Schöne Fassade

Die neue EU-Kommission soll eine Wende markieren. Nach der Eurokrise und angesichts “geopolitischer Gefahren” habe man keinen zweiten Versuch frei, warnt Kommissionschef Juncker. Doch seine “Revolution” ist gar keine.

Das Team, das Juncker zusammengestellt hat, ist eine Enttäuschung. Es bricht nicht mit den überkommenen Strukturen der EU-Kommission, sondern stülpt ihnen nur eine neue Fassade über.

Die sieht zwar hübsch aus. Der “Herz-Jesu-Sozialist” hat wohlklingende Schwerpunkte gebildet wie „Euro und Sozialdialog“ oder „Jobs, Wachstum, Investitionen“. Doch wie die umgesetzt werden, bleibt sein Geheimnis.

Die neuen Arbeitsbereiche, die die Brüsseler Behörde wie eine echte Regierung aussehen lassen, werden nämlich von mehreren Kommissaren mit unklaren, teils doppelten  Zuständigkeiten betreut.

Neben den Fachkommissaren, die die Arbeit machen, stehen Vizepräsidenten, die Juncker berichten und dafür sorgen sollen, dass seine politischen Vorgaben in die Praxis umgesetzt werden.

Wer ist denn nun für den Euro zuständig?

Das führt zu Verwirrung – und könnte in Enttäuschung münden. Denn wer ist denn nun für den Euro zuständig – Vizepräsident Dombrovskis oder der neue Wirtschaftskommissar Moscovici? Wer betreut das Internet – der Este Ansip oder der Deutsche Oettinger?

Oder ist am Ende Juncker der große Zampano, der über alles allein entscheidet? Wird Oettinger zum Bildschirmschoner? Das wird wohl erst die Praxis zeigen.

Noch irritierender ist Junckers Entscheidung, systematisch den Bock zum Gärtner zu machen. Der Franzose Moscovici muss künftig seinen eigenen Landsleuten die Leviten lesen und Sparprogramme vorschreiben.

Der Brite Hill soll den Finanzplatz London überwachen und die Finanzmärkte regulieren. Ausgerechnet ein Grieche wird für Migration zuständig sein. Die Grünen sprechen von einer Provokation – zurecht.

Es geht darum, den Kurs zu ändern

Offenbar hat Juncker bewusst Kontrapunkte gesetzt – in der Hoffnung, Länder wie Griechenland, Frankreich oder Großbritannien auf Kurs zu bringen. Doch wichtiger wäre es, den Kurs der EU zu ändern.

Nach der neoliberalen Barroso-Ära sind soziale und ökologische Akzente überfällig. Wird Juncker, der mit einem konservativen ticket gewählt wurde, auch diese Provokation wagen und die EU-Politik umkrempeln?

Das ist die entscheidende Frage. Sein neues Team hat sie nicht beantwortet.

Siehe auch “Neustart in zehn Punkten” und “Die Krisenmacher”