Schlafwandler am Feuerring (immer noch)
Die Terrorgefahr hält Europa in Atem. Nach Frankreich herrscht nun auch in Belgien Alarmstufe rot, Brüssel ist von Soldaten besetzt. Ist nun der Krieg aus Syrien in unseren Städten angekommen? Wieso hat die „Friedensmacht“ EU nicht früher reagiert?
Repost vom 24.o9.2014, das Original steht hier
Nach dem Krieg in der Ukraine brennt es nun auch an Europas Südostflanke lichterloh. Die EU ist von einem „Ring of Fire“ umgeben, so der Economist. Dabei wollte sie doch für Stabilität und Frieden sorgen.
Kriegsberichte, wohin man schaut: Kaum ist es in der Ukraine etwas ruhiger geworden, knallt es im Irak, in Syrien, Nahost und Libyen. Algerien und die Türkei sind auch nicht mehr sicher.
Kein Problem, suggerieren Politiker und Medien: Da müssen wir (Deutschen) eben unsere außenpolitische Zurückhaltung aufgeben und die Bösewichte attackieren, zu Not auch ohne UN-Mandat.
Selbst Charlemagne, der Kolumnist im „Economist“, findet etwas Positives im Kriegsspiel: Die EU müsse nun endlich Geopolitik lernen, die Zeit der friedlichen Träumerei sei vorbei. Aufgewacht, ihr Schlafwandler!
Doch halt: War da nicht was? Hat die EU nicht den Friedensnobelpreis bekommen? Hat sie nicht den „Arabischen Frühling“ unterstützt – und dann zugesehen, wie die Demokratie in Ägypten abgeschafft wurde?
Haben die „neuen Europäer“ nicht im Irak Krieg geführt und so das Machtvakuum erzeugt, in das nun die Islamisten stoßen? Haben wir nicht die Rebellen in Syrien aufgerüstet, wovon nun der „Islamische Staat“ profitiert?
Kommen nicht viele ISIS-Kämpfer aus Europa, sind die Henker nicht auch Briten und die Selbstmord-Attentäter Deutsche? So ganz unschuldig, wie wir EUropäer gerne tun, sind wir denn doch nicht.
Die Antwort auf den „Feuerring“ kann denn auch nicht lauten, sich selbstgefällig in die Arme der USA zu werfen, die viele Kriege ausgelöst haben. Die EU-Länder sollten erstmal ihre eigenen Wunden lecken.
Das gilt übrigens auch für Kanzlerin Merkel. Sie gehörte zu den (wenigen) deutschen Befürwortern von Bushs Irakkrieg. Heute nutzt sie die Folgen, um ganz vorn in der Weltpolitik mitzumischen (und die SPD macht mit)…
Siehe auch „Die Schuld der neuen Europäer“ und „Ausnahmezustand! Krieg?
Peter Nemschak
21. November 2015 @ 21:26
Mit Schuldzuweisungen wird man dem Problem nicht Herr werden. Im Gegenteil: Schuldumkehr, wie sie von manchen betrieben wird, trübt den Blick nach vorne. Verbrechen bIeibt Verbrechen, der Verbrecher ein Verbrecher, das Opfer ein Opfer. Syrien muss allen Widrigkeiten zum Trotz eine Verhandlungslösung erreicht werden, das Flüchtlingsproblem gesamteuropäisch gelöst werden, auch wenn sich die Osteuropäer nach wie vor wehren (Dankbarkeit ist keine politische Kategorie !). Im Inneren muss einerseits gegen kriminelle Elemente hart vorgegangen werden (Nulltoleranz hat, wie das Beispiel von New York gezeigt hat, Wunder gewirkt !), andererseits Perspektiven für die Ghettobewohner in den Großstädten eröffnet werden. Eine qualitätsorientierte europäische Einwanderungspolitik nach dem Vorbild Kanadas und Australiens tut not. Um eine im Vergleich zu Nordamerika schwierigere Sicherung der Außengrenzen wird man nicht herumkommen. Angst und Panik, geschürt durch den Boulevard, sind, gemessen an der Wahrscheinlichkeit durch Terror zu Schaden zu kommen, maßlos übertrieben.
ebo
21. November 2015 @ 21:37
Wie Sie vielleicht wissen, lebe ich in Brüssel. Heute kann man in der EU Hauptstadt live besichtigen, wohin die so genannte gemeinsame Aussenpolitik führt. Man hätte es früher wissen können, wie dieser Repost zeigt…
Peter Nemschak
22. November 2015 @ 08:09
Es ist bezeichnend, dass die EU nicht einmal einen Außenminister hat. In der Finanz-und Außenpolitik wird der Stand der Nichtintegration am deutlichsten sichtbar. Wer von der EU zu viel erwartet, muss zwangsläufig enttäuscht werden. So politisch notwendig die Erweiterung nach Osten war, so teuer war ihr Preis.