Die „Entwicklung“ in Deutschland korreliert stark mit den Reallöhnen, die sind ebenfalls seit 20 Jahren flach wie ein Brett.
Tim
26. August 2014 @ 18:08
@ thewisemansfear
Durchaus möglich, daß Du da mit den Einzelhandelsumsätzen einer ganz heißen Sache auf der Spur bist, aber normalerweise diskutiert man bei der BIP-Verwendung in diesem Rahmen: http://de.wikipedia.org/wiki/Verwendungsrechnung
Und da werden Deutschland halt immer und immer wieder Vorhaltungen wegen des ach so geringen privaten Konsums gemacht, was nun mal nicht zutrifft.
Wegen der schwachen Lohnentwicklung in Deutschland mußt Du mich übrigens überhaupt nicht überzeugen, ich sehe das ja genauso und habe immer wieder den Grund dafür genannt: seit Jahrzehnten viel zu niedrige Unternehmensinvestitionen.
thewisemansfear
26. August 2014 @ 22:32
@Tim
Gut, dann lass mich nochmal laut über meine „heiße Spur“ nachdenken.
Die Unternehmen müssen also ihre Investitionen ankurbeln, der Standort attraktiver werden.
Sage mir doch bitte, wieso ein Unternehmer zusätzlich investieren soll, wenn die Kapazitäten nicht ausgelastet sind und erst recht keine Besserung dieser Situation am Horizont erkennbar ist? Bzgl. Kapazitäten sind wir beim Thema Nachfragemangel / Löhne, ansonsten schlägt bei den Aussichten das deflationäre Umfeld durch.
Wer nimmt in einer solchen Situation Geld in die Hand und investiert? Niemand freiwillig und daher verstärkt sich dieser Trend nur noch weiter.
Wenn man um diese Zusammenhänge weiß, ist ein Inflationsziel bei knapp unter 2% plötzlich ein gar nicht mehr so verkehrtes Ziel…
Die Frage ist nur, wie kommen wir dahin? Flassbeck sagt das geht nur über die Löhne. Damit steige die Binnennachfrage und damit einhergehend die Kapazitätsauslastung, was für ein besseres Investitionsklima sorgt. In Südeuropa wird ja über die Löhne intern abgewertet, damit wird diese These indirekt bestätigt.
Staatliche Konjunkturspritzen helfen nur kurzfristig, um Schwächephasen zu mildern (siehe Abwrackprämie), können aber keinen langfristigen Trend setzen. Wenn der Laden aber nun von allein nicht laufen (wachsen) will, dann hat man vielleicht eine falsche Vorstellung davon, was „Wirtschaft“ überhaupt leisten soll. Wachstum ist m.E. längst zum Selbstzweck verkommen, nur stößt jedes System irgendwann an seine Grenzen.
Ich bin gespannt, wie lange das herumdoktern noch geht, bis man die alten Dogmen endlich über Bord wirft.
Tim
27. August 2014 @ 09:50
@ thewisemansfear
Nein, Du betrachtest das Problem nur aus einer viel zu kurzfristigen Perspektive. Es existiert aber nicht erst seit gestern. Französische und deutsche Unternehmen investieren SEIT JAHRZEHNTEN zu wenig im Heimatmarkt – ganz egal, wie gerade die wirtschaftliche Lage ist. Auch in guten Zeiten wird nicht genügend investiert.
Wie ich schon sagte: Ihr Linken denkt immer nur ans Geld bzw. glaubt, daß es alle Probleme verursacht und sich aber auch bizarrerweise alle Probleme durch Geld (in diesem Fall: Konjunkturspritzen) lösen lassen. Leider denken bestimmte EU-Eliten ganz ähnlich.
thewisemansfear
27. August 2014 @ 10:14
Du gehst schon gar nicht mehr inhaltlich auf die Kritik ein.
WARUM soll denn investiert werden?
Hat es deiner Meinung nach die Agenda Unternehmens-Bepamperung nicht gegeben? Was hat es gebracht (Steuererleichterungen, etc)? Also mehr davon? Nicht im Ernst…
Und nein, ich habe ausdrücklich gesagt, dass Konjunkturspritzen wenn dann nur kurzfristig wirken und kein Allheilmittel darstellen. Für dich scheint das Feindbild „Linker“ (ist alles relativ) aber ausgemacht und da sind dann Inhalte nebensächlich?
Au backe.
Peter Nemschak
26. August 2014 @ 12:35
@T-Mac Glauben Sie nicht, dass wir die bestehenden Staatsausgaben produktiver als bisher einsetzen könnten? Investitionen in Infrastruktur und Bildung sind zumindest genauso wachstumswirksam wie jene in Frühverrentung. Das bestehende Geflecht von Subventionen fördert nicht unbedingt die Leistungsfähigkeit einer Wettbewerbswirtschaft.
Das von Linken wiederholt gebrauchte Argument der Saldenmechanik verkennt, dass die EU zwar ein bedeutender Teil der Weltwirtschaft aber nicht ident mit dieser ist. Sozialistische Wirtschaften sind, wie die Geschichte gezeigt hat, Armutsverteilungswirtschaften. Kein Wunder, dass der Kapitalismus weltweit auf dem Vormarsch ist, auch und gerade in den Entwicklungsländern dieser Welt. Dass es in der sozialistischen kubanischen Wirtschaft nicht einmal ausreichend Bier gibt, ist ein schlagender Beweis für das Versagen des Sozialismus.
thewisemansfear
26. August 2014 @ 13:23
Saldenmechanik gilt weltweit, die existiert nicht nur in der EU. Der Saldo der Welt ist zu jedem Zeitpunkt gleich Null, eine ganz simple Binse eigentlich.
Wenn einem die Argumente ausgehen, müssen halt alte Platitüden wieder aufgewärmt werden. Niemand redet von plumper Gleichmacherei. Und ebenso leugnet niemand, dass es Verschwendung bei den Staatsausgaben gibt. Das sind alles Nebenkriegsschauplätze, die Sie neu aufmachen, daher nochmal der Kernpunkt im Statement weiter oben:
„Ist denn der kleine Perspektivwechsel so schwer, dass dieses “Auslandswachstum” für sich genommen lediglich Binnenmarktwachstum mit Auslandsnachfrage im jeweiligen Land darstellt?“
Was ist das für eine Wirtschaftspolitik, die von der Binnennachfrage im jeweiligen Aus-Land profitieren will, aber den eigenen Markt längst abgeschrieben hat?
Arbeiten Sie sich doch bitte daran ab, dann käme die Diskussion wenigstens inhaltlich weiter. Vielleicht bin ich auch der Einzige, der das widersprüchlich findet.
ebo
26. August 2014 @ 12:31
Noch ein wenig Lesestoff:
http://www.liberation.fr/economie/2014/08/25/la-contestation-de-l-austerite-au-coeur-de-la-crise-politique_1086526
http://www.taz.de/Kommentar-Pariser-Regierungskrise/!144810/
http://www.eubusiness.com/news-eu/germany-france-imf.xh3
http://www.theguardian.com/business/2014/aug/24/eurozone-economic-disaster-unconventional-solution?CMP=twt_gu
thewisemansfear
26. August 2014 @ 09:46
Wirtschaft „überraschend“ geschrumpft… Witz komm raus. Jede(r) mit genug Sinn und Verstand hat das kommen sehen. Eine dermaßen auf Export ausgerichtete Wirtschaft ist auf stetiges Wachstum im Ausland angewiesen.
Ist denn der kleine Perspektivwechsel so schwer, dass dieses „Auslandswachstum“ für sich genommen lediglich Binnenmarktwachstum mit Auslandsnachfrage im jeweiligen Land darstellt? Anscheinend ist es den meisten „großartigen Lenkern“ unmöglich, diese Zusammenhänge zu erkennen.
Anders lässt sich nicht erklären, warum man die „eigene Kundschaft“ erst durch Spar-, nein Kürzungsdiktate ruiniert und sich anschließend wundert, dass die nicht mehr groß auf Shopping-Tour beim Nachbarn geht… Alles ganz überraschend, hat niemand kommen sehen. Und dann noch negative Auswirkungen wegen internationaler Konflikte, dafür könne man ja nichts, sorry Bevölkerung.
Das ist ein richtig schöner Vorwand, hinter dem man sich in den oberen Etagen verstecken kann. Falsche Politik betrieben? Iwo! Alles äußere Einflüsse, kann man nix machen…
Wer den eigenen Binnenmarkt sträflich vernachlässigt und sich rein aufs Absahnen bei den Nachbarn verlässt, der wird früher oder später sein blaues Wunder erleben. Dann, wenn die Nachbarn/Kunden entweder nicht mehr wollen, weil sie dieses elende Spiel nicht mehr ertragen oder eben gar nicht mehr können.
Peter Nemschak
26. August 2014 @ 10:44
Soll man dem Rest der Welt verbieten deutsche Produkte zu kaufen?
thewisemansfear
26. August 2014 @ 11:28
Nein, kann und soll man nicht. Aber das Gleichgewicht zwischen Geben und Nehmen muss gewahrt werden. Sich auftürmende Ungleichgewichte sorgen für einen immer größer werdenden Ausgleichsdruck im Kessel. Und der Ausgleich kommt, so oder so. Die Frage ist, ob mit lautem Knall oder allmählich.
Tim
26. August 2014 @ 11:33
Soweit ich sehe, empfehlen die Eurozonen-Wachstumsexperten etwas anderes: Deutsche Unternehmen sollen nicht Maschinenbau-Vorprodukte in der Slowakei kaufen, sondern Olivenöl in Portugal. Das sei wichtig, um Ungleichgewichte im Handel auszubalancieren.
T-Mac
26. August 2014 @ 12:02
Werter Hr. Nemschak,
ich würde Ihnen empfehlen sich bei Gelegenheit mal mit Saldenmechanik zu befassen. Ihre betriebswirtschaftlich geprägte Denke verstellt Ihnen offensichtlich den Blick. Nixfürungut
Peter Nemschak
26. August 2014 @ 09:28
Wie wäre es damit, Strukturpolitik mit Wachstumspolitik dadurch zu verbinden, dass Subventionen gekürzt und die freiwerdenden Mittel in Bildungs- und Infrastrukturinvestitionen gesteckt werden. Da würde man sich zusätzliche Staatsschulden sparen. Schwache Politiker !!!
Eric
26. August 2014 @ 11:22
Herr Nemschak anscheinend nicht rechnen. Wachstumspolitik heißt netto mehr Geld zur Verfügung stellen; wenn dieses Geld aus Ersparnissen anderswo kommt, ist es keine Wachstumspolitik mehr, sondern Strukturpolitik. x – x = 0.
Tim
26. August 2014 @ 08:27
Wenn diese Irren sich durchsetzen, stehen uns 20 Jahre japanische Verhältnisse bevor. Verpuffende Konjunkturprogramme mit Strohfeuer-Effekt, weil man nicht die wahren Probleme beseitigt.
Wer es noch immer nicht verstanden hat: Alle EU-Länder fahren seit Jahrzehnten ein gewaltiges PERMANENTES Konjunkturprogramm. Staatsquoten zwischen 40 und 50 % sind nichts anderes als Keynes mit Vollgas. Konjunkturprogramme bringen aber nur dann etwas, wenn man eine niedrige Staatsquote hat und sie danach auch wieder auf einen niedrigen Stand bringt.
Abgesehen davon gibt es nirgendwo in Europa konsequente Sparpolitik. Das Gerede von dieser phantomartigen Austerität ist bizarr.
ebo
26. August 2014 @ 09:50
@Tim
Schön, dass wir einen bekennenden Neoliberalen in diesem Blog haben. noch schöner wäre es, wenn du auch mal die Warnung von EZB-Chef Draghi zur Kenntnis nehmen würdest. Oder von IWF-Chefin Lagarde. Es sind eben nicht nur Linkskeynesianer, die vor einem Desaster warnen. Sehr lesenswert auch weiter P. Legrain, ein klassischer Liberaler Brite, der jahrelang Kommissionschef Barroso beriet.
Peter Nemschak
26. August 2014 @ 09:55
Man kann wahrscheinlich genauso viele Ökonomen finden, welche das Gegenteil behaupten. Daher sollte sich die Aufregung in Grenzen halten.
Tim
26. August 2014 @ 10:05
@ ebo
Diese Leute sollen bitte mal verdeutlichen, aus welchem Grund Unternehmen nach einer eventuellen Konjunkturspritze wieder gern nachhaltig in z.B. Frankreich investieren wollen. Denn das wird nicht passieren, solange sich nichts grundlegend an der französischen Wirtschaftspolitik ändert. Die Franzosen müssen lernen, Unternehmen zu mögen und zu umwerben. So einfach (bzw. so schwierig) ist das. Kein Konjunkturprogramm kann diese nötige Kehrtwende ersetzen.
In Ländern wie Portugal, (Süd-)Italien oder Griechenland sieht die Lage natürlich etwas anders aus, die konkurrieren ja eher um Investitionen, die in Länder wie die Türkei oder Brasilien gehen. Aber auch hier führt kein Weg an sinnvoller Zukunftspolitik vorbei. Man muß nur ENDLICH damit anfangen. Der beste Zeitpunkt dafür ist immer: jetzt.
Peter Nemschak hat es unten ja schon gesagt: Staatliche Investitionen sind immer dann sinnvoll und nachhaltig, wenn sie nötig sind. Konjunkturinvestitionen hingegen sind blödsinnig und verpuffen.
thewisemansfear
26. August 2014 @ 09:55
Was, wenn ich dir sagen, dass „Sparpolitik“ nichts bringt, bzw. die aktuellen Probleme verursacht?
„Sparen“ ist nicht ausgegebenes Geld, was der Wirtschaft damit entzogen ist. Das wahre Problem heißt Verteilung, die eine Seite „spart“ zu viel, während ein beträchtlicher Teil von der Hand in den Mund lebt. Diejenigen unten in der Pyramide würden sich gerne entschulden (Schuldenabbau ist ja das, was dir vorschwebt), allerdings lassen die „Sparer“ durch ihr Verhalten genau das nicht zu. Soll ich den Zusammenhang zwischen Schulden und Geldvermögen nochmal erklären?
Peter Nemschak
26. August 2014 @ 12:13
Strukturpolitik in Zeiten geringen Wachstums und niedriger Inflation, wo es nicht darum geht Zuwächse sondern Lasten zu verteilen, funktioniert nur dann, wenn alle Bevölkerungsgruppen belastet werden. D.h. man muss allen Gruppen, je nach Leistungsfähigkeit, etwas wegnehmen, um die Zukunft zu sichern. Verglichen mit früheren Generationen hat der Wille zum Bedürfnisaufschub Menschen allerdings deutlich nachgelassen. Alle wollen alles haben und das möglichst sofort. Mit diesen gesellschaftlichen Realitäten muss die Politik heute rechnen. Zusätzliche Schulden sind ein Eingeständnis von Politikversagen und keine Lösung, umschichten wäre der richtige, wenn auch beschwerlichere Weg.