Last Exit Lesbos

Seit sechs Uhr wird zurückgeschoben: 750 Flüchtlinge werden aus Griechenland in die Türkei deportiert. Doch die EU hat Sultan Erdogan nicht zur Ordnung gerufen. Ihr bleibt nur noch eine Chance…


[dropcap]N[/dropcap]un bekommt Europa die Bilder, die es angeblich vermeiden wollte: Flüchtlinge, die gegen ihren Willen in Lager eingesperrt werden.

Polizisten, die Bürgerkriegsopfer wie Gefangene in die Türkei „zurückführen“. Demonstranten, die gegen die unerwünschten Syrer protestieren und alles andere als „Willkommen“ rufen.

Wieder sind es die griechischen Inseln in der Ägäis, auf denen sich das ganze Elend der europäischen Flüchtlingspolitik zeigt.

Noch vor vier Wochen hatte sich die griechische Regierung darauf vorbereitet, menschenwürdige Unterkünfte bereitzustellen. Nun muss Athen die unwürdigen Beschlüsse aus Brüssel exekutieren.

Und die versprochene Hilfe der EU lässt auf sich warten.

Wo sind sie denn, all die Asylexperten und zivilen Helfer, die Deutschland und die anderen EU-Staaten versprochen hatten?

Zu sehen bekommen wir in diesen traurigen Stunden vor allem Gendarmen und Grenzschützer, die darüber wachen, dass niemand seiner Abschiebung entkommt.

Gebrochene Versprechen

Es ist nicht das einzige gebrochene Versprechen. Verraten hat die EU auch ihre Zusage, auf Massenabschiebungen zu verzichten und alles streng nach EU- und UN-Recht zu arrangieren.

Was ist es denn anderes als eine Massenabschiebung, wenn auf einen Schlag 750 Menschen aus Lesbos abtransportiert werden? Und wo gelten denn noch die Regeln?

In Griechenland nicht, in der Türkei schon gar nicht. Griechenland ist schlicht damit überfordert, die geforderten Blitz-Asylverfahren durchzuführen.

Und die Türkei zeigt keinerlei Interesse daran, die unerwünschten Rückkehrer korrekt aufzunehmen. Angeblich schickt sie sogar Syrer zurück in den Bürgerkrieg.

Wenn es in der EU noch mit rechten Dingen zuginge, müsste sie diesem Vorwurf, der immerhin von Amnesty International erhoben wird, nachgehen.

Dem Sultan die Stirn bieten

Sie müsste Experten in die Türkei schicken, wie dies nicht nur die Grünen, sondern auch der Fraktionschef der Liberalen im Europaparlament, Verhofstadt, gefordert haben.

Bis dahin müsste die Abschiebung ausgesetzt werden. Damit könnte die EU zeigen, dass sie ihre Versprechen doch noch einlösen will – und sich von der Türkei nicht alles bieten lässt.

Es ist wohl die letzte Chance, dem selbstherrlichen Sultan Erdogan die Stirn zu bieten…

Zu diesem Thema bin ich auch im ARD-Presseclub aufgetreten, das Video steht hier.