Gegen die Wand

Die Wirtschaftskrise hat Frankreich nun auch in eine politische Krise gestürzt. Der Rücktritt der Regierung Valls sei „die letzte Chance für Präsident Hollande“, kommentiert „Le Monde“. Sie ist aber auch ein Weckruf für die EU: Ohne Wachstum fährt der Euro  gegen die Wand.

Seit Wochen fordern Sozialdemokraten und Sozialisten in der EU ein Ende der einseitigen Sparpolitik und eine gezielte Förderung des Wachstums, etwa durch öffentliche Investitionen.

Neben SPD-Chef Gabriel und EU-Parlamentspräsident Schulz hat vor allem Italiens Premier Renzi eine Umkehr gefordert. Doch geschehen ist nichts.

In ihrem Frühjahrsgutachten verlangte die EU-Kommission unbeirrt, am „bewährten“ Kurs für die Eurozone festzuhalten.

Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble stemmten sich gegen jede Änderung am Stabilitäts- und Wachstumspakt, der Frankreich detaillierte Vorgaben zum Defizitabbau macht.

Der Pakt enthalte bereits genug Flexibilität, heißt es gleichlautend in Brüssel und Berlin. Das ist zwar – wenn man in der EU-Logik bleibt – richtig, geht aber am Kern des Problems vorbei.

Denn während die EU-Politiker noch über die Auslegung ihrer eigenen bürokratischen Regeln streiten, verschlechtert sich die Wirtschaftslage in Euroland zusehends.

Nicht nur Frankreich leidet, auch Schulmeister Deutschland bekommt Probleme: im zweiten Quartal schrumpfte überraschend die deutsche Wirtschaft.

Und das könnte erst der Anfang sein. Gestern wurde der neue Ifo-Geschäftsklimaindex bekannt – er weist zum vierten Mal in Folge nach unten. Das verheisst nichts Gutes.

Euroland droht nun nicht mehr nur eine Deflation, sondern sogar ein Rückfall in die Rezession. Die Lage ist so ernst, dass plötzlich sogar EZB-Chef Draghi vom Austeritätskurs abrückt.

„Das Risiko, bei der Nachfragestärkung zu wenig zu tun, ist derzeit größer als das Risiko, zu viel zu tun“, so der Italiener.

Für Draghi sind vor allem die Regierungen der Euroländer am Zug – denn die EZB hat ihre Trümpfe schon weitgehend ausgereizt.

Im Kern sagt er damit nichts anderes als der nun gefeuerte Montebourg, der ein Ende der „kafkaesken“ Sparpolitik gefordert hatte. Doch auch Draghis Appell dürfte nicht viel bewegen.

Denn die EU hat derzeit andere Sorgen. Beim nächsten EU-Gipfel am kommenden Samstag steht nicht etwa die Wirtschaftskrise auf dem Programm, sondern die Verteilung von Pöstchen.

Erst im November, wenn die neue EU-Kommission (vielleicht) steht, könnte es neue Impulse aus Brüssel geben. Ob sich dann auch endlich die Wirtschaftspolitik ändert, weiß derzeit aber niemand.

Siehe zu diesem Thema auch „Europe is in a mess“ und „Investitionen? Parlare!“ 


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