Sie nennen es Governance

Zwischen den USA und Deutschland ist ein heftiger Streit um die Wirtschaftspolitik entbrannt. Die Amerikaner werfen den Deutschen vor, durch massive Leistungsbilanzüberschüsse die Stabilität der Eurozone und der Weltwirtschaft zu gefährden. Und was macht die EU-Kommission?

Angeblich haben wir in der Eurozone seit ein paar Jahren eine „Economic Governance“, mit einer „wirtschaftspolitischen Koordinierung“ und verbindlichen Richtwerten zu Defizit und Leistungsbilanz.

Bei den Defiziten ist Deutschland vorbildlich, bei der Leistungsbilanz nicht. Obwohl der Richtwert für Überschüsse ungewöhnlich hoch angesetzt wurde – sechs Prozent statt drei bei Bilanz-Defiziten – reißt Berlin diese Latte.

Zudem ist die Binnennachfrage relativ schwach, die Investitionen lassen zu wünschen übrig, und die deutsche Wirtschaft koppelt sich immer mehr von Europa – und damit auch von den Krisenländern im Süden – ab.

Die USA haben also durchaus einen Punkt, wenn sie Deutschland vorwerfen, den Abbau von Ungleichgewichten in der Eurozone zu erschweren und zu wenig für eine ausgeglichene Weltwirtschaft zu tun.

Von der EU-Kommission sollte man eigentlich erwarten, dass sie diese Probleme erkennt und noch vor den USA auf Änderung drängt – oder aber, wenn sie anderer Meinung ist, die Vorwürfe zurückweist.

Doch was tun Barroso, Rehn & Co.? Nichts! Das einzige, was wir von unseren EUrokraten hören, ist ein lauwarmes Dementi zu einem „Zeit“-Bericht, dass Deutschland wegen des Ungleichgewichts ein EU-Verfahren drohe.

Dabei wäre ein solches Verfahren überfällig. Denn Deutschland bricht selbst die maßgeschneiderte Sechs-Prozent-Regel, und die Bundesregierung zeigt keinerlei Bereitschaft, das Problem auch nur anzuerkennen.

Aus volkswirtschaftlicher Sicht nötig wären auch mehr staatliche Investitionen, höhere Löhne bzw. ein Mindestlohn – und eine expansivere Fiskalpolitik (siehe „Kröten für die Koalition“).

Das wäre eine Governance, die ihren Namen verdient. Sie würde Deutschland zu mehr Wachstum verhelfen, die Ungleichgewichte in Euroland verringern – und den USA die Angriffsfläche nehmen.

Wenigstens würde man sich eine Diskussion in Brüssel wünschen. Doch diese Kommission wagt es nicht, gegen Merkel aufzumucken, sie wagt es nicht, Wirtschaftspolitik zu machen, sie duckt sich einfach weg.

Höchste Zeit, dass diese Truppe abtritt…

Siehe zu diesem Thema auch „Das China der Eurozone“ und „Das Ende aktiver Wirtschaftspolitik“. Der Deutschland-kritische US-Bericht findet sich hier