Schäubles Europa
Finanzminister Schäuble will kein deutsches Europa! Genau so, mit Ausführungszeichen, hat er es in der „Süddeutschen“ geschrieben. Schließlich brauche die EU keine nationale Führung, schon gar keine deutsche. Doch sein Gastbeitrag liest sich genauso so, als wolle er nur eines – führen!
Ach, Schäuble! möchte man nach der Lektüre dieses Textes rufen. Eine Ansammlung von Gemeinplätzen, eine Verleugnung der Krise und eine Beschönigung seiner eigenen Rolle hat der CDU-Mann da abgeliefert.
Das er „kein deutsches Europa will“ , nehme ich ihm ohne weiteres ab. Schließlich ist Schäuble „überzeugter Europäer“ genug, dass er weiß, dass er mit einem unverblümten Hegemonieanspruch in Brüssel nie und nimmer durchkäme.
Doch die eigentliche Frage, ob und wie Deutschland Europa führt bzw. in die Irre führt, die spart Schäuble aus. Diese Frage lässt sich nämlich nicht durch das beantworten, was ist, sondern durch das, was nicht ist – weil Berlin es verhindert hat.
Stichworte gefällig? Eine europäische Eurorettung (ohne den IWF), eine Banklizenz für den ESM, Eurobonds und Schuldentilgungsfonds, vollständige Währungsunion, effizienter Wachstumspakt, Bankenunion, 2. Schuldenschnitt für Griechenland…
Auch seine eigene Rolle reflektiert Schäuble völlig unzureichend. Warum hat er sich denn auf den Vorsitz der Eurogruppe beworben? Warum ist die Kandidatur gescheitert? Warum gilt ein Demonstrationsverbot in Athen, wenn er dort zu Besuch kommt?
Wie erfolgreich ist sein Führungsstil, der bei den Krisenrunden zu Zypern als autoritär beschrieben wurde – bis hin zur Pistole-auf-die-Brust-Metapher? Wie erfolgreich seine Politik der Regelsetzung, die – wie beim Fiskalpakt – weite Teile der demokratischen Kontrolle entzieht?
Der griechische Ökonom Y. Varoufakis hat dazu in einem lesenswerten Beitrag alles Nötige gesagt. Zitat:
Yes, Mr Minister, our politicians have been bending to your will, while citizens, North and South, East and West, are being turned off Europe – your Europe, which they increasingly see as the enemy, as the villain of the piece. By silencing all opposition among your partners’ leaders, Mr Minister, you are gutting the House of Europe and destroying its democratic legitimacy.
Mir bleibt eigentlich nur noch ein Punkt: Schäubles Gastbeitrag liest sich so, als habe da einer die Bewerbung für eine weitere Amtszeit (oder ein neues, europäisches Amt) geschrieben. Und sei es er, und nicht Kanzlerin Merkel, der in Europa den Ton angibt…
Siehe zu diesem Thema auch meinen Beitrage „Deutsches Europa“ und „Ein Geschenk für Schäuble?“
Johannes
23. Juli 2013 @ 22:32
Ach so, der Süden Europas und Brüssel sollen uns führen. Gut, die bezahlen dann auch die Party, oder wie sehe ich das? Ach sooooo, die Party sollen wir sch…. Deutschen weiter bezahlen, damit ihr in Brüssel und im Süden ein schönes Leben führen könnt, ein Leben das ihr euch gar nicht leisten könnt? Nö. Schäuble führt uns in die Irre? Ja, Ebo, mit deiner gefühlten Lobbyarbeit für die Banken (Bankenunion, Euro-Bonds, Euro-Bills, Tilgungsfond = Null Risiko für Zocker) bist du so viel besser und ehrlicher als der Schäuble. Du lehnst doch selber eine dirkte Volkabstimmung zu Euro-Bonds ab. Dein Scheinargument, das könne man doch mit der Europawahl bestimmen lassen. Oder Thema Überwachung, da willst du, das Gesetze eingehalten werden sollen. Schön, meinst Du es ernst? Oh nein, beim Euro sollen alle Gesetze gebrochen werden. Also mal Gesetze einhalten, mal nicht, eben so, wie es dir passt. Schäuble handelt genauso, ihr seit euch sehr ähnlich.
ebo
23. Juli 2013 @ 22:43
@Johannes
Schäuble hat mit seinem ersten Schuldenschnitt dafür gesorgt, dass aus einer lokalen Krise in Griechenland ein Flächenbrand in Spanien, Italien etc. wurde. Sein Austeritätskurs hat die Schuldenberge wachsen lassen. Wer glaubt, dass nur Deutschland die Zeche zahle, müsste ihm also verdammt böse sein, oder?
GS
23. Juli 2013 @ 12:18
Ach, der in bestimmten Kreisen allzeit gern zitierte griechische Ökonom Y. Varoufakis ist mal wieder als Kronzeuge der Kritik unterwegs. Wenn die Deutschen zahlen, ist führen immer gern gesehen. Schon allein, wenn ich die Wunschliste in Deinem Artikel sehe, wird mir schlecht. Wundert mich immer wieder, dass du sowas ruhigen Gewissens schreiben kannst.
ebo
23. Juli 2013 @ 19:25
@GS
Schön dass sich endlich mal einer als Schäuble-Fan outet. Du findest bestimmt auch toll, dass unter seinem Regime die Arbeitslosigkeit in ganz Europa explodiert, Deutschland nur noch um 0,3 Prozent wächst und die Schuldenquoten neue Rekordstände erreichen. Vermutlich wird Schäuble die Schuldenberge in seinen nächsten drei Amtszeiten durch eisernes Sparen abbauen, gell?
GS
24. Juli 2013 @ 11:09
Nein, ich bin kein Schäuble-Fan. Der ist EU-Föderalist, Überwachungsfetischist und manches mehr, was ich ganz sicher nicht bin. Aber im Vergleich zu dem, was Du und andere propagieren, ist mir Schäuble momentan schon lieber. Wobei Du und Schäuble Euch doch mit Eurer EU-Euphorie doch ziemlich auf Augenhöhe befindet, gell?
Die Schuldenberge werden nie abgebaut. Das ist doch bekannt. Aber dass Deutschland nur noch um 0,3 % wächst, hat nur in Teilen mit Europa zu tun. Das weißt Du doch selbst. Und die Arbeitslosigkeit in Südeuropa ist nun einmal systembedingt, (genauso wie z.B. der Beschäftigungsboom in Spanien zuvor). Euro weg, raus aus dem Gefängnis. Solange das aber weder hier noch im Süden machen will, habe ich die Arbeitslosigkeit lieber dort als hier.