Schweigen zu Israel
Das harte Vorgehen der EU gegen Russland steht in seltsamen Kontrast zur Leisetreterei in Nahost. Der brutale Krieg um Gaza findet in Brüssel kaum Beachtung.
Während in Russland schon ein Verdacht reicht, um weitgehende Sanktionen auszulösen, bleibt in Gaza selbst die Evidenz israelischer Kriegsverbrechen ungesühnt.
Fünf Tage ist es her, dass sich EU-Aussenvertreterin Ashton ausführlich zu dem Nahost-Konflikt äußerte – mit der Forderung nach einer unverzüglichen Waffenpause.
Seither herrscht betretenes Schweigen. Selbst israelische Angriffe auf das Ewerk in Gaza und eine UN-Schule rufen keine nennenswerte Reaktion hervor.
Früher war das anders: die EU war in Nahost omnipräsent, die Ukraine war kein Thema. Nun haben wir einen neuen Feind, und unseren alten Freund Israel will man wohl nicht verärgern.
Mehr noch: Proteste gegen das israelische Vorgehen werden in fast allen EU-Staaten unterdrückt, weil man antisemitische Parolen fürchtet.
Erwünscht ist nur eines: Hamas kritisieren – und bombardieren, ohne Rücksicht auf Verluste…
Peter Nemschak
3. August 2014 @ 08:21
@Tim Eine Entkrampfung ist für mich auf beiden Seiten bei der jungen,gebildeten Generation spürbar. Erst wenn diese das politische Geschehen bestimmt, sehe ich Hoffnung auf eine Lösung. Mit dem Nationalismus in Zentral- und Osteuropa ist es nicht anders.
Tim
1. August 2014 @ 21:46
@ Peter Nemschak
Was soll denn so unmöglich daran sein, daß Juden später auf palästinensischem Gebiet leben? Es leben ja auch viele Araber in Israel. Unmöglich findet man das nur, wenn man eine generelle Konfliktlösung unmöglich findet.
Peter Nemschak
2. August 2014 @ 12:55
Israel können Sie nicht mit dem Schmelztiegel USA vergleichen. Es hat trotz aller Merkmale einer westlichen Demokratie eine Identität, die untrennbar mit dem Judentum verbunden ist. Als Nichtjude wird man im Staat Israel immer Außenseiter bleiben. Daher ist eine Lösung von 2 friedlich nebeneinander lebenden Staaten, die in vielen Fragen kooperieren mögen, aber jeder seine staatliche und kulturelle Identität behält, meines Erachtens die geeignetste. Für eine derartige Lösung ist allerdings die von Israel praktizierte Siedlungspolitik Gift.
Tim
2. August 2014 @ 18:45
Natürlich kann es nur eine 2-Staaten-Lösung geben, alles andere ist ja völlig abwegig. Aber noch mal meine Frage: Warum um alles in der Welt soll es völlig unmöglich sein, daß die jetzigen (illegalen) israelischen Siedler später Bürger des Staates Palästina sind? Nur wenn man ein bißchen weit denkt als heute, ist der Konflikt überhaupt lösbar. Beide Seiten müssen sich in dieser Frage bewegen.
luciérnaga rebelde
1. August 2014 @ 10:45
Wie kann man noch behaupten der Krieg gehe gegen Hamas, wenn Krankenhâuser, Schulen, Wasserversorgung und Elektrizität gezielt ausgebombt werden?
Es geht knallhart um Landraub, Gas und Erdöl. Auuserdem würde die Annektierung Gazas den Palästinern den einzigen Zugang zum Meer abschneiden.
Wieviel Zivilbevölkerung wurde in Israel von Hamas-Raketen getroffen? Man sollte auch mal die andere Seite sehen, die grauenhaft ist, und nicht nur immer Israel auch noch den Rücken stützen. Ich weiss, das schlechte Gewissen Europas, Holocaust. Ist aber inzwischen eingeholt, wenn nicht überflügelt durch andere Völkermorde…
Tim
1. August 2014 @ 15:40
Blödsinn. Wenn Israel “gezielt” Krankenhäuser usw. bombardieren *wollte*, könnte es das problemlos. Und dann sähe es im Gaza-Streifen viel schlimmer aus als heute.
Natürlich bauen beide Seiten unglaublich viel Mist in diesem Großkonflikt. Das Hauptproblem ist aber, daß die Palästinenser keine von ihnen selbst akzeptierte Vertretung haben. Gäbe es diese, hätten wir längst die vor 15 Jahren ausgehandelte 2-Staaten-Lösung.
Wenig hilfreich ist leider auch, daß die arabischen Anrainerstaaten überhaupt kein Interesse an einer Lösung des Konflikts haben.
Peter Nemschak
1. August 2014 @ 16:33
Diesen Optimismus teile ich nicht. Die israelische Siedlungspolitik der letzten Jahrzehnte erschwert eine Zweistaatenlösung. Auch Israel kann sich auf Dauer nicht auf die uneingeschränkte Unterstützung der USA verlassen und tut gut daran, sich mit seinen Nachbarn zu arrangieren
ebo
1. August 2014 @ 09:41
Die Hamas erhält kein Geld von der EU. Brüssel hat schon vor Jahren den Geldhahn zugedreht, als Hamas Gaza übernahm.
Peter Nemschak
1. August 2014 @ 09:50
Das Geld scheint aber bei der Hamas zu landen. Wer regiert im Gaza-Streifen?
Tim
1. August 2014 @ 10:46
Du meinst, die Hamas erhält nicht *direkt* Geld von der EU. Auch jetzt fließen noch Hilfsgelder in den Gaza-Streifen, und kein Mensch weiß, wieviel davon am Ende in Raketen investiert wird.
ebo
1. August 2014 @ 16:10
EU-Gelder gehen nicht an Hamas. Das behauptet nicht einmal Israel. Ich habe jahrelang für das Handelsblatt über dieses Problem berichtet, ich weiß wovon ich rede.
Peter Nemschak
1. August 2014 @ 16:23
Geld hat keine Masche. Wer finanziert die Regierung von Gaza, wer die Hamas?
Tim
1. August 2014 @ 16:19
@ ebo
In Sizilien gehen übrigens auch definitiv auch keine EU-Gelder an die Cosa Nostra.
Peter Nemschak
31. Juli 2014 @ 13:44
Schweigen zu Hamas könnte man genau so gut sagen. Die EU hat keinen und die USA einen geringer werdenden Einfluss in Nah Ost, eine multipolare Welt.
ebo
31. Juli 2014 @ 16:06
Tut mir leid, aber das ist Unsinn. Mit einer multipolaren Welt hat das Schweigen der EU nichts zu tun. Wie schon in meinem Post erwähnt, war Brüssel unter Solana wesentlich aktiver als heute unter Ashton und Steinmeier. Die EU hat viele Projekte in Gaza finanziert, vermutlich auch das zerbombte Ewerk. Das Mindeste wäre, Von Israel Schadensersatz zu verlangen. Und sind Sie nicht ein großer Anhänger von Wirtschaftssanktionen? Der israelische Rustungssektor wäre ein lohnendes Ziel, wie man heute so euphemistisch sagt…
Peter Nemschak
31. Juli 2014 @ 16:16
Der Raketenbeschuss auf Israel und der Extremismus der Hamas sind auch nicht gerade die feine Art. Es fällt mir schwer Partei für eine Seite zu ergreifen. Leidtragend ist immer die Zivilbevölkerung.
Peter Nemschak
1. August 2014 @ 09:12
Mit dem gleichen Recht könnte man von der Hamas Schadenersatz dafür verlangen, dass sie arabische und europäische Hilfsgelder für ihre Aufrüstung verwendet hat statt sie für die Verbesserung der Lebenssituation der Palästinenser einzusetzen. Dass sie bewusst das Leben der Zivilbevölkerung in ihrer Militärstrategie einsetzt, um die öffentliche Meinung der Welt in ihrem Sinn zu manipulieren, darf zumindest der Vollständigkeit halber angemerkt werden.
thewisemansfear
31. Juli 2014 @ 09:42
Die israelische Regierung nutzt den medialen “Windschatten” des Ukraine-Konflikts und MH17 gnadenlos aus. Das rumgehacke auf Putin bietet willkommene Ablenkung, jeder der weiß, wie die Medienwelt funktioniert, konnte sich das vorher ausrechnen. Man stumpft als Konsument einfach ab.